Der Gemeinderat entscheidet

AKTUELL
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D o r n e r
Der Gemeinderat entscheidet
LAUPHEIM. „Die halbe Wahrheit ist eine ganze Lüge“, so ein geflügeltes
Wort. In Laupheim ist Bürgermeister Rainer Kapellen nun der Halbwahrheit
überführt: Er hat entgegen aller Beteuerungen bei der „Kleemeisterei“ den
Verzicht aufs dingliche Vorkaufsrecht aktiv unterschrieben – offensichtlich Teil eines Deals, was den Verdacht seiner Befangenheit weiter erhärtet. Bezüglich der „Kleemeisterei“ hat es inzwischen der Gemeinderat in
der Hand: Er befindet Mitte März über die Baugenehmigung.
Stein des Anstoßes ist ein Grundstück, in Laupheim unter dem Namen „Kleemeisterei“ bekannt.
Dieses gehört der „Lico Lindenmaier Beteiligungs
KG“ von Walter Lindenmaier aus Laupheim, der
das Areal an die Mietinger „Braun Projekt GmbH“
verkaufen möchte, damit Artur Brauns Bauunternehmen dort Mehrfamilienhäuser errichtet. Als
zungsbeschränkung auf Sport/Freizeit, sondern
untersagte auch eine gewerbliche Nutzung. Dagegen hatten Tennishalle mit extern verpachteter
Gaststätte und Minigolfanlage von Anfang an
verstoßen. Doch erst jetzt ist die Steuerfahndung
zwecks „Kleemeisterei“ tätig geworden. Fakt ist.
Das Areal war in der Vergangenheit immer wieder
Das ist der Zankapfel, das Areal die „Kleemeisterei“ sorgt weiterin für Streit in Laupheim.
die Stadt das Grundstück in den 1970er-Jahren
an Lindenmaier sehr preisgünstig und mit der
Option des Rückkaufs verkaufte, war dies jedoch
mit Auflagen verbunden, die eine Wohnbebauung
untersagten. Bürgermeister Rainer Kapellen hat
am Gemeinderat vorbei diese Auflagen gelöscht
und damit seine Kompetenzen überschritten, war
hierfür sodann von der Kommunalaufsicht gerügt
worden (BLIX Nov./Dez. 2014 + Jan./Feb. 2015).
Eine dieser Auflagen betraf speziell die städtischen Vorkaufsrechte. Es gibt zweierlei: Ein allgemeines Vorkaufsrecht hat eine Kommune stets,
wenn es um Grundstücksverkäufe geht. Doch
im Fall „Kleemeisterei“ hatte die Stadt noch ein
zweites, dingliches Vorkaufsrecht, im Grundbuch
eingetragen. Auf jenes Vorkaufsrecht hat Kapellen per Unterschrift aktiv verzichtet – und dies
Gemeinderat und Bürgern verschwiegen und bei
seinem „Sorry“ das Augenmerk aufs allgemeine
Vorkaufsrecht gelenkt. Durch die Akteneinsicht
des Gemeinderates kam dies zutage. Kapellen hat
auch die im Grundbuch eingetragene Dienstbarkeit gelöscht; diese betraf nicht nur eine Nut-
mit Grundschulden belastet worden. Und durch
Kapellens eigenmächtiges Agieren hat die der
„Lico“ gehörende „Kleemeisterei“ nun größtmögliche Wertsteigerung erfahren: vom Sport- zum
Wohnbauareal.
Doch wieso hat Kapellen so gehandelt? „Do ut des“
(„Ich gebe, damit Du gibst“) ist eine altrömische
Rechtsformel. In Laupheim gibt es Indizien für diese „altrömische Rechtsformel“. Kapellens Part: die
eigenmächtige Löschung von Dienstbarkeit und
aktiver Verzicht aufs dingliche Vorkaufsrecht am
Gemeinderat vorbei. Dabei war Lindenmaier mit
seinen Plänen zum Verkauf der „Kleemeisterei“
mit dem Ziel „Wohnungsbau“ bereits einmal an
Kapellens Vorgängerin Monika Sitter gescheitert.
Und auch unter Kapellen scheiterte das Vorhaben
zunächst – der Gemeinderat lehnte gleich zweimal die Bebauungspläne ab. Kapellen berief sich
sodann auf § 34 Baugesetzbuch. Dieser sieht vor,
dass Vorhaben innerhalb der Stadt zulässig sind,
wenn sie sich nach Art und Maß der näheren Umgebung baulich einfügen. Man hat beim positiven
Bescheid der Bauvoranfrage versäumt, vorab die
biologische Vielfalt auf dem Areal (Zauneidechse
& Co.) zu betrachten, was der Naturschutzbund
bemängelt. Außerdem ist die Zufahrt über städtischen Grund geplant; dem hätte der Gemeinderat aber zustimmen müssen. Ob Kapellen im Fall
„Kleemeisterei“ aber überhaupt § 34 anwenden
durfte, lässt die Stadtverwaltung jetzt extern planungsrechtlich prüfen. Hätte er es nicht dürfen,
dann hätte man stattdessen § 35 (Bauen im Außenbereich) anwenden müssen. Dann wäre aber
der Flächennutzungsplan relevant. Weil die auf
den Weg gebrachte Flächennutzungsplanänderung mit Freigabe der „Kleemeisterei“ zur Wohnbebauung aber immer noch nicht rechtskräftig
ist, gilt noch der „alte“ Plan mit der „alten“ Nutzungsbeschränkung. Die Bauvoranfrage hätte
dann nicht positiv beschieden werden dürfen, von
der nun vorliegenden Baugenehmigung ganz zu
schweigen. Widersprüchliche juristische Meinungen also. Nun soll der Gemeinderat entscheiden.
Der behält sich eine weitere Überprüfung durch
einen externen Verwaltungsrechtler vor. Und:
Wenn es wirklich kein § 34-er Fall gewesen sein
sollte, bleibt zu klären, ob die „Braun Projekt
GmbH“ die Planungskosten einklagen kann und
wer dies bezahlt.
Aber wieso hat sich Kapellen überhaupt so sehr
in Sachen „Kleemeisterei“ engagiert? Fakt ist: Lindenmaier und dessen Lebensgefährtin Angelika
Blomeyer gewährten Rainer Kapellens Frau Ursula
die Teilhaberschaft in der „AB Partnervermittlung
GbR“ (Ulm). Besagte Partnervermittlung steht
inzwischen zum Verkauf. Als Teilhaberin steht
Ursula Kapellen im Normalfall ein Teil des Verkaufserlöses zu – Indizien, die den Verdacht einer
möglichen Befangenheit Rainer Kapellens bezüglich „Kleemeisterei“ erhärten, was rückwirkend
für ein Jahr Auswirkungen auf alle Beschlüsse zur
„Kleemeisterei“ haben könnte. Auch seitens Gemeinderat und Stadtverwaltung halten viele Kapellen inzwischen für befangen. Ins Bild passt die
BLIX vorliegende Aussage eines anderen Bauträgers, der hautnah mitbekommen hat, wie Walter
Lindenmaier zwecks Dienstbarkeit und dingliches
Vorkaufsrecht getönt hat: „Mein Bürgermeister
wird das schon hinkriegen.“ Kapellen war in der
Vergangenheit zu keiner Stellungnahme gegenüber BLIX bereit und ist seit Mitte Dezember bis
Ende Februar krankgeschrieben – ist jetzt jedoch
wieder an Bord. Auf den Prüfstand gehört auch,
ob in puncto „Kleemeisterei“ eine Befangenheit
Franz Romers vorliegt. Der Ex-MdB (CDU), einst
Betriebsratsvorsitzender der Lindenmaier AG, saß
bereits im Gemeinderat, als die Stadt die „Kleemeisterei“ an Lindenmaier verkauft hat. Romer
sitzt immer noch im Gemeinderat, prahlte jetzt
gegenüber der Wirtin der „Kleemeisterei“, dass er
über den Verbleib der Minigolfanlage/Spielgeräte
von Lindenmaier persönlich bevollmächtigt sei.
Romer wirkte 2014 an „Kleemeisterei“-Beschlüssen mit. Gegenüber BLIX möchte er sich nicht
äußern.
 Fortsetzung auf nächster Seite
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Keinen Bock auf Opposition
LANDKREIS BIBERACH. Peter Schneider (CDU) will
nicht mehr. Der 56-Jährige Biberacher Ex-Landrat
sitzt seit 2001, direkt gewählt, für den Wahlkreis
66 (Biberach) im Landtag. 2016 tritt er nicht mehr
an. Für ein Vollzeitparlament will der Präsident
des Landessparkassenverbands nicht zur Verfügung
stehen. Um seine Nachfolge bemühen sich inzwischen CDU-intern Petra Romer-Aschenbrenner, Peter
Diesch und Thomas Dörflinger. Am 29. April wird die
CDU nominieren. Auch die beiden CDU-MdLs Karl
Traub (Ehingen) und Rudolf Köberle (Ravensburg)
hören auf.
Schneider nennt als Grund die Umstellung des Landtags auf ein Vollzeitparlament. Er will seine berufliche Tätigkeit nicht zugunsten des Mandats
aufgeben. Mit seiner politischen Begründung, es mache zudem wenig
Spaß, „als direkt gewählter Abgeordneter auf der praktisch einflusslosen
Oppositionsbank zu sitzen, ohne die Möglichkeiten als Regierungspartei
und Präsenz in der Regierung“, gibt Schneider die nächste Landtagswahl
offenbar schon verloren. Drei Bewerber um seine Nachfolge gibt es: Petra
Romer-Aschenbrenner (45), stellvertretende CDU-Kreisvorsitzende, 2006
und 2011 Zweitkandidatin Schneiders. Die verheiratete Chemielaborantin
Peter Schneider
Peter Diesch
 Der Gemeinderat wird am 16. März über die
Baugenehmigung zur „Kleemeisterei“ befinden.
Sagt der Gemeinderat „Nein“, hat dies Auswirkungen aufs ganze Projekt. Betroffen wäre nicht
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hat zwei Kinder, ist Ausbildungsreferentin bei Boehringer Ingelheim in Biberach. Schneider hätte auch vor Ablauf der Wahlperiode aufhören und
sie als Interimsnachfolgerin etablieren können. Sie ist die Tochter des ExMdB Franz Romer. Zweiter Bewerber ist Peter Diesch (54), seit zwölf Jahren
Bürgermeister von Bad Buchau, 2010 mit 94,7 Prozent wiedergewählt. Er
ist verheiratet, hat drei Kinder, sitzt seit vielen Jahren im Kreistag, ist im
Fraktionsvorstand und Beisitzer im CDU-Kreisverband. Dritter Bewerber
ist Thomas Dörflinger (45). Der Betriebswirt und Bankkaufmann bei der
Kreissparkasse Biberach sitzt mit Unterbrechung seit 1999 im Gemeinderat
Ummendorf und nun auch im Kreistag. Er ist verheiratet und hat einen
Sohn. Bis zur Nominierung (29. April) können sich noch weitere Kandidaten bewerben.
Das Landtagswahlkarussell dreht sich auch im übrigen Oberschwaben sowie im Allgäu: Im Wahlkreis 65 (Ehingen) hört MdL Karl Traub (74, CDU),
seit 1996 direkt gewählt, auf. Es kandidieren: der Ehinger Manuel Hagel
(26), JU-Landesvize und Fraktionschef der CDU im Ehinger Stadtrat, und
Christian Wittlinger (52), Kreisrat aus Beimerstetten – durchaus ein Duell
zwischen dem Altkreis Ehingen und der Ulmer Alb. Bis zur Nominierung
am 24. April in Schelklingen können sich noch weitere Kandidaten auftun.
Auch im Wahlkreis 69 (Ravensburg) geht eine Ära zu Ende: Rudolf Köberle
(61) hört nach 25 Jahren als direkt gewählter Landtagsabgeordneter auf.
Bis Redaktionsschluss war noch kein Bewerber für seine Nachfolge bekannt. Manfred Lucha (Grüne), der das Zweitmandat inne hat, tritt wieder
an. Im Wahlkreis 64 (Ulm) hört die direkt gewählte Abgeordnete Monika Stolz (CDU) auf; Jürgen Filius (Grüne) und Martin Rivoir (SPD), jeweils
durch Zweitstimme im Landtag, treten wieder an.
Thomas Dorflinger
nur die Volksbank/Raiffeisenbank Laupheim/Illertal eG, die die Wohnungen unter den Namen
„Wohnhof am Parkbad“ vermarktet; sondern der
Kaufvertrag zwischen Lindenmaier und Braun
wäre schlicht unwirksam. Der ist nämlich an
die erteilte Baugenehmigung gekoppelt. Ohne
Baugenehmigung
ist
Braun raus, verbleibt das
Areal bei der „Lico“, und
die von Kapellen vorgenommene Löschung von
Dienstbarkeit/Vorkaufsrecht wäre womöglich
sogar hinfällig. Dass
Braun dann die Stadt
verklagen wird, ist denkbar. Braun wollte sich
gegenüber BLIX nicht
Petra Romer-Aschenbrenner
äußern. Stimmt der Gemeinderat dem Baugesuch
zu, klagen die Anlieger. Braun hat derweil seine
Pläne kräftig abgespeckt: von einst acht Mehrfamilienhäuser auf nun vier im ersten Bauabschnitt
und zwei weiteren im nächsten. Das hintere Drittel des Areals will er der Stadt schenken; ob und
wie die Stadt die 2400 Quadratmeter nutzen soll,
ist unklar; die ungeklärte Zufahrt und eine Hanggrenze lassen wenig Optionen. Zudem wurde dort
einst Müll abgelagert.
Der Gemeinderat hat es jetzt also in der Hand: Er
kann die durch Kapellens eigenmächtiges Handeln
geschaffenen Fakten bezüglich „Kleemeisterei“ im
Nachhinein bestätigen oder kippen. Und Bürgermeister Rainer Kapellen? Die Stimmung vieler im
und außerhalb des Rathauses entspricht wohl dem
Ratschlag des Dichters Geibel (1815-1884), der
von einem belesenen Bürger zitiert wird: „Klug ist,
wer stets zur rechten Stunde kommt, doch klüger
noch, wer zu gehen weiß, wann es frommt.“
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Schwaches Bewerberfeld
LANDKREIS RAVENSBURG. Oberschwaben ist bis dato das Land
der mächtigen Landräte. Kein Problem, für den ausscheidenden
Ravensburger Landrat Kurt Widmaier einen Nachfolger zu finden, sollte man meinen. Erst recht nicht für die allerdings nicht mit absoluter
Mehrheit im Kreistag agierende CDU. Mitnichten! Nebst dem parteilosen Verwaltungsfachmann Martin Bendel (Leutkirch) stehen nur zwei
Bewerber mit CDU- bzw. CSU-Parteibuch von außerhalb des „Ländle“
am 19. März zur Wahl. Schreckten die vielen Bürgermeister im Kreistag
weitere Bewerber ab?
Landrat in Ravensburg – das war mal was: Da
waren der gottesehrfürchtige Oskar Sailer (gest.
1997), der intellektuelle „Knecht“ Oberschwabens, Guntram Blaser, und der gewitzt-barocke
Kreisfürst Kurt Widmaier („Black Jack“). Und
nun? Dass man auch ohne CDU-Parteibuch in
Oberschwaben Landrat werden kann, hat in Biberach Dr. Heiko Schmid bewiesen. Ein Vorbild
für den parteilosen Martin Bendel? Der Dipl.Verwaltungswirt (FH) und Jurist, Bürgermeister
in Leutkirch seit 2009, bringt als früherer Dezernatsleiter beim Landratsamt Rottweil und als
Referatsleiter Kommunalwirtschaft/-finanzen
beim Innenministerium die Voraussetzungen
mit. Aber: Einen Allgäuer akzeptiert man im
Schussental nur ungern. Dass Bendel (41), verheiratet, drei Kinder, waschechter Oberschwabe
aus Unlingen ist, tut nichts zur Sache. In Zeiten
geschlossener OSK-Kliniken in Leutkirch und
Isny wollten CDU/Freie Wähler, die die Kreistagsmehrheit haben, eigentlich gerne externe
Bewerber. Zwei gibt es: 1.) Hans-Eckhard Sommer (53, CSU), Jurist, Leiter Sachgebiet Ausländer-/Asylrecht im Innenministerium Bayerns,
früher Parteireferent von CSU-Granden. 2.)
Harald Sievers (40, CDU), Jurist, Erster Beigeordneter der Stadt Düren (Nordrhein-Westfalen), früher u.a. Referent des Bremer Innen-/
Sportsenators. Die Bewerber haben sich den
Fraktionen vorgestellt. Wie man hört, haben
W o l fg a n g - Am a d e u s
M ü l l e r
Bendel und Sievers
gepunktet. Ein Duell zwischen dem
bodenständigen
Bendel, dem parteilosen Verwaltungsfachmann mit Stallgeruch, und dem
reing’schmeckten
Sievers, eher smar- Hans-Eckard Sommer
ter Managertyp, ist
nun wahrscheinlich.
Drei weitere Bewerber erfüllten die
Zulassungskriterien
nicht. Andere mögliche, qualifizierte
Bewerber
hatten
außerdem abgewunken, weil sie angesichts der geballten Martin Bendel
Macht der (Ober-)
Bürgermeister in den
Fraktionen von CDU
und Freien Wählern
davon abgeschreckt
wurden, heißt es
Harald Sievers
Flüchtlinge in aller Munde
BIBERACH. Bei seinem Besuch in Biberach antwortete Innenminister
Reinhold Gall auf eine Frage: „Wir suchen händeringend Mitarbeiter,
finden aber keine. Am Geld liegt es jedenfalls nicht.“ Die
Sozialdezernentin des Landkreises Biberach, Petra Alger bemerkte
dazu gleichsam, dass die Anforderungsprofile für die gesuchten
Mitarbeiter sehr hoch angelegt sind, was dringend zu überdenken sei.
Zwischenzeitlich scheint das Thema durch interne Umbesetzungen
gelöst zu sein, da im öffentlichen Dienst Kompetenz gerne mit
Besoldungsstufe gleichgesetzt wird.
Der Landkreis Biberach bietet an zehn Standorten „vorläufige
Unterbringung“ Asylsuchender mit derzeit 845 Plätzen und einem
mögliche Zusatzbedarf von weiteren 400 Plätzen. Bei einer Bevölkerung
von ca. 190.000 bedeutet das einen Flüchtlingsanteil von 0,7 Prozent.
Die Landeserstaufnahme-Einrichtungen befinden sich in Karlsruhe
und Meßstetten, von wo aus nach einem Schlüssel auf die Landkreise
verteilt wird. Diese organisieren eine „vorläufige Unterbringung in
Gemeinschaftsunterkünften“; der Landkreis Biberach muss derzeit
1,92 Prozent übernehmen.
Im Landkreis angekommen werden die Hilfesuchenden kommunal
verwaltet aber auch humanitär begleitet. Das Landratsamt Biberach
hat sich hier für ein Modell entschieden, bei dem es vom „ökumenischen Arbeitskreis Asyl“ unterstützen lässt, das wiederum auf mehrere regionale Vereine und Initiativen zurückgreift. Der ökumenische
Arbeitskreis (www.asyl-bc.de) sieht sich hier als Vermittler zwischen
Verwaltung und Hilfsbedürftigen und verfügt auch über gewisse
finanzielle und personelle Ressourcen. Über diese Mittel unterstützt
und steuert er die unterschiedlichen Gruppen von Ehrenamtlichen im
Kreis.
Weil aber offensichtlich die Flüchtlinge als auch manche involvierten
Ehrenamtlichen oft nicht genau wissen, wer für wen arbeitet und wer
mit welchen Kompetenzen ausgestattet ist, gibt es Strömungen sich
neu und selbständig, etwa in einem eingetragenen Verein zu organisieren. Welche Konsequenzen daraus entstehen, ist noch nicht ganz
klar. Eines aber drücken die Mitwirkenden, darunter auch Menschen
mit Migrationshintergrund, aus: „Asylanten ist der falsche Begriff, da
er nicht alle beschreibt und erfasst. Flüchtlinge wäre da schon besser.“
So drücken es auch schon einige der bestehenden Gruppierungen in
ihren Namen aus: „Brücken-Bilden“ (Laupheim), „Freunde für Fremde“
(Riedlingen), „Stiftung Heimat geben“ (Oggelsbeuren). In Biberach geht
man mit „Freundeskreis Asyl“ eher unkreativ oder in Bad Buchau mit
„Ökumenischer Freundeskreis“ und in Ochsenhausen mit „Ökumenischer
Arbeitskreis Asyl“ durch den religiösen Beiklang etwas unsensibel um.
Die komplexe und komplizierte Situation dieses Umfelds zeigte sich
kürzlich auf einer Auftaktveranstaltung zum Evangelischen Kirchentag,
wo eine achtköpfige Musikertruppe aus Asylanten angekündigt war –
die aber nicht erschien. „Wir wissen nicht, ob sie weitergezogen sind
oder abgeschoben oder untergetaucht. Diese Unklarheiten gibt es hier
leider immer wieder“, war aus dem Kreis der Veranstalter zu hören.
Klar ist, eine sehr große Anzahl hoch motivierter und engagierter Menschen übernimmt dringend notwendige Aufgaben, die den
Flüchtlingen und unserer Gesellschaft zugutekommen. Der Staat
braucht sie und greift dankbar auf diese Ressource und Kompetenz
zurück. Zu hoffen bleibt, dass er sie nicht nur benutzt.
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