Ganze Medienmappe

Sehr geehrte Damen und Herren
Wir laden sie herzlich ein zur gemeinsamen Medienkonferenz der Alternativen Liste
AL und der glp zur Kampagne „ZiL isch zvill! Nein zu 2 Millionen für Zürich im
Landesmuseum am 14. Juni 2015“
Am nächsten Dienstag, 12. Mai 2015 um 10 Uhr im Restaurant Bundeshaus zu
Wiedikon.(Kalkbreitestrasse 33, 8003 Zürich - Ecke Seebahnstrasse)
Es referieren:
-
Andreas Kirstein, Fraktionspräsident AL
-
Samuel Dubno, Gemeinderat glp
-
Walter Angst, Gemeinderat AL
Die Dokumentation erhalten sie vor Ort. Eine Anmeldung ist nicht nötig.
Beste Grüsse
Dayana Mordasini
AL - die Alternative mit Biss
Parteisekretariat * * Postfach 1005 * * 8026 Zürich
044 242 19 45 * * 076 577 45 19
Öffnungszeiten: Di 14 - 18 Uhr * * Fr 9 bis 16 Uhr
NEIN zu unnötigen neuen Ausgaben
Am 17. Dezember 2014 hat der Gemeinderat das Budget 2015 mit einem prognostizierten Defizit von
130 Millionen Franken verabschiedet. Unmittelbar danach hat eine Mehrheit mit dem Ja zu „Zürich
im Landesmuseum“ die Mittel für Aufbau und Betrieb eines neuen Museums freigegeben. Die
Vorlage war innerhalb aller Fraktionen umstritten, ein Antrag auf geheime Abstimmung, deren
Ausgang offen gewesen wäre, wurde nur äusserst knapp mit 60 zu 59 Stimmen abgewiesen.
Finanzpolitisch falsch
Nicht nur für 2015, sondern auch für die Folgejahre sind die Aussichten für die städtischen Finanzen
trübe. Die Stadt schiebt ein grosses strukturelles Defizit vor sich her, das durch Budgetkosmetik und
Einmaleffekte nur schwach kaschiert wird. Zudem drohen mit der geplanten
Unternehmenssteuerreform III weitere markante Einnahmenausfälle.
In dieser Situation ist es angezeigt, bei den städtischen Ausgaben Augenmass zu halten. Das gilt
besonders für neue Ausgaben, bei denen es noch erheblichen Gestaltungsspielraum gibt. Es geht
nicht an, auf der einen Seite die Gebühren für bestehende städtische Einrichtungen wie
Alterszentren und Hallenbäder zu erhöhen und auf der anderen Seite ein neues Museum zu
finanzieren.
Zwar erscheinen die einmalige Investition von 1.7 Millionen und der Jahresbeitrag von 300‘000
Franken für ein städtisches Museum wenig. Doch einmal dafür bewilligte Beiträge können später
kaum zurückgenommen werden, da weitere Partner an der Mitfinanzierung beteiligt sind. Und wer
garantiert, dass die Investitionssumme eingehalten wird? Wer garantiert, dass uns nicht schon bald
die „Notwendigkeit“ einer Erhöhung des jährlichen Beitrages präsentiert wird?
Kulturpolitisch verfehlt
Mit „Zürich im Landesmuseum“ wird in Bahnhofsnähe eine weitere Touristenattraktion geschaffen,
die einen ersten Überblick über Stadt und Kanton Zürich gewähren soll. Standort- und
Tourismusförderung sind aber nicht vordringliche Aufgaben der Stadt Zürich, sondern sollen vielmehr
von Privaten getragen werden.
Die Stadt Zürich hat im letzten Jahrzehnt bereits viel Geld in eine breitenwirksame EventKultur investiert, die primär darauf abzielt, Zürich im internationalen Standort-Wettbewerb an die
Spitze zu katapultieren. Auf der Strecke geblieben sind dabei die Förderung der hier wohnhaften
Kunst- und Kulturschaffenden und die Verbesserung ihrer Existenzbedingungen. Dabei schaffen sie
mit ihren vielfältigen Produktionen mehr Image und Identität für die Stadt als ein SelbstdarstellungsMuseum.
Prioritäten neu setzen
Mit „Zürich im Landesmuseum“ setzt der Stadtrat sowohl finanz- wie auch kulturpolitisch die
falschen Prioritäten.Deshalb haben die Fraktionen von AL, GLP und SVP das Behörden-Referendum
ergriffen.
In einer glaubwürdigen Finanzpolitik hat das Züri-Museum keinen Platz
Wir stimmen am 14. Juni darüber ab, ob Stadt, Kanton und Bund mit einmaligen Ausgaben
von 4,22 Millionen Franken und jährlich wiederkehrenden Betriebskosten von heute 900‘000
Franken ein Züri-Museum einrichten sollen. Mit dem Züri-Museum würde das Kulturbudget
der Stadt mit einmaligen Ausgaben von 1,76 Millionen und jährlich wiederkehrenden
Betriebskosten von 300‘000 Franken belastet.
Die Abstimmung findet in einem finanzpolitisch angespannten Umfeld statt. Zum
Jahreswechsel hat die Verwaltung zahlreiche Gebühren erhöht. Gleichzeitig hat der Stadtrat
damit begonnen, auch in Kernbereichen Ausgaben zurückzufahren.
-
Reduziert worden sind zum Beispiel die für den Ausbau der ausserfamiliären
Kinderbetreuung zur Verfügung stehenden Mittel. Die Zahl der subventionierten
Plätze in den Krippen wurde eingefroren. Die für den Ausbau der Horte zur
Verfügung stehenden Mittel sind beschränkt worden. Mit der Erhöhung der
Elternbeiträge hat man die Nachfrage gedämpft.
-
Irgendwann zwischen November 2014 und Februar 2015 sind auch für die
Volksschule Sparmassnahmen beschlossen worden, die die Rechnung um
insgesamt 12 Millionen Franken entlasten sollen. Gespart wird unter anderem bei den
Aufgabenhilfen, der Begabtenförderung und den freien Krediten der Schuleinheiten.
-
Kürzungen gibt es auch beim Personal. 2015 werden keine Reka-Checks mehr
abgegeben. Die für Lohnmassnahmen zur Verfügung stehenden Mittel werden
halbiert. Der Stadtrat hat zudem angekündigt, dass die Angestellten einen höheren
Beitrag an die Pensionskasse entrichten sollen. Zur Diskussion stehen auch die
Überbrückungszuschüsse bei frühzeitigen Pensionierungen.
-
Und auch bei der Polizei ist Masshalten angesagt – ein geplanter Stellenausbau wird
nicht umgesetzt, neue Herausforderungen müssen mit dem bestehenden
Personalplafonds bewältigt werden.
Im Vergleich zu den Sparrunden, die in anderen Gemeinwesen aufgelegt werden, sind das
moderate Massnahmen. Wenn die rezessiven Tendenzen auch die Stadt Zürich auf breiterer
Front erreichen sollten oder die Unternehmenssteuerreform III die Erträge der juristischen
Personen - wie vom Finanzvorstand befürchtet – halbieren (minus 150 Mio), würde sich die
Lage aber deutlich ändern.
Insider kennen diese Fakten genau. Am grünen Tisch gibt es im Gemeinderat denn auch
einen fraktionsübergreifenden Konsens, dass in dieser Lage in der Kulturpolitik ein
Marschhalt angesagt sei. Kulturausgaben – so der Tenor – sollen in den nächsten Jahren
nicht erhöht werden.
Neben der finanzpolitischen Glaubwürdigkeit gibt es handfeste kulturpolitische Gründe, das
Kulturbudget im Moment nicht mit Ausgaben zu belasten, die nicht zwingend sind:
-
Im Herbst beginnt der Bau des Erweiterungsbaus für das Kunsthaus. Bis heute hat
die Stadt 26 Millionen in die Planung investiert. Insgesamt wird das Kunsthaus das
Kulturbudget mit 88 Millionen (Investitionsbeitrag), einem einmaligen Beitrag von 5
Millionen an Kunsthausgesellschaft und einer Erhöhung des Betriebsbeitrags an
ebendiese Gesellschaft um 7,5 Mio belasten (ab Eröffnung 2019). Es liegt auf der
Hand, dass mit diesen neuen Ausgaben den Druck auf andere
Kulturförderungsbeiträge erhöhen werden.
-
Anfang Juli dieses Jahres wird das Präsidialdepartement sein kulturpolitisches
Leitbild für die nächsten vier Jahre veröffentlichen. Der Gemeinderat wird das Leitbild
diskutieren und mit allfälligen Anträgen verabschieden. Es wird die erste
kulturpolitische Strategiedebatte sein, die vor dem Hintergrund einer angespannten
Finanzlage stattfindet. Der Verteilkampf wird härter – Kürzungs-Diskussionen, wie wir
sie bereits bei der Debatte über die Schliessung des Literaturmuseums Strauhof
erlebt haben, sind absehbar.
Für die 77 Gemeinderätinnen und Gemeinderäte, die am 17. Dezember die Mittel für das
Züri-Museum freigegeben haben, spielten solch rationale kultur- und finanzpolitische
Überlegungen keine Rolle. Unmittelbar nach der Budgetdebatte, an der der Gemeinderat von
den eingangs erwähnten Massnahmen des Stadtrates zur Reduktion des
Ausgabenüberschusses Kenntnis nehmen konnte, haben die 77 unter Fraktionszwang mit
ihrem Ja zum ZiL ein seltsames Exempel statuiert: Wenn‘s um „Züri“ und sein Prestige geht
– und offenbar geht es beim Züri-Museum darum – spielt für die FDP und die SP und ihre
Verbündeten das Geld keine Rolle.
Wir sind der Meinung, dass dies ein falscher Ansatz ist. Deshalb hat die AL zusammen mit
der GLP und der SVP das Behördenreferendum gegen die Vorlage unterzeichnet. Wer
rational denkt und in Zeiten beschränkter finanzieller Mittel die kleinen Spielräume für eine
kreative und sinnvolle Kulturförderung erhalten will, wird am 14. Juni beim ZiL ein Nein auf
den Stimmzettel schreiben.
Walter Angst
ZiL – die begehbare App oder ein kulturpolitisches Unding
Zürich erhalte jetzt ein Stadtmuseum. Das ist falsch. ZiL ist kein Museum, sondern eine
inszenierte Markenwelt. Was das noch mit Kultur zu haben soll, ist unergründlich. Statt Kunst
und Kultur zu fördern und zu erhalten, verschiebt sich der Fokus städtischer Kulturpolitik
immer mehr zur Kulturvermittlung und Kunstkommunikation. Kultur wird zum
Standortmarketingfaktor degradiert. Das ist gefährlich.
«Die Sammlung ist die Grundlage eines jeden Museums» steht auf der Webseite des
bernischen historischen Museums 1, das rund 500'000 Objekte besitzt. Und die ICOM 2
definiert ein Museum als eine gemeinnützige, ständige, der Öffentlichkeit zugängliche
Einrichtung im Dienst der Gesellschaft und ihrer Entwicklung, die zu Studien-, Bildungs- und
Unterhaltungszwecken materielle Zeugnisse von Menschen und ihrer Umwelt beschafft,
bewahrt, erforscht, bekannt macht und ausstellt. Das ist doch das Wesentliche eines
Museums: Die Möglichkeit ein einzigartiges Objekt mit allen Sinnen in Raum und Zeit zu
erleben. Jeder kann sich durch die Gauguin-Bilder auf dem Bildschirm klicken, aber das ist
doch kein Ersatz für den Besuch der Ausstellung in der Fondation Beyeler. Das ZiL hat keine
Sammlung und kann nichts davon bieten, will es auch gar nicht. Selbst die Macher
bekennen, dass das Meiste auf elektronischem Weg geschehe. Das heisst konkret: Nach
einem kurzen ZiL-Besuch sollten Interessierte dann noch mit einem Tablet oder Smartphone
weiter durch die Stadt ziehen und die richtigen, einzigartigen Dinge bestaunen. Dafür braucht
es heute keinen physischen Ort mehr. Das ZiL ist ein anachronistischer Wegweiser, ein
Tourismus-Center oder eine inszenierte Markenwelt, aber ganz sicher kein Stadtmuseum.
Ganz abgesehen davon ist das Landesmuseum Zürich schon heute auch dasjenige von
Stadt und Kanton Zürich.
Wer heute durch ein Museum schlendert, stellt fest, dass sich die Präsentation der Exponate
in den letzten zehn, zwanzig Jahren an vielen Orten verändert hat. Vielleicht waren die
traditionellen Museen in der Tat etwas verstaubt und der «Warendruck» etwas hoch. Kaum
jemand kann etwas dagegen haben, wenn die Museumsmacher versuchen, ihre
Sammlungen etwas attraktiver zu gestalten. Aber «Form follows Function» heisst das eherne
Design-Gesetz, woran sich aber eben nicht immer alle Designer halten. Und so sehr man
sich darüber ärgern konnte, wenn früher in Museen die Beschreibungen beispielsweise nur
in Griechisch abgefasst waren, so übertrieben sind heute manchmal die Showelemente,
welche die eigentlichen Gegenstände zunehmend in den Hintergrund drängen. Dieser Trend
macht auch vor der städtischen Kulturförderung nicht halt. Ein Grossteil der Gelder
beispielsweise, die für den Legislaturschwerpunkt Kultur- und Kreativwirtschaft zur
Verfügung gestellt worden sind, flossen in Aufwendungen für die Kulturkommunikation, vermittlung und der internationale Positionierung Zürichs. Kultur wird damit zum
Standortfaktor degradiert. Das ist gefährlich. Kultur schafft zuerst ideelle und nicht materielle
Werte. Oder wie es Urs Bühler kürzlich in der NZZ so treffend formuliert hat: «Die Seuche,
Kulturnutzen als Wirtschafts- und Standortfaktor zu definieren, grassiert schon genug. Die
Gesellschaft muss sich eine Förderung dieses Elixiers leisten wollen; nicht, weil es die
Wirtschaft ankurbelt, sondern im Wissen, dass sie ohne dieses saft- und leblos wäre.»
Während also beispielsweise das Art Dock als Hüter zürcherischen Kulturschaffens einen
permanenten Kampf führen muss, sich Filmemacher über knappe Mittel beschweren oder
die Lesegesellschaft Wollishofen, immerhin der älteste Verein Wollishofen, wohl bald dicht
machen muss, weil ihr keine städtischen Mittel mehr gewährt werden, inszenieren sich
Zürich und die Stadtoberen multimedial und nennen es «Kultur». Wer unter Kulturförderung
die Unterstützung des Schaffens, nicht des «Showens» versteht, stimmt deshalb Nein zum
ZiL.
1 Das ist allerdings nicht das Museum einer Stadt, sondern eines Standes.
2 The International Council of Museums