2015-05-07 AD Wolf zu Angriffe auf Polizei und - CDU

15. LANDTAG VON BADEN-WÜRTTEMBERG
129. Sitzung Donnerstag, 7. Mai 2015, 09:30 Uhr
TOP 2
Aktuelle Debatte
Angriffe auf Polizei und Rettungskräfte sind Angriffe
gegen uns alle – Landesregierung muss handeln.
Rede von
Guido Wolf MdL
Fraktionsvorsitzender der CDU-Landtagsfraktion
Es gilt das gesprochene Wort.
Guido Wolf MdL, CDU: Herr Präsident, meine lieben Kolleginnen und Kollegen!
Nach dieser doch sehr emotionalen Debatte, bei der Sie, lieber Kollege Schmiedel, immer
wieder auch appelliert haben, sich schützend vor all diejenigen zu stellen, die sich im Sinne
dieses Landes engagieren und einsetzen, gibt Ihnen auch diese weitere Debatte
Gelegenheit, das möglicherweise mit der gleichen Emotionalität zu tun, wenn es darum
geht, sich schützend vor unsere Polizeibeamtinnen, Polizeibeamten sowie Rettungskräfte
zu stellen.
Da wünsche ich mir die gleiche Emotionalität auf Ihrer Seite.
Lassen Sie mich die Debatte mit einem Zitat beginnen:
Wie kann ein Mensch dazu fähig sein, Brandsätze auf ein Fahrzeug zu schmeißen, in dem
mindestens zwei Kollegen sitzen? Das Fahrzeug brennt, die Kollegen befinden sich noch im
Fahrzeug, und es gibt trotzdem Leute, die brennendes Material auf das Fahrzeug schmeißen. So
etwas habe ich noch nicht erlebt.
Die „Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung“ veröffentlichte am 22. März dieses Jahres
diese Meldung von einem 27 Jahre alten Polizeibeamten, der seine Erlebnisse bei den
Blockupy-Krawallen in Frankfurt geschildert hat.
An der Seite dieses Polizeibeamten standen auch viele Polizistinnen und Polizisten aus
Baden-Württemberg im Kreuzfeuer der Gewalttäter.
Ich glaube, solche Schilderungen müssen uns berühren, müssen uns bewegen und
motivieren, auch darüber nachzudenken: Was können wir politisch wirksam tun, um dieser
schleichenden Respektlosigkeit gegenüber unserer Polizei wirksam zu begegnen? Da sind
wir alle gefordert.
Aus diesem Gespräch mit einem Polizeibeamten geht hervor, wie hinter jedem
Schutzanzug, hinter jedem Schutzhelm ein Menschenleben steht, das in Ausübung seiner
Pflicht unser aller Freiheit und Recht schützt.
Es blieb an diesem rabenschwarzen 18. März nicht bei der Gewalt gegen Polizeibeamte, die
in erster Reihe für den Rechtsstaat einstanden, nein, selbst diejenigen wurden angegriffen,
die Menschen in Not helfen wollten. „Unsere Feuerwehrleute werden angegriffen“, so hat
die Feuerwehr Frankfurt über ihren Twitter-Account selber einen Notruf abgesetzt.
Ich sage klar: Dieses Vorgehen ist zutiefst niederträchtig und fordert uns zum Handeln auf.
Meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, die Landesregierung hätte
Gelegenheit, dies schon am kommenden Freitag im Bundesrat zu tun. Denn die nächste zu
erwartende Eskalation steht vor der Tür: Der G-7-Gipfel findet am 7. und 8. Juni 2015 auf
Schloss Elmau in Bayern statt. Spätestens dort droht Wiederholungsgefahr, und spätestens
dort werden auch wieder Polizistinnen und Polizisten, Feuerwehr- und Rettungskräfte Leib
und Leben für unsere Demokratie einsetzen.
Deshalb fordern wir die Landesregierung auf: Übernehmen Sie Verantwortung für diese
Menschen! Setzen Sie jetzt ein deutliches Signal, ein Signal, wir stehen hinter unserer
Polizei, wir stehen, Herr Innenminister, hinter unseren Feuerwehrleuten, und wir stehen –
Ich weiß gar nicht, warum Sie sich so aufregen. Wollen Sie dem widersprechen?
Ja, stehen Sie nicht hinter unserer Polizei? – Dann reagieren Sie auch richtig darauf, lieber
Herr Kollege Drexler.
Es ist ja schon bemerkenswert – – Ja, heiße Luft.
Ich zitiere Ihre grünen Kollegen aus Hessen, die offensichtlich heiße Luft verbreiten. Da
gibt es den Jürgen Frömmrich, innenpolitischer Sprecher der Grünen, der jetzt im
Strafgesetzbuch diesen Schutzparagrafen fordert, der tätliche Angriffe auf Einsatzkräfte
wie Feuerwehr, Polizei besonders unter Strafe stellen soll. Ich zitiere ihn, den grünen
Kollegen Frömmrich:
Das Land steht in der Pflicht, den Menschen, die Grundrechte von anderen schützen oder
anderen in der Not helfen, einen besonderen Schutz zu gewährleisten. Tätliche Angriffe auf
Leib und Leben von Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten sind nicht hinnehmbar.
Dem ist nichts hinzuzufügen, liebe Kolleginnen und Kollegen.
Deshalb hätten Sie Gelegenheit, sich genau dieser Initiative anzuschließen.
Jetzt tun Sie das, indem Sie hier einen nebulösen Änderungsantrag stellen, der im Grunde
darauf hinausläuft, nicht offen bekennen zu wollen, dass Sie das ablehnen, sondern Sie tun
nur so: Wir prüfen das, wir evaluieren. – Ja, sind denn die Vorgänge in Frankfurt nicht
genug, um wirklich jetzt und hier und heute zu handeln, liebe Kolleginnen und Kollegen?
Der Innenminister Gall hat bei der Vorstellung der Kriminalstatistik 2014 feststellen
müssen, dass die Zahl dieser so völlig inakzeptablen Übergriffe um 5,1 % auf 3 766 Fälle
gestiegen ist. 1 784 Polizeibeamtinnen und Polizeibeamte wurden im Dienst verletzt – 3,1
% mehr als im Vorjahr. Diese Entwicklung, liebe Kolleginnen und Kollegen, ist
inakzeptabel, und deshalb ist dieser hessische Vorstoß ein Schritt in die richtige Richtung,
der es verdient hätte, auch von Baden-Württemberg unterstützt zu werden.
Es geht hier auch um die Frage der Wertschätzung, es geht um die Frage, wie wir zu der
Arbeit unserer Polizei stehen. Herr Minister Gall, da erwarten wir von Ihnen vor dem
Hintergrund der von Ihrer Regierung verbreiteten Verunsicherung auch ein klares Bekenntnis. Sie kümmern sich um die Kennzeichnungspflicht bei Polizeibeamtinnen und
Polizeibeamten. Aus der grünen Partei hört man – ich zitiere –: Für uns ist das keine Frage
des Ob, sondern eine Frage des Wie.
Und wie antwortet bitte Minister Gall darauf? – Wenn die Grünen an den Plänen
festhalten wollten, werde er sie aber natürlich umsetzen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, es wäre wichtiger, die Polizei vor Übergriffen zu schützen,
als ihnen mit der Kennzeichnungspflicht ein Misstrauensvotum auszusprechen. Handeln
Sie hier heute im Sinne unserer Polizei!
2. Runde
Guido Wolf MdL, CDU: Herr Präsident, meine Kolleginnen und Kollegen!
Geschätzter Herr Innenminister, ausgerechnet aus den Reihen der SPD und auch mit Blick
auf die heutige Debatte auf die Dimension von Erregungszuständen angesprochen zu
werden wirkt schon fast etwas skurril.
Etwas bemerkenswert finde ich – bei allem Respekt, den ich Ihnen gegenüber habe –: Mit
den Worten, die Sie vor allem gegen Ende Ihrer Ausführungen gefunden haben, haben Sie
ja zu erkennen gegeben, dass das, was die CDU hier einbringt, im Grunde sinnvoll ist.
Es hat einen Diskussionsprozess ausgelöst. Wir sind der Meinung, dass wir zum Schutz
unserer Polizeibeamtinnen und -beamten und der Rettungskräfte mehr tun müssen. Es
geht nicht in erster Linie um die Ausnutzung und Ausweitung von Strafrahmen. Es geht um
die Schaffung neuer Tatbestände,
auch außerhalb von Rettungshandlungen. Es geht darum, auch Rettungskräfte mit
einzubeziehen.
Wer ernsthaft dagegen etwas haben will, der soll dies hier in diesem Haus ausdrücklich
erklären, meine Damen und Herren.
Ein bisschen mutiger war da schon der Kollegen Sakellariou. Ihn habe ich um seine
Ausführungen nicht beneidet. Das war ein gewisser Eiertanz, um doch noch irgendwie
Argumente zu finden, warum er nicht schon heute sagen möchte, dass dieser Vorstoß in
die richtige Richtung geht. Es hat noch der Satz gefehlt: „Ihr habt recht. Das Problem ist,
der gute Vorschlag kommt nicht von uns.“
Lieber Kollege Sakellariou, ich finde, im Sinne dieser Übereinstimmung, was den Respekt
gegenüber den Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten und den Rettungskräften angeht,
wäre es angezeigt, in einer solchen Frage auch einmal Größe zu zeigen und sich hier nicht
mit einer Attitüde von Arroganz hinzustellen und zu sagen: „Wir brauchen euch doch gar
nicht; wir sind längst an dem Thema dran.“ Hier wäre Gelegenheit, den von Ihnen immer
wieder eingeforderten Schulterschluss in dieser Frage zu praktizieren. Das haben Sie
vermissen lassen.
Kollege Sakellariou, wenn sie schon glauben, sagen zu müssen: „Ich lasse mich nicht in die
Ecke derer stellen, die sich hier nicht für die Polizei einsetzen“, dann sage ich Ihnen: Das
lassen wir uns nicht von jemandem sagen, der mit einer Polizeireform Frust in die Polizei
getragen hat, der mit der Absenkung der Eingangsbesoldung Frust in die Polizei getragen
hat und der mit der inhalts- und zeitgleichen Übertragung der Tarifergebnisse auf die
Beamtinnen und Beamten Frust in die Polizei getragen hat.
An dieser Stelle hätte unsere Polizei mehr Wertschätzung verdient.