Vorlesungsnotizen Mechanik I

Mechanik I / Prof. Popov / Vorlesung 1. Literatur: Hauger, Schnell und Groß. Technische Mechanik 1
Vektoren, Vektoralgebra, Skalarprodukt.
Kräfte mit gemeinsamem Angriffspunkt, Kräftegleichgewicht.
G G
G
G
G
G
G
A
=
A
+
A
+
A
x
y
z = Ax ex + Ay e y + Az ez
I. Übersicht der Mechanik-Kurse
= ( Ax
Ay
(Statik)
Az )
Summe
Vektoren in Komponenten:
G G von
G
G
G
G
A + B = Ax ex + Ay ey + Bx ex + By ey
II. Skalare und Vektoren.
Skalare: Temperatur, Masse, Anzahl der Gegenstände, Länge,...
Vektoren: Verschiebung, Kraft, Impuls, Geschwindigkeit, Beschleunigung,...
G K
Bezeichnungen: A , A , A , A oder einfach A
G
Betrag: A = A = A .
G G G
III. Summe von Vektoren: C = A + B
G
G
G
B
G
C
A
A
G
B
G G G G
Vertauschbarkeit: A + B = B + A .
Multiplikation mit einer Zahl:
G
G
G
G ⎧⎪
C =α A
C =αA⇒ ⎨
⎪⎩ dieselbe Richtung
Zerlegung eines Vektors:
Jeder Vektor kann als Summe anderer Vektoren dargestellt werden. Diese Zerlegung wird
durch die Wahl von Referenzrichtungen eindeutig.
G G G
A
= Ax + Ay
G
A
G
G
G ⎛ Ax ⎞
G
A
= Ax ex + Ay e y = ⎜ ⎟
x
Ay
⎝ Ay ⎠
G
ey
G
G
ex = 1 , e y = 1 .
G
G
G
G
Ax = Ax ex , Ay = Ay ey .
G
ex
Koordinaten (oder Komponenten) des Vektors
In drei Dimensionen:
G
Ax
G
Az
G
A
G
Ay
G
G ⎛ Ax + Bx ⎞
= ( Ax + Bx ) e x + ( Ay + By ) e y = ⎜
⎟
⎝ Ay + By ⎠
IV. Vektorielle Gleichungen.
G G
Was bedeutet die Gleichung A = B ?
Ax = Bx
⎛ Ax ⎞ ⎛ Bx ⎞
.
⎜ ⎟=⎜ ⎟ ⇒
Ay = By
⎝ Ay ⎠ ⎝ By ⎠
G G G
Was bedeutet die Gleichung A + B = 0 ?
Ax + Bx = 0
⎛ Ax ⎞ ⎛ Bx ⎞ ⎛ 0 ⎞
.
⎜ ⎟+⎜ ⎟ = ⎜ ⎟ ⇒
Ay + By = 0
⎝ Ay ⎠ ⎝ By ⎠ ⎝ 0 ⎠
Vektorzeichen beim Nullvektor wird oft
weggelassen. Unter einem Null in einer
Vektorgleichung wird immer ein Nullvektor
verstanden.
V. Produkte aus zwei Vektoren.
Es gibt drei Arten von Produkten, die sich
nach dem Charakter des Ergebnisses unterscheiden.
Skalarprodukt (Ergebnis ein Skalar): Arbeit,
Leistung.
Vektorprodukt (oder Kreuzprodukt) (Ergebnis
ein Vektor): Magnetische Kraft, Kraftmoment, Drehimpuls.
Tensorprodukt (oder diadisches Produkt) (Ergebnis ein Tensor: Trägheitsmoment u.a.
Wir diskutieren jetzt nur das Skalarprodukt.
Definition des Skalarproduktes von zwei
G
G
Vektoren A und B :
G G
G
A
⋅ B ≡ A ⋅ B ⋅ cos ϕ
A
Englische Bezeichϕ
G
nung: dot product
B
G
A
ϕ
G
B
AB = A cos ϕ .
G G
A ⋅ B = B ⋅ AB
= BA cos ϕ = A ⋅ BA
Eigenschaften des Skalarproduktes:
G G G G
1) A ⋅ B = B ⋅ A
G G G
G G G G
2) A ⋅ B + C = A ⋅ B + A ⋅ C
G G G
G
A
⋅ B+C
C
G
G G
B
= A⋅ B + C =
G
A
A
AB
(
)
(
(
)
)
= A ⋅ ( BA + C A ) = A ⋅ BA + A ⋅ C A
G G G G
= A⋅ B + A⋅C
G G
G G
3) A ⊥ B ⇒ A ⋅ B = 0
G G
4) A ⋅ A = A2
VI. Skalarprodukt in Komponenten
Zwei Vektoren seien durch ihre kartesischen
Komponenten gegeben:
G
G
G
G
A = Ax ex + Ay ey + Az ez ,
G
G
G
G
B = Bx ex + By ey + Bz ez .
G G
A ⋅ B = Ax ⋅ Bx + Ay ⋅ By + Az ⋅ Bz .
Für zwei gleiche Vektoren:
A2 = Ax 2 + Ay 2 + Az 2 (Pythagoras-Satz)
Benutzung des Skalarprodukts
Beispiel 1. In einem Dreieck sind die Seiten
a, b und der Winkel ϕ
G
G
C
c
zwischen beiden beB b
kannt. Zu bestimmen ist
θ
ϕ
die dritte Seite und der
aG
Winkel θ .
A
Lösung. Wir führen VekG G
G
G G G
toren A , B und C ein. Es gilt: C = B − A .
Zur Bestimmung der Seite c berechnen wir
G
das Skalarprodukt des Vektors C mit sich
G G
G G 2
selbst: c 2 = C ⋅ C = B − A =
G
GG G
B 2 − 2 BA + A2 = b 2 − 2ba cos ϕ + a 2 .
(
)
Somit c = b 2 − 2ba cos ϕ + a 2 .
Um den Winkel θ zu bestimmen, berechnen
G G
wir das Skalarprodukt A ⋅ C = ac cos θ . DarG G G G G
GG G
A⋅C A⋅ B − A
AB − A2
=
=
=
aus cos θ =
ac
ac
ac
ab cos ϕ − a 2
b cos ϕ − a
=
=
.
ac
b 2 − 2ba cos ϕ + a 2
(
)
Beispiel 2. Zwei Vektoren seien durch ihre
Komponenten gegeben: G
B
G ⎛ 3⎞ G ⎛ 1⎞
G
A=⎜ ⎟, B =⎜ ⎟.
A
θ
⎝1⎠
⎝ 3⎠
Zu bestimmen ist der Winkel zwischen den
Vektoren.
Lösung. Aus der Definition
des SkalarprodukGG
AB 6
tes folgt: cos ϕ =
=
= 0, 6 . θ = 53,13 °
AB 10
VII. Kraft ist einer der Grundbegriffe der
Mechanik. Die Krafteinheit Newton
[ N = kg ⋅ m / s 2 ] kommt aus der Dynamik.
Kraft ist ein gebundener, linienflüchtiger
Vektor. Am einfachsten ist der Fall, wo alle
Kräfte an einem Punkt angreifen: Zentrale
Kräftegruppe.
VIII. Gleichgewicht. Ein starrer Körper ist
im Gleichgewicht, wenn die auf ihn wirkende
G
Kraft gleich Null ist: F = 0 . Diese Gleichung
bedeutet drei Gleichungen:
Fx = 0 , Fy = 0 und Fz = 0 .
Oder: Wenn Summe aller an ihm angreifenG n G G
den Kräfte gleich Null ist: R = ∑ Fi = 0 .
i =1
n
n
n
i =1
i =1
i =1
Rx = ∑ Fix = 0 , Ry = ∑ Fiy = 0 , Rz = ∑ Fiz = 0 .
IX. Einteilung der Kräfte:
- eingeprägte Kräfte
- Zwangs- oder Reaktionskräfte
Reaktionskräfte werden durch Freischneiden
sichtbar gemacht. Das Bild mit den eingetragenen Kräften nennt man Freikörperbild.
Der Betrag der Reaktionskräfte ist von Anfang an nicht bekannt; die Richtung der Reaktionskräfte kann man dagegen in meisten Fällen leicht bestimmen. Richtung der Reaktionskraft ist immer die Richtung, in der die Bewegung gehindert ist.
Beispiel. Eine Rolle (Gewicht G=2kN) wird
auf einer schiefen Ebene (Neigungswinkel
45°) durch einen Faden (Neigungswinkel 30°)
gehalten. Zu bestimmen ist die Spannkraft des
Fadens und die Druckkraft auf die Ebene.
x: F cos β − N sin α = 0
y: F sin β + N cos α − G = 0
F cos β sin β − N sin α sin β = 0
F sin β cos β + N cos α cos β = G cos β
N ( cos α cos β + sin α sin β ) = G cos β ,
G cos β
G cos β
.
=
N=
( cos α cos β + sin α sin β ) cos (α − β )
G sin α
G sin α
.
=
F=
( cos α cos β + sin α sin β ) cos (α − β )
Mechanik I / Prof. Popov / Vorlesung 2.
Moment einer Kraft. Moment eines Kräftepaars. Gleichgewichtsbedingungen in der Ebene.
Literatur: Hauger, Schnell und Groß. Technische Mechanik 1 (Statik), 3.1.1-3.1.4
I. Das dritte Newtonsche Gesetz
(actio=reactio).
+ F1 x + ( F1 + F2 )( a1 − x ) − F2 (a1 + a2 − x)
Kraft und Gegenkraft sind gleich groß, entgegengesetzt gerichtet und liegen auf der gleichen Wirkungslinie.
= F1a1 − F2 a2 = 0
= F1 x + F1a1 − F1 x + F2 a1 − F2 x − F2 a1 − F2 a2 + F2 x
Wo ist hier die Gegenkraft?
G
(Antwort in der Vorlesung)
II. Resultierende für zwei parallele Kräfte
G
G
F1 und F2 .
G
R G
R1
G
R2
G
K
G
G F1
R1
l
a1
h
O
a2
IV. Gleichgewichtsbedingungen in einer
Ebene
Ein starrer Körper ist dann im Gleichgewicht,
wenn Summe aller an ihm angreifenden Kräfte gleich Null und Summe aller Kraftmomente
gleich Null ist:
G G
∑ Fi = 0 und ∑ M i = 0 .
V. Kräftepaar
G
F2
G
−K
G
R2
G G G
G G G G G G
R = R1 + R2 = F1 + K + F2 − K = F1 + F2 .
F1 l
F
l
= , 2 =
⇒
K a1 K a2
F1a1 = F2 a2
das Hebelgesetz von Archimedes.
(1)
III. Kraftmoment
Man kann das Hebelgesetz anders interpretieren, indem man den Begriff des Kraftmomentes einführt.
Moment einer Kraft in einer
G
F
Ebene ist eine algebraische
Größe, dessen Betrag gleich
A
M ( A) = hF ist. Es wird
h
vereinbart, dass ein Moment
positiv ist, wenn es gegen den Uhrzeigersinn
dreht.
Das Hebelgesetz (1) bedeutet, dass im
Gleichgewicht Summe aller Momente Null ist.
Diese Bedingung hängt nicht von der Wahl
des Bezugspunktes ab.
Beweis: Wählen
wir einen Bezugspunkt im
Abstand x vom
linken Ende des
Stabes.
Summe aller Momente ist gleich:
M ( O ) = F ( l + d ) − Fl = Fd - hängt nicht von
der Wahl des Bezugspunktes ab!
VI. Komponentendarstellung des Moments
G
Die Kraft F
habe kartesische Komponenten Fx und
Fy . Der Angriffspunkt der
Kraft habe Koordinaten x und y. Zu bestimmen ist das Kraftmoment.
Dem Bild kann man entnehmen, dass der Hebelarm h = x sin α − y cos α , sin α = Fy / F ,
cos α = Fx / F . Das Kraftmoment ist somit
M = xFy − yFx ⇒ Moment einer Kraft ist
gleich der Summe von Momenten ihrer Komponenten.
Vorteil der Komponentendarstellung: Sie
ergibt immer "automatisch" richtig sowohl
den Betrag als auch das Vorzeichen (und somit den Drehsinn) des Momentes.
VII. Gleichgewichtsbedingungen in Komponentendarstellung.
Kräftegleichgewicht:
G G
∑ Fi = 0 ⇒ ∑ Fix = 0 , ∑ Fiy = 0 .
1
Momentengleichgewicht:
∑M
(O )
i
∑( x F
=0 ⇒
i
iy
− yi Fix ) .
Die Bedingung für das Momentengleichgewicht hat nur Sinn, wenn sie nicht von der
Wahl des Bezugspunktes abhängt. Beweis
dazu: Wählen wir einen anderen Bezugspunkt
A mit den Koordinaten xA und y A .
Die kartesischen
Koordinaten des
Angriffspunktes
der Kraft bezüglich
des neuen Koordinatenursprungs
sind xi − x A und
yi − y A . Das Moment bezüglich des neuen
Bezugspunktes ist
∑ M = ∑ (( x − x ) F − ( y − y ) F ) =
= ∑(x F − y F ) + x ∑ F − y ∑ F =
∑M + x ∑F − y ∑F = ∑M
( A)
i
i
i
iy
i
A
ix
iy
A
i
iy
A
A
ix
ix
(O )
i
(O )
A
iy
A
ix
i
VIII. Allgemeines Schema:
•
•
•
•
•
•
•
Das System skizzieren
Das interessierende Objekt freischneiden
Alle eingeprägten und Reaktionskräfte
auftragen
Gleichgewichtsbedingungen aufstellen
Die Zahl der Unbekannten und der Gleichungen zählen
Das Gleichungssystem lösen
Lösung auswerten
IX. Beispiele
B1. Eine Leiter der Länge l stützt auf eine
Wand der Höhe h.
Der Winkel zur Wand
ist α . Alles geschieht
draußen bei Glatteis.
Damit die Leiter nicht
gleitet, wird sie von
einem Seil gehalten.
Zu bestimmen sind
die Reaktionskräfte
an der Wand, am Boden und die Zugkraft
des Seils.
Lösung: Gleichgewichtsbedingungen lauten
∑ Fx : RC cos α + 0 + 0 − T = 0
∑F
y
: RC sin α − G + RB + 0 = 0
l
: G sin α ⋅ − RC h / cos α = 0 .
2
Aus der dritten Gleichung folgt
l
RC = G sin α cos α .
2h
Einsetzen in die 1. und 2. Gleichungen ergibt:
l
T = RC cos α = G sin α cos 2 α ,
2h
l
⎛
⎞
RB = G ⎜1 − sin 2 α cos α ⎟ .
⎝ 2h
⎠
∑M
( B)
B2. Wie ändert sich das Ergebnis, wenn die
Leiter an eine vertikale Wand angelehnt ist?
Lösung. Die Gleichgewichtsbedingungen:
RC − T = 0
G − RB = 0
l
G sin α − RC l cos α = 0
2
Daraus folgt
sin α
G
RC = G
= tan α
2 cos α 2
G
T = RC = tan α , RB = G .
2
B3. Vergleichen Sie die Seilkraft in den zwei
Fällen: Leiter draufliegend, Leiter angelehnt.
Lösung. Bemerken wir zunächst, dass im skizzierten Fall
h / l = cos α . Die Seilkraft kann
daher in der folgenden Form
umgeschrieben werden:
G
T = sin α cos α .
2
Diese Kraft ist kleiner als im Fall "angelehnt":
Tdraufliegend =
G
G
1
sin α cos α < Tangelehnt = sin α
2
2
cos α
X. Arten der Lager
Festes Gelenklager,
kein Moment
Verschiebliches Gelenklager, auch Loslager,
kein Moment
Gleitführung
Einspannung
Nicht dehnbare Stange
(oder Seil)
2
Mechanik I / Prof. Popov / Vorlesung 3.
Das Kreuzprodukt von Vektoren. Der Momentenvektor. Allgemeine Kräftegruppen im Raum.
Literatur: Hauger, Schnell und Groß. Technische Mechanik 1 (Statik), 3.2.1-3.2.2
I. Gleichgewicht in drei Dimensionen
A. Kräftegleichgewicht
Vektoren
G G G
C = A×B
G
∑ Fi = 0
n
1
B. Momentengleichgewicht bezüglich aller drei Achsen.
Momentengleichgewicht
bezüglich der zAchse:
die z-Komponente der Kraft ist ohne Bedeutung. Die x- und y-Komponenten können parallel verschoben werden, so dass sie in der
Ebene (x,y) liegen. Nach solcher Transformation von allen Kräften lautet die Gleichge-
∑( x F
n
wichtsbedingung:
i
iy
i =1
− yi Fix ) = 0 .
Ähnliche Überlegungen für Momentengleichgewicht bezüglich der x- und y-Achsen liefern
∑ ( yi Fiz − zi Fiy ) = 0 ,
n
n
∑( z F
i
i =1
G
C
III. Vektor- oder Kreuzprodukt von zwei
ix
G
B
G
A
G
G
1) Richtung: Achse senkrecht zu A und B +
Schraubenregel
G
2) Betrag: C = AB sin α
IV. Eigenschaften des Vektorproduktes
G G
G G
1) A × B = − B × A (antikommutativ)
G G G
G G G G
2) A × B + C = A × B + A × C .
G G
G G
3) Ist A & B , so ist A × B = 0 .
(
)
V. Koordinatendarstellung des Kreuzproduktes. Zwei Vektoren seien durch ihre kartesischen Komponenten gegeben:
G
G
G
G
A = Ax ex + Ay e y + Az ez ,
G
G
G
G
B = Bx ex + By e y + Bz ez .
Zu berechnen ist ihr Kreuzprodukt
G G G
C = A×B =
− xi Fiz ) = 0 .
i =1
Diese Gleichgewichtsbedingungen kann man
anders formulieren, indem man den Begriff
der Kraftmomente bezüglich der x-, y- und zAchsen einführt.
II. Kraftmoment bezüglich einer Achse.
M z = xFy − yFx : Kraftmoment bezüglich der
z-Achse
M x = yFz − zFy : Kraftmoment bezüglich der
x-Achse
M y = zFx − xFz : Kraftmoment bezüglich der
G
G
G
= ex ( Ay Bz − Az By ) + ey ( Az Bx − Ax Bz ) + ez ( Ax By − Ay Bz )
Kartesische Komponenten dieses Vektors sind
C x = Ay Bz − Az B y ,
x,y,z-Achsen
z
C y = Az Bx − Ax Bz
Cz = Ax B y − Ay Bz
x
bilden ein
y rechtes Koordinatensystem
VI. Momentenvektor:
G G G
M = r ×F
y-Achse
M x = yFz − zFy
Gleichgewichtsbedingungen in drei Dimensionen lauten:
M y = zFx − xFz
∑F = 0, ∑F
∑M = 0, ∑M
x
x
α
y
y
∑F = 0
= 0, ∑M = 0
= 0,
M z = xFy − yFx
z
z
VII. Gleichgewichtsbedingungen
in VektorG
G
form: ∑ Fi = 0 , ∑ M i = 0 .
1
VIII. Änderung des Momentenvektors bei
einer Verschiebung des Bezugspunktes.
Gegeben seien zwei
Bezugspunkte O
und A. MomentenG
vektor der Kraft F
bezüglich des Punktes O ist
G
G G
MG ( O ) = r × FG,
G
bezüglich des Punktes A: M ( A ) = r′ × F .
G G G
Dem Bild entnimmt man, dass r = r′ + a .
daraus folgt
G
G G G G G
G G
G G
M (O ) = r × F = ( r′ + a ) × F = r′ × F + a × F
G
G G
= M ( A) + a × F
Greifen am Körper gleichzeitig mehrere Kräfte an, so haben wir für das Gesamtmoment
G
G
G G
∑ M i (O ) = ∑ M i ( A) + ∑ a × Fi
G ( A) G
G
= ∑ M i + a × ∑ Fi
(
)
Im Gleichgewicht ist die Summe aller Kräfte
Null und das Kraftmoment hängt nicht von
der Wahl des Bezugspunktes ab:
G
G
∑ M i (O ) = ∑ M i ( A)
IX. Beispiele
B1. Eine Platte mit dem Gewicht G ist an einer Ecke mit einem Kugelgelenk befestigt und
an drei anderen Ecken durch gelenkig gelagerte Stäbe unterstützt. Zu bestimmen sind die
Stabkräfte.
sprung gewählt werden (nur dann fallen die
Gelenkkräfte aus den Momentengleichungen
aus).
Momentengleichgewicht:
a
2
2
M x ( O ) = −G + R2
a + R3
a=0
2
2
2
a
2
M x ( O ) = − R1a + G − R2
a=0
2
2
2
M z ( O ) = R2
a=0
2
Daraus folgt: R2 = 0 , R1 = G / 2 , R3 = G / 2 .
B2. In der Mitte eines Trägers, der links mit
einem festen Gelenklager und rechts mit einem verschieblichen Gelenklager gelagert ist,
greift eine Kraft F an. Die Wirkungslinie der
Kraft bildet mit dem Träger den Winkel
α = 45° . Zu bestimmen sind die Auflagerreaktionen.
G
F
α
Freikörperbild:
α
Ax
G
F
Ay
By
Kräftegleichgewicht:
x: Ax + F cos α = 0
y: Ay − F sin α + By = 0
M ( A) : − ( F sin α ) l / 2 + By l = 0 .
Aus der letzten Gleichung folgt:
By = ( F sin α ) / 2 .
Aus der zweiten: Ay = ( F sin α ) / 2 .
Aus der ersten: Ax = − F cos α
Lösung. Auf die Platte wirken: die Schwerekraft G, drei Stabreaktionskräfte (in der Richtung des jeweiligen Stabes), eine Kraft mit im
Allgemeinen allen drei kartesischen Komponenten im Kugelgelenk. Da wir uns für die
Kräfte im Kugelgelenk nicht interessieren,
reicht es, die drei Gleichungen für das Momentengleichgewicht aufzustellen. Dabei
muss der Bezugspunkt im Koordinatenur-
B3. Ein Balken ist in einer Wand fest eingespannt und ist wie im vorigen Beispiel mit
einer schräg gerichteten Kraft belastet. Zu
bestimmen sind die Auflagerreaktionen.
G
F
α
α
M
Ax
Ay
G
F
l
2
Mechanik I / Prof. Popov / Vorlesung 4. Schwerpunkt
Literatur: Hauger, Schnell und Groß. Technische Mechanik 1 (Statik), 4.1-4.4
I. Schwerpunkt einer Gruppe paralleler
Kräfte
(A) Auf einen Stab greifen N parallele Kräfte
an. Wo muß man
den Stab unterstützen, damit er
im Gleichgewicht
bleibt? (Dieser
Punkt heißt der
Schwerpunkt des Kraftsystems).
Lösung. Das Kraftmoment bezüglich des
Punktes S muß verschwinden:
( x1 − xs ) F1 + ... ( xi − xs ) Fi + ... = ∑ ( xi − xs ) Fi = 0
oder
∑ x F − x ∑ F = 0 . Daraus folgt
∑xF
x =
∑F
i
i
s
i
i
i
s
i
(B) Dasselbe für ein System von Kräften, die
an einer Platte
angreifen.
Lösung. Momentengleichgewicht
bezüglich des
Schwerpunkts S:
um die x-Achse: ∑ ( yi − ys ) Gi = 0 ,
um die y-Achse:
Daraus folgt: xs
∑( x − x )G = 0 .
∑xG , y = ∑ yG
=
∑G
∑G
i
s
i
i
i
i
i
s
i
.
i
II. Kontinuierlich verteilte Kräfte
Eine auf einer Linie kontinuierlich verteilte
Kraft wird durch
Streckenlast q( x)
charakterisiert. Die
auf ein infinitesimal
kleines Längenelement dl wirkende
Kraft ist gleich dF = q ( x)dl . Bei kontinuierlich verteilten Kräften werden in der Schwerpunktdefinition die Summen durch Integrale
ersetzt:
xs =
∑
∆xi → 0
∑
xi q ( xi )∆xi
∆xi →0
q( xi )∆xi
=
∫ xq( x)dx
∫ q( x)dx
.
Im zweidimensionalen Fall wird eine kontinuierlich verteilte Kraft durch den Druck
p = p ( x, y ) charakterisiert. Auf ein infinitesimal kleines Flächenelement dA wirkende
Kraft ist gleich
dF = p( x, y )dA .
Für die Schwerpunktkoordinate
ergibt sich
xs =
∑
∆xi →0
∑
xi p ( xi , yi )∆Ai
∆xi →0
p ( xi , yi )∆Ai
=
∫ xp( x, y)dA
∫ p( x, y)dA
∫ yp( x, y)dA
∫ p( x, y)dA
ys =
III. Schwerpunkt von Schwerekräften
Der wichtigste Sonderfall eines Systems von
parallelen
Kräften stellen
Schwerekräfte
dar. Die auf
einen Körper
mit der Masse
mi wirkende Kraft ist gleich Fi = mi g . Alle
Kräfte haben dieselbe Richtung. Aus der allgemeinen Formel für die Koordinate des
Schwerpunkts folgt:
xs =
∑xm g = ∑xm = ∑xm
m
∑m g ∑m
i
i
i
i
i
i
i
i
(m ist hier die Gesamtmasse des Körpers).
Ähnlich für die y und z-Koordinaten des
Schwerpunkts: ys = ∑
yi mi
∑m
, zs = ∑
zi mi
∑m
i
.
i
Bei kontinuierlichen Körpern werden die
Summen durch Integrale ersetzt:
xs =
∑xm
∑m
i
i
i
⇒
∫ xdm ,
m
ys =
∫ ydm ,
m
zs =
∫ zdm
m
Das Differential der Masse kann als dm = ρ dV
geschrieben werden, wobei ρ die Dichte Des
Körpers ist und dV ein infinitesimal kleines
Volumen. Somit nehmen die obigen Gleichungen die folgende Form an:
∫ xρ dV y = ∫ y ρ dV z = ∫ z ρ dV .
xs =
s
s
m
m
m
IV. Berechnung von Integralen
Integrieren ist eine Umkehroperation zum
Differenzieren: Eine Funktion G ( x) , deren
Ableitung gleich g ( x) ist, heißt ein unbestimmtes Integral von g ( x) (auch Stammfunktion von g ( x) ). Eine Tabelle von Ableitungen
ist daher gleichzeitig - rückwärts gelesen eine Tabelle von unbestimmten Integralen:
1
Funktion
f ( x)
Ableitung
Funktion
df
g ( x) = f '( x) =
dx
g ( x)
x
x2
x3
xn
x1/ 2
Stammfunktion
(unbestimmtes Integral)
G ( x) = ∫ g ( x) dx
1
2x
1
x
3x 2
nx n −1
1 −1/ 2
2 x
x2
x n −1
x −1/ 2
x
x /2
x3 / 3
xn / n
2 x1/ 2
x1/ 2
x1/ 2
2
3
x3/ 2
3
2
2
x 3/ 2
e kx
sin ax
ke kx
a cos ax
e kx
cos ax
e kx / k
( sin ax ) / a
cos ax
− a sin ax
sin ax
− ( cos ax ) / a
ln x
1/ x
1/ x
ln x
Die Berechnung von bestimmten Integralen
beruht auf der Newtonschen Gleichung:
b
∫ g ( x)dx = G(b) − G(a) = G( x)
b
a
.
a
Bei der Berechnung von Integralen wird auch
der Begriff "Differential" oft benutzt:
df = f ' dx .
Zum Beispiel, d ( x 2 ) = 2 xdx .
Unter Benutzung des Begriffs "Differential"
wird die Eigenschaft, daß Integrieren und Differenzieren zu einander Umkehroperationen
sind, besonders klar:
∫ df ( x) = f ( x) , d ∫ g ( x)dx = g ( x) .
V. Beispiele
B1. Zu berechnen ist
Schwerpunkt einer konstanten Streckenlast.
Lösung.
q ( x) = q0 = const .
l
l
l
∫ xq( x)dx ∫ xq dx
l
0
xs =
=
0
l
∫ q( x)dx
0
l
=
0
l
q0 ∫ dx
∫ q dx
0
0
q0 ∫ xdx
=
0
l
x0
=
l
2
0
0
B2. Zu berechnen ist
Schwerpunkt einer linear
steigenden Streckenlast.
Lösung. q( x) = ax
l
l
xs =
l
∫ xq( x)dx ∫ xaxdx
=
0
l
∫ q( x)dx
0
l
∫ axdx
0
0
l
xs =
l
x2
2
a ∫ x 2 dx
0
l
a ∫ xdx
B3. Zu berechnen ist die Lage des Schwerpunktes eines homogenen Dreiecks.
Lösung. Bei jedem
dünnen Streifen liegt
der Schwerpunkt in
der Mitte und kann
durch die in der Mitte
angreifende Resultierende ersetzt werden.
Angriffspunkte aller solcher "Teilresultierenden" liegen auf der Seitenhalbierenden des
Dreiecks. Sie stellen eine linear steigende
Streckenlast dar.
Der Schwerpunkt teilt somit die Seitenhalbierende im Verhältnis 2:1 (s. Beispiel 2).
B4. Schwerpunkt eines Halbkreises
Die Fläche des dünnen Streifens ist
dA = 2 ydx . Aus dem Pythagoras-Satz folgt
y = R 2 − x 2 .Die Koordinate des Schwerpunkts berechnet sich daher als
∫ xdm ∫ xσ dA ∫ xdA
xs =
∫ dm
∫ xdA =
=
A
=
∫ σ dA
=
∫ dA
R
2
x ⋅ 2 R 2 − x 2 dx
2 ∫
πR 0
( σ ist die Flächendichte
der Platte).
Das letzte Integral berechnet sich z.B. mit
Hilfe der Substitution R 2 − x 2 = z ,
R
0
−2 xdx = dz , x 0 → z R2 ⇒
R
xs =
2
2
x ⋅ 2 R 2 − x 2 dx = −
2 ∫
πR 0
π R2
0
=−
0
∫
R
zdz
2
2 ⎡ 2 3/ 2 ⎤
4R
4R
z ⎥ =
=
≈ 0.424 R
2 ⎢
2
3π
π R ⎣3
⎦ R2 3π R
3
VI. Zusammengesetzte Figuren
B5. Koordinaten der
R
Angriffspunkte der
r
Kräfte G1 und G2
sind x1 = R ,
G2 = π r 2
x2 = 2 R + r .
G1 = π R 2
Für die Koordinate
des Schwerpunktes ergibt sich
2
2
x1G1 + x2G2 Rπ R + ( 2 R + r ) π r
xS =
=
G1 + G2
π R2 + r 2
(
=
R + r + 2 Rr
R2 + r 2
3
3
)
2
l
=
⎡⎣ x3 / 3⎤⎦
0
l
⎡⎣ x 2 / 2⎤⎦
0
=
l3 / 3 2
= l
l2 / 2 3
B6.
0
2
Mechanik I / Prof. Popov / Vorlesung 5.
Schwerpunkt (Fortsetzung). Statische Bestimmtheit.
Literatur: Hauger, Schnell und Groß. Technische Mechanik 1 (Statik), 4.1-4.4; 5.1.1, 5.1.2
I. Schwerpunkt einer Gruppe von Massen.
Das Differential der Masse kann als dm = ρ dV
geschrieben werden. Somit nehmen die obigen Gleichungen die folgende Form an:
xs =
∫ xdV ,
∫ dV
ys =
∫ ydV ,
∫ dV
zs =
∫ zdV .
∫ dV
Für eine homogene Scheibe mit der Flächendichte σ schreibt sich dm = σ dA und die Koordinaten des Schwerpunkts nehmen die Form
Gegeben sei ein System von kleinen, aber
massiven Körpern, die alle starr miteinander
verbunden sind. Auf den i-ten Körper wirkt
G
G
die Schwerekraft mi g , wobei g die Fallbeschleunigung ist. Zu finden ist der Angriffspunkt der Resultierenden aller Kräfte
(Schwerpunkt).
Lösung. Die Aufgabe kann umformuliert werden: Es ist ein solcher Punkt (S) zu finden,
daß der Momentenvektor aller Kraftmomente
bezüglich S Null ist. Die Lage des Punktes S
ist durch die Gleichung
G
G ∑ mi ri
rs =
∑ mi
gegeben.
Beweis. Es ist zu beweisen, dass das Gesamtkraftmoment bezüglich des oben angegebenen
Punktes Null ist.
G
G G
G G
G
M S = ∑ mi ri′ × g = ∑ mi ( ri − rS ) × g
i
i
G G
G G
= ∑ mi ri × g − ∑ mi rS × g =
i
i
G
G
∑m r × g −
i i
i
G G
∑ mi ri × g
ys =
∫ ydA ,
∫ dA
∑m
∑m
i
∑x m
∑m
i
i
, ys = ∑
yi mi
∑m
i
≡0
, zs = ∑
zi mi
∑m
i
.
Für eine Linie mit der Liniendichte λ gilt
dm = λ dl
und
xs =
∫ xdl ,
∫ dl
ys =
∫ ydl ,
∫ dl
zs =
Bei einem kontinuierlichen Körper werden
Summen durch Integrale ersetzt:
ys
∫ ydm ,
=
∫ dm
zs
∫ zdl .
∫ dl
III. Beispiele
B1. Zu bestimmen ist die Lage des Schwerpunkts einer homogenen Halbkugel.
Lösung. Der Schwerpunkt liegt auf der yAchse. Es ist deshalb
nur die y-Koordinate
zu bestimmen:
∫ ydV .
∫ dV
Die y-Koordinate des Schwerpunkts ist somit
R
i
II. Schwerpunkt eines kontinuierlichen
Körpers.
∫ xdm ,
=
∫ dm
∫ zdA .
∫ dA
Wir schneiden die Halbkugel in dünne Scheiben parallel zur (x, z)-Ebene. Das Volumendifferential ist gleich
dV = π r 2 dy = π ( R 2 − y 2 ) dy .
i
i
zs =
ys =
i
In Koordinaten:
xs
∫ xdA ,
∫ dA
i
G G G G
= ∑ mi ri × g − ( rS × g ) ∑ mi =
xs =
xs =
∫ zdm .
=
∫ dm
ys =
∫ yπ ( R
2
0
R
∫π (R
2
− y ) dy
R
2
− y ) dy
R
∫ yπ R dy − ∫ yπ y dy
2
=
0
2
0
⎛
⎝
0
R
0
R
R
=
∫ π R dy − ∫ π y dy
2
0
R
2
2
0
⎞
π ⎜ R 2 ∫ ydy − ∫ yy 2 dy ⎟
π ( R2 R2 / 2 − R4 / 4)
⎠
=
=
=
⎞
⎛ 2R
π ( R 2 R − R3 / 3)
2
π ⎜ R ∫ dy − ∫ y dy ⎟
0
⎝ 0
⎠
0
R
1
ys =
π R4 / 4 3
= R.
2π R3 / 3 8
(Im Nenner steht Volumen einer Halbkugel).
B2. Zu finden ist die Lage des Schwerpunkts
eines Kreisbogens.
Lösung.
xs =
∫ xdl = ∫ xdl
∫ dl π R
Wenn wir zur Charakterisierung des laufenden Punktes am Kreisbogen den Winkel ϕ
benutzen, so gilt:
π /2
x = R cos ϕ , dl = Rdϕ , ϕ −π / 2 . Somit:
π /2
xs =
∫
π
− /2
R 2 cos ϕ dϕ
πR
R 2 [sin ϕ ]−π / 2
π /2
=
πR
=
2
π
R
IV. Statische Bestimmtheit
Definitionen:
A). Zahl der Freiheitsgrade f ist die Zahl von
unabhängigen Bewegungsmöglichkeiten eines
Körpers (bzw. eines Körpersystems). Z.B. für
einen Punkt im Raum f = 3 , für einen starren
Körper im Raum f = 6 . Dasselbe auf der Ebene entsprechend 2 und 3.
Bemerkung: Zahl der Gleichgewichtsbedingungen ist immer gleich der Zahl der Freiheitsgrade.
B). Lager und Verbindungselemente sind Bindungen, die bestimmte Bewegungsarten verhindern.
C). Die Anzahl der Freiheitsgrade, die eine
Bindung einschränkt, heißt Wertigkeit der
Bindung (des Lagers).
Bemerkung: Die Zahl der unbekannten Lagerreaktionen r ist immer gleich der Wertigkeit
der Lager.
zweiwertig
D). Ein Tragwerk ist statisch bestimmt, wenn
alle Lagerreaktionen eindeutig aus den
Gleichgewichtsbedingungen bestimmbar sind.
E). Eine notwendige Bedingung für die statische Bestimmtheit ist, dass die Zahl der Gleichungen ist gleich der Zahl der Unbekannten,
oder:
Bei einem statisch bestimmten System ist die
Zahl der Freiheitsgrade gleich der Summe der
Wertigkeiten aller Lager und Verbindungselemente.
B1. Ist dieses Stabwerk statisch bestimmt?
(Antwort in der
Vorlesung)
F). Die Zahl der Freiheitsgrade größer als die
Wertigkeit der Lager (die Zahl der Gleichungen größer als die Zahl der Unbekannten) ⇒
Gleichgewichtsgleichungen können nicht erfüllt werden - kinematische Unbestimmtheit.
B2.
Momentengleichung
Gl / 2 = 0 kann nicht
erfüllt werden: Es gibt
kein statisches Gleichgewicht.
G). Die Zahl der Freiheitsgrade kleiner als die
Wertigkeit ⇒ Es gibt unendlich viele Gleichgewichtslösungen - statische Unbestimmtheit.
B3.
Gleichgewichtsgleichungen:
Ax + Bx = 0 , Ay + By = 0 , By l = 0 .
Daraus folgt: By = 0 , Ay = 0 , Ax = − Bx . Die
letzteren zwei Kräfte sind nicht eindeutig bestimmbar ⇒ System ist statisch unbestimmt.
dreiwertig
B4. Ist die notwendige Bedingung für statische Bestimmtheit bei dem abgebildeten System erfüllt?
Geben Sie die von Ihnen benutzte Formel an!
Benennen Sie die
auftretenden
Größen!
einwertig
Ist dieses System statisch bestimmt?
einwertig
zweiwertig
2
Mechanik I / Prof. Popov / Vorlesung 6.
Statische Bestimmtheit. Berechnung der Lagerreaktionen.
Literatur: Hauger, Schnell und Groß. Technische Mechanik 1 (Statik), 5.1.3, 5.2, 5.3.1-5.3.3
G
F
an (das Gewicht der Stäbe vernachKraft
I. Definitionen zur statischen Bestimmtheit
lässigen
wir).
Zu bestimmen sind die Reaktif - Zahl der Freiheitsgrade;
onskräfte.
r - Gesamtwertigkeit aller äußeren Lager;
v - Gesamtwertigkeit aller inneren Bindungen.
n sei die Differenz zwischen dem Freiheitsgrad und der Gesamtwertigkeit: n=f-r-v.
3 Fälle sind möglich:
n<0 n-fach unbestimmtes System
n=0 statisch bestimmt
n>0 n-fach verschieblich
II. Beispiele
B1. Ein einfach statisch unbestimmtes System
Lösung. Zunächst
überlegen wir, ob dieses System statisch bestimmt ist. n = 6 − 5 = 1 ⇒ einfach beweglich.
Gleichgewichtsbedingungen:
x: T − RC cos α = 0
Stab 1:
y: RA − F + RC sin α = 0
M ( A) :
Gleichgewichtsgleichungen:
Ax + Fx = 0 , Ay + S − Fy = 0 ,
− M + Sl − Fy l = 0 .
Daraus folgt: Ax = − Fx
Ay = − S + Fy ,
M = Sl − Fy l
Über eine Kraft (z.B. S) können wir frei verfügen, die anderen sind dann eindeutig bestimmt. ⇒ Einfach unbestimmtes System.
B2.
einfach verschieblich
zweifach verschieblich
Bemerkung. Statische Unbestimmtheit bedeutet nicht, daß sich überhaupt keine Reaktionen
eindeutig bestimmen lassen. Auch eine kinematisch unbestimmte Aufgabe kann in Spezialfällen eine eindeutige Lösung haben. Hier
ein Beispiel dafür:
B3. Ein einfach verschiebliches System
Zwei Stäbe der Länge l sind oben mit einem
Gelenk und unten mit einem Faden verbunden. In der Mitte des einen Stabes greift eine
Fl
cos α + RC sin α ⋅ l cos α + Rc cos α ⋅ l sin α = 0
2
x: −T + RC cos α = 0
Stab 2:
y: RB − RC sin α = 0
−
M ( A) : 0=0
Ergebnis: RC =
F
F
, T = RC cos α = cot α ,
4
4sin α
RB = RC sin α =
F
F 3
, RA = F − = F .
4
4 4
Bemerkung.
B4. Ausnahmefälle.
n = 6−6 = 0.
Die notwendige Bedingung für statische
Bestimmtheit ist erfüllt. Trotzdem gibt es keine statischen Lösungen (mit endlichen Reaktionskräften).
Rad mit Speichen (zweidimensional). In beiden Fällen gilt: n = 3 − 3 = 0 . Im linken Bild
kann jedoch
die Bedingung
für das Momentengleichgewicht nicht
erfüllt werden.
Rad mit Speichen (dreidimensional). Wie viele Speichen braucht man für eine statisch bestimmte Lagerung eines Rades?
1
B5. Dreigelenkbogen ( f = 6 , r = 4 , v = 2 ,
n = 0 ⇒ statisch bestimmt).
f − r − 2 g = 0 ⇒ r + 2 g = 3( g + 1)
g = r −3
Beispiel:
r = 5 ⇒ g = r −3 = 2
Lösung der Aufgabe B6.
l
F = ∫ q( x)dx
0
x: Ax + C x = 0
By − C y = 0
= − q0
l
π
cos
πx
l
l
l
M ( A) : C y − F + C x h = 0
2
2
M ( B) = Cy
l
Cx = − F
4h
Bx = Cx = − Ax
Ax
l
l
= − q0
0
l
π
dx
[cos π − cos 0] =
Erster Teilbalken:
x: Ax + Gx = 0
y: Ay − F + G y = 0
2lq0
π
Zweiter Teilbalken:
−G x = 0
−G y + B y + C y = 0
l
4h
M ( A) : − Fl / 2 + G y l = 0 ; M ( G ) :
Cy = F / 2
Aus diesen 6 Gleichungen folgt:
Gx = 0 , Ax = 0 , G y = F / 2 ,
Bx = − F
2h
2h
= Ax
l
l
2h
By = C y = Ax
l
2h
Ay + Ax
=F
l
0
l
+ Cx h = 0
2
Umformung:
Ax = −C x
C y = −C x
πx
= ∫ q0 sin
−Cx + Bx = 0
y: Ay + C y − F = 0
l
By = F / 2
By l + C y 2l = 0
C y = −G y = − F / 2 , By = F , Ay = F / 2 .
III. "Das Erstarrungsprinzip"
2h
Ay = F − Ax
l
2h l
l
⋅ + Ax h = F
l 2
2
Ay = F / 2
Ax = F
B6. Gelenkbalken (Gerber-Träger).
l
4h
G (1) G
F
∑ Gi + IG = 0
Zweiter Körper: ∑ Fi (2) − I = 0
G
G
Daraus folgt: ∑ Fi (1) + ∑ Fi (2) = 0 :
Erster Körper:
r - Wertigkeit der Lager.
g - Anzahl der Gelenke am Balken.
N = g + 1 - Zahl der "Teilbalken"
f = 3N = 3( g + 1) .
Bedingung für die statische Bestimmtheit:
Für ein System im Gleichgewicht ist die
Summe aller äußeren Kräfte gleich Null (innere Kräfte bleiben unberücksichtigt).
Dasselbe gilt für Momente.
⇒ Wir dürfen an einem Mehrkörpersystem
als Ganzes Gleichgewichtsgleichungen aufstellen, als ob es starr wäre.
Das gilt auch für jedes Teilsystem.
2
Mechanik I / Prof. Popov / Vorlesung 7.
Fachwerke. Verfahren zur Ermittlung der Stabkräfte: Knotenpunktverfahren.
Literatur: Hauger, Schnell und Groß. Technische Mechanik 1 (Statik), 6.1, 6.2, 6.3.1.
I. Fachwerke.
Grundelement eines Fachwerkes
ist ein Dreieck. Auch bei einer
gelenkigen Verbindung ist das ein
starres Gebilde: f = 9 , v = 6 , der
restlichen Freiheitsgrade n = 9 − 6 = 3 gibt es
genau so viel wie bei einem starren Körper.
Erweiterung durch zwei weitere Stäbe (und 3
Gelenke) führt nicht zu einer Änderung der
Zahl der Freiheitsgrade. Dieses Verfahren
kann beliebig fortgesetzt werden.
Ist dieses Fachwerk statisch
bestimmt?
IV. Bildungsgesetze für Fachwerke
(1) Weitere Dreiecke hinzufügen ⇒ Einfaches Fachwerk
(2) Zwei einfache Fachwerke starr (aber statisch bestimmt, d.h. dreiwertig) verbinden:
oder
II. Ideales Fachwerk
(1) Alle Stäbe sind reibungsfrei gelenkig verbunden
(2) Alle Kräfte greifen nur in den Knoten (Gelenken) an
(3) Alle Stäbe sind gewichtslos (folgt aus dem
Punkt 2)
Aus den Gleichgewichtsbedingungen für jeden einzelnen Stab folgt, dass in einem idealen Fachwerk alle Stäbe nur auf Zug oder
Druck beansprucht sind.
III. Statische Bestimmtheit der Fachwerke
- mit drei Stäben
- mit einem Gelenk
und einem Stab
(3) Irgendwo einen Stab rausnehmen und woanders anbringen.
⇒
V. Ermittlung der Stabkräfte: Knotenpunktverfahren
Man schneidet alle Knotenpunkte frei und
stellt für sie Kräftegleichgewichtsbedingungen auf.
Oft ist es sinnvoll, zunächst die nicht belasteten Stäbe (Nullstäbe) zu finden. Folgende
Regeln können dabei helfen:
Es ist üblich, die Stäbe mit arabischen Zahlen
und die Knoten mit römischen Zahlen zu
nummerieren. Dank den Annahmen eines idealen Fachwerkes brauchen wir nicht, die
Gleichgewichtsbedingungen für die Stäbe
aufzustellen. Statt dessen schneiden wir eine
kleine Umgebung eines Knotens frei. An der
wirkt nun eine zentrale Kräftegruppe. Zur
Ermittlung der Stabkräfte stehen zwei Kräftegleichgewichtsbedingungen an jedem Knoten
zur Verfügung. Damit erhalten wir im o.g.
Beispiel insgesamt 7 × 2 = 14 Gleichungen
zur Bestimmung der 14 Unbekannten (11
Stabkräfte und drei Lagerkräfte).
Bei einem ebenen Fachwerk mit k Knoten, s
Stäben und r Lagerreaktionen hat man 2k
Gleichungen für die s+r Unbekannten. Die
notwendige Bedingung für die statische Bestimmtheit ist 2k=s+r .
Standardverfahren zur Ermittlung der Stabkräfte:
1. Alle Knoten und Stäbe nummerieren
2. Nullstäbe bestimmen
3. Das System als Ganzes freischneiden, Auflagerreaktionen bestimmen
4. Alle Knoten freischneiden und Stabkräfte
auftragen
5. Kräftegleichgewicht für jeden einzelnen
Knoten aufstellen
6. Das Gleichungssystem lösen
7. Alle Ergebnisse in eine Tabelle eintragen
1
Beispiel. Das unten gezeigte Fachwerk wird
durch die Kraft F belastet. Zu bestimmen sind
alle Lager- und Stabkräfte.
1
S1 = − A = − F ; S3 = − S1 / sin α = F / 3sin α ;
3
S 2 = S6 = − S3 cos α = − F cos α / 3sin α ;
S11 = − Bv / sin α = −2 F / 3sin α ;
S12 = S8 = BH − S11 cos α = 2 F cos α / 3sin α ;
F
2F
F
;
+
=−
S7 = −
sin α 3sin α
3sin α
Aus der Geometrie folgt:
sin α = 1/ 5 , cos α = 2 / 5 .
Somit ergibt sich:
1
5F
;
S1 = − A = − F ; S3 = − S1 / sin α =
3
3
2F
2 5F
;
S 2 = S6 = −
; S11 = −
3
3
4F
5F
S12 = S8 =
; S7 = −
;
3
3
Lösung.
1. Alle Knoten und Stäbe nummerieren
2. Nullstäbe bestimmen
3. Das System als Ganzes freischneiden, Auflagerreaktionen
bestimmen:
7. Alle Ergebnisse in eine Tabelle eintragen
BH = 0
Si
M ( A) : −4lF + 6lBv = 0
2
⇒ Bv = F
3
M
( B)
1
i
−
F
2
1
−
3
3
2
3
5
3
4
5
0
0
6
−
7
2
3
−
8
5
3
4
3
9
10
0
0
11
−
12
13
2 5
4
0
3
3
Ist das ein statisch bestimmtes Fachwerk?
1
: 2lF − 6lA = 0 ⇒ A = F
3
4. Alle Knoten freischneiden und Stabkräfte auftragen:
5. Kräftegleichgewicht für jeden einzelnen Knoten aufstellen:
I)
→:
II)
III)
IV)
↑:
↑:
→:
→:
V)
↑:
→:
VI)
VIII)
↑:
→:
→:
↑:
S 2 + S3 cos α = 0
S1 + S3 sin α = 0
S1 + A = 0
S6 − S2 = 0
S8 − S3 cos α + S7 cos α = 0
S3 sin α + S7 sin α = 0
− S6 − S7 cos α + S11 cos α = 0
F + S7 sin α + S11 sin α = 0
S12 − S8 = 0
BH − S12 − S11 cos α = 0
Bv + S11 sin α = 0
6. Das Gleichungssystem lösen:
3
2
1
...und dieser Brückenträger?
4
8
7
6
5
Reihenfolge der Lösung
2
Mechanik I / Prof. Popov / Vorlesung 8.
I. Fachwerke: Rittersches Schnittverfahren.
II. Schnittlasten bei Balken.
Literatur: Hauger, Schnell und Groß. Technische Mechanik 1 (Statik), 6.3.3.
I. Rittersches Schnittverfahren. Beispiel 1.
Knotenpunktverfahren ist immer anwendbar.
Sind aber nur einzelne Stabkräfte zu
bestimmen, so ist es
oft vorteilhaft, das
Schnittverfahren
nach Richter zu benutzen. Die Idee: Das oben gezeigte Fachwerk
kann man als aus zwei Teilen bestehend ansehen. Der Teil links vom Schnitt spielt die Rolle
einer "starren Wand" und das rechte Dreieck
ist ein starrer Körper, der dreiwertig gelagert
ist. Die Stabkräfte in den drei geschnittenen
Stäben können ermittelt werden, ohne irgendwas vom Rest der Konstruktion zu wissen.
7.1, 7.2.1, 7.2.2
A3. F2 ≠ 0 , F1 ≠ 0 .
⎧ S1 = F + F2 / sin 30°1 ⎫
⎪
⎪
S 2 = − F1
⎨
⎬
⎪ S = − F cot 30° ⎪
2
⎩ 3
⎭
Das Superpositionsprinzip:
Reaktionen (Äußeres Kraftsystem 1 + äußeres
Kraftsystem 2)= Reaktionen (Kraftsystem 1)+
Reaktionen (Kraftsystem 2)
(gilt für alle statisch bestimmte Systeme, nicht nur für
Fachwerke!)
Beispiel 2. Bei dem gezeigten Fachwerk sind
die Kräfte
in den Stäben 1,2,3
gesucht.
Gleichzeitig illustriere ich das Superpositionsprinzip für statisch bestimmte Systeme und
betrachte zwei folgende Teilaufgaben:
Lösung. Schritt 1. Wir machen Schnitt durch
die drei Stäbe. Dadurch wird das Fachwerk in
A1. F2 = 0 , F1 ≠ 0
zwei starre Körper zerlegt. Es gibt 6 Freiheitsgrade, drei äußere Lagerreaktionen und drei
x:
S1
− S1 cos30° − S2 cos30° − S3 = 0 Stabkräfte ⇒ Aufgabe lösbar (gerade desweA
gen muss der Schnitt immer über drei Stäbe
y:
a
S2
30°
oder ein Gelenk und einen Stab gehen).
− F1 + S1 sin 30° − S 2 sin 30° = 0
Schritt 2. Die äußeren Reaktionen können
S3
M(A): − S3a = 0
durch eiA
Daraus folgt:
x
nen FreiBy
S3 = 0 , S 2 = − S1 , S1 = F1 .
schnitt des
⎧ S1 = F1 ⎫
Ay
Systems
Diese Ergebnisse können
⎪
⎪
S
=
−
F
⎨
⎬
als Ganzes
2
1
wir in einer Tabelle
⎪
⎪
ermittelt
zusammenfassen:
⎩ S3 = 0 ⎭
werden: x: Ax − F3 = 0 ,
y: Ay − F1 − F2 + B y = 0 ,
A2. F ≠ 0 , F = 0
2
S1
1
x:
A
− S1 cos30° − S 2 cos30° − S3 = 0
y:
S2
30°
− F2 + S1 sin 30° − S 2 sin 30° = 0
S3
M(A): − S3 a − F2 a cot 30° = 0
Daraus folgt: S3 = − F2 cot 30° ,
S1 + S 2 = −
S3
F cot 30°
F2
,
= 2
=
cos30°
cos30°
sin 30°
F2
.
sin 30°
Summieren dieser Gleichungen ergibt
F2
S1 =
. Subtrahieren: S 2 = 0 .
sin 30°
⎧ S1 = F2 / sin 30° ⎫
Ergebnistabelle:
⎪
⎪
S 2 = 01
⎨
⎬
⎪ S = − F cot 30° ⎪
2
⎩ 3
⎭
M(A): − F1a − F2 4a + B y 6a − F3a = 0 .
F1 2
F
+ F2 + 3 ,
6 3
6
F3 ⎞ 5
1
F
⎛ F1 2
Ay = F1 + F2 − ⎜ + F2 + ⎟ = F1 + F2 − 3
6⎠ 6
3
6
⎝6 3
Schritt 3. Linker und rechter Teil werden vollständig freigeschnitten und die Gleichgewichtsbedingungen aufgestellt.
Daraus folgt: Ax = F3 , B y =
S1 − S2 =
Es reichen beliebige drei von insgesamt 6 verfügbaren Gleichungen, da wir drei Reaktionen
bereits kennen. Am sinnvollsten ist es, zwei
1
Momentengleichungen bezüglich der Knoten
und eine weitere beliebige Gleichung zu nehmen (in diesem Fall am besten in vertikaler
Richtung).
Linker Teil:
M(I): −2aAy + aF1 + aS3 = 0
Teil im Uhrzeigersinn drehend positiv angenommen.
Besteht bei einer komplizierteren Struktur eine
Verwechselungsgefahr, so wird "unten" an
jeder Stelle willkürlich definiert und durch eine
gestrichelte Linie gekennzeichnet.
2
= 0,
2
2
F ⎞
⎛5
S3 = 2 Ay − F1 = ⎜ F1 + F2 − 3 ⎟ − F1
3
3⎠
⎝3
2
2
F
S3 = F1 + F2 − 3
3
3
3
1
F ⎞
⎛ 1
S 2 = 2 ( Ay − F1 ) = 2 ⎜ − F1 + F2 − 3 ⎟
3
6⎠
⎝ 6
Rechter Teil:
M(II): aS1 − aF2 + 3aB y = 0 ,
Beispiel 3
y: Ay − F1 − S2
S1 = F2 − 3B y = F2 −
S1 = −
F1
F
− 2 F2 − 3
2
2
F1
F
− F2 − 3 .
2
2
II. Schnittlasten (oder Schnittgrößen) bei
Balken.
Ein belasteter Balken wird durch innere Kräfte
zusammengehalten. Diese werden "sichtbar"
gemacht durch einen gedanklichen Schnitt durch
den Balken und heißen
daher Schnittgrößen oder
Schnittlasten. Diese
Schnittlasten sind nichts anderes als Reaktionskräfte, die ein Teil des Balkens auf den
anderen ausübt. In jedem Balkenschnitt gibt es
im Allgemeinen drei Reaktionen in zwei
Dimensionen und sechs Schnittgrößen im
dreidimensionalen Fall.
Definitionen und Zeichenvereinbarung.
Die Normalkraft N ist eine in Richtung Stabachse wirkende Kraft. Sie wird für den linken
Teil nach rechts und für den rechten Teil nach
links wirkend positiv angenommen.
Die Querkraft Q ist eine senkrecht zur Stabachse wirkende Kraft. Sie wird für den linken
Balkenteil nach unten und für den rechten teil
nach oben wirkend positiv angenommen.
Das Biegemoment soll für den linken Teil entgegen dem Uhrzeigersinn und für den rechten
F
x
l
Drei Gleichgewichtsgleichungen:
N ( x) = 0 ,
Q( x ) = F ,
M ( x ) = F ⋅ (l − x ) .
Verlauf des Biegemomentes.
Moment ist an der
Einspannstelle
maximal.
Beispiel 4. Zu bestimmen sind die Schnittgrößen im unten gezeigten Balken.
Lösung.
Wir betrachten drei
Schnitte:
(A) Einmal
der ganze
Balken freigeschnitten
von den Lagern.
Daraus bekommt man:
a
b
B= F , A= F .
l
l
(B) Ein Schnitt vor dem Angriffspunkt der Kraft.
b
A−Q = 0 ⇒ Q = A = F .
l
b
− xA + M = 0 ⇒ M = xA = x F
l
(C) Ein Schnitt nach dem Angriffspunkt der
Kraft:
A− F −Q = 0
a
⇒ Q = A− F = − F
l
− xA + F ( x − a) + M = 0
M = (1 − x / l ) aF .
2
Mechanik I / Prof. Popov / Vorlesung 9.
Schnittlasten im Balken unter Einzellasten (Auszüge aus der Vorlesung).
Literatur: Hauger, Schnell und Groß. Technische Mechanik 1 (Statik), 7.2.1, 7.2.2.
I. Schnittlasten im Balken unter Einzellasten.
Es gibt nur wenige Möglichkeiten, einen Balken statisch bestimmt zu lagern: (a) einseitige
Einspannung, (b) beidseitige gelenkige Lagerung, (c) Parallelführung an einem Ende plus
gelenkige Lagerung am anderen. Belasten kann
man entweder mit Einzelkräften oder Momenten. Im Weiteren betrachten wir typische
Kombinationen aus Lagerungs- und Belastungsarten und berechnen für diese den Verlauf der Schnittlasten.
B1.
Wir schneiden frei
einmal links vom
Angriffspunkt der
Kraft ( x < a ).
Die Gleichgewichtsbedingungen sind:
Q( x) − F = 0 ⇒ Q( x) = F
− M ( x) − F (a − x) = 0 ⇒ M ( x) = F ⋅ ( x − a) .
... und einmal rechts vom
Angriffspunkt ( x > a ):
Q ( x) = 0 , M ( x) = 0 .
Graphische Darstellung der Schnittlasten:
Im Angriffspunkt der Kraft gibt es einen
Sprung der Querkraft gleich der angreifenden
Kraft.
B3.
Zunächst schneiden
wir den gesamten
Balken frei:
Aus den Gleichgewichtsbedingungen folgt für
die Lagerreaktionen:
a
⎛ a⎞
A = ⎜1 − ⎟ F , B = F .
l
⎝ l⎠
Dann schneiden wir bei der Koordinate x frei:
1. x < a :
A − Q ( x) = 0 ,
M ( x) − Q( x) ⋅ x = 0 .
Aus der ersten Gleichung folgt: Q( x) = A .
⎛ a⎞
Aus der zweiten: M ( x) = Ax = ⎜ 1 − ⎟ Fx .
⎝ l⎠
2. x > a :
A − Q( x) − F = 0
− Fa + M ( x) − Q( x) ⋅ x = 0
Aus der ersten: Q( x) = A − F .
Aus der zweiten:
⎛ x⎞
M ( x) = Q( x) ⋅ x + Fa = ( A − F ) x + Fa = Fa ⎜1 − ⎟
⎝ l⎠
Verlauf der Schnittlasten:
Gestrichelten Flächen
sind gleich.
B2.
B4.
1. x < a :
N ( x) = 0 , Q( x) = 0 , − M ( x) + M 1 = 0 .
2. x > a :
N ( x) = 0 ,
Q( x) = 0 ,
M ( x) = 0 .
Zunächst schneiden wir
den gesamten Balken
frei:
Aus den Gleichgewichtsbedingungen folgt:
A + B = 0 ⇒ A = −B .
Bl + M 1 = 0 ⇒ B = − M 1 / l , A = M 1 / l .
Dann schneiden wir bei der Koordinate x frei:
1. x < a :
A − Q ( x) = 0 ,
M ( x) − Q( x) ⋅ x = 0 .
1
Aus der ersten Gleichung folgt: Q( x) = A .
M
Aus der zweiten: M ( x) = Ax = 1 x .
l
2. x > a :
A − Q( x) = 0
−Q ( x ) ⋅ x + M ( x ) + M 1 = 0
Aus der ersten:
Q( x) = A .
Aus der zweiten:
M
M ( x) = Q ( x) ⋅ x − M 1 = 1 x − M 1 .
l
II. Ein bisschen Mathematik.
df ( x) f ( x + dx) − f ( x)
1. Ableitung: y ' =
.
=
dx
dx
df
tan θ =
:
dx
Geometrische Interpretation: Ableitung zeigt die Steigung der Funktion
im Punkt x.
2. Maxima und Minima. Im Maximum oder
Minimum (kurz
Extremum) ist
df
=0
dx
schreiben wir sie zunächst in der folgenden
Form um: dM ( x) = Q( x)dx . Dann integrieren
wir entweder bestimmt oder unbestimmt.
(a) Bestimmte Integration:
x =b
b
x=a
a
∫ dM ( x) = ∫ Q( x)dx .
Wir berücksichtigen, dass
x =b
∫ dM ( x) = M (b) − M (a) . Somit ist
x=a
b
M (b) − M (a ) = ∫ Q( x)dx .
a
(Als Grenzen der Integration können auch
Punkte innerhalb des Intervalls dienen).
(b) unbestimmte Integration:
∫ dM ( x) = ∫ Q( x)dx + C ,
wobei C eine beliebige Konstante ist.
Wir berücksichtigen, dass ∫ dM ( x) = M ( x) .
Somit gilt: M ( x) = ∫ Q( x)dx + C .
III. Zusammenhang zwischen Belastung
und Schnittgrößen. Ein Balken sei durch eine
Streckenlast q( x) belastet.
Wir schneiden einen infinetisimal kleinen Abschnitt des
Balkens zwischen x und
x + dx frei:
Gleichgewichtbedingungen liefern:
x:
N ( x + dx) − N ( x) = 0
y:
Q( x + dx) − Q( x) + q ( x)dx = 0
3. Bestimmtes Integral.
Grenzwert der
Summe
lim ∑ f ( xi )∆xi
∆xi →0
b
= ∫ f ( x)dx
a
nennt man bestimmtes Integral von der Funktion f ( x) nach x. Geometrische Interpretation
des Integrals: Flächeninhalt der Figur zwischen der Kurve f ( x) und der x − Achse von
a bis b.
4. Wie löst man Differentialgleichungen?
Gegeben seien zwei solche Funktionen M ( x)
dM ( x)
und Q( x) , dass
= Q( x) .
dx
Ist Q( x) bekannt und M ( x) zu bestimmen, so
ist das eine Differentialgleichung. Zur Lösung
M
( x + dx / 2)
:
dx
dx
− Q( x) + M ( x + dx) − M ( x) = 0
2
2
Aus der ersten Gleichung folgt N ( x) = const .
Die zweite kann in der Form
Q( x + dx) − Q( x)
= −q( x)
dx
umgeschrieben werden. Das bedeutet:
dQ( x)
= −q( x) .
(1)
dx
Die dritte Gleichung kann in der Form
M ( x + dx) − M ( x) Q( x + dx) + Q( x)
=
dx
2
umgeschrieben werden. Das bedeutet:
dM ( x)
= Q( x) .
(2)
dx
−Q( x + dx)
(1,2) sind Schnittgrößendifferentialgleichungen.
2
Mechanik I / Prof. Popov / Vorlesung 10.
Differentialgleichungen für die Schnittlasten, Integration und Randbedingungen.
Literatur: Hauger, Schnell und Groß. Technische Mechanik 1 (Statik), 7.2.2, 7.2.3, 7.2.4, 7.3.
I. Zusammenhang zwischen Belastung und
Schnittgrößen. Wird ein Balken durch eine
Streckenlast q( x) belastet, so gilt
für die Querkraft Q( x) und für
das Biegemoment M ( x) :
dQ( x)
dM ( x)
= −q( x) ,
= Q( x) . (1)
dx
dx
Indem man beide Gleichungen kombiniert,
d 2 M ( x)
= −q( x) .
(2)
erhält man
dx 2
Ist die Belastung q( x) gegeben, so kann man
durch Lösung der Differentialgleichungen (1)
und (2) die Schnittgrößen berechnen.
Integration von (1) ergibt:
(3)
M ( x) = ∫ Q( x)dx + C2
(4)
Die zwei Integrationskonstanten C1 und C2
werden aus den Randbedingungen ermittelt.
III. Beispiele
Beispiel 1. Zu bestimmen sind die Schnittlasten im unten abgebildeten Balken.
Lösung.
Aus der Gleichung
(3) folgt:
Q( x) = − ∫ q0 dx + C1 = − q0 x + C1 .
Aus der Gleichung (4) folgt:
M ( x) = ∫ Q( x)dx + C2 = ∫ ( − q0 x + C1 ) dx + C2
= − q0
x2
+ C1 x + C2
2
Q(l ) = −q0l + C1 = 0
l2
+ C1l + C2 = 0
2
Daraus folgt:
q l2
C1 = q0l , C2 = − 0 .
2
Q( x) = − q0 x + C1 = − q0 x + q0l = q0 ( l − x )
M (l ) = −q0
x2
+ C1 x + C2
2
q l2
q
x2
= − q0
+ q0lx − 0 = − 0 x 2 − 2lx + l 2
2
2
2
q
2
M ( x) = − 0 ( l − x ) .
2
M ( x) = − q0
II. Integration und Randbedingungen.
Q( x) = − ∫ q( x)dx + C1
Q(l ) = 0 , M (l ) = 0 . Einsetzen x = l in (5) und
(6) ergibt:
(5)
(6)
Konstanten C1 und C2 bestimmen wir aus den
Randbedingungen (in diesem Fall am rechten
Ende):
(
)
Beispiel 2. Zu bestimmen sind die Schnittlasten im unten abgebildeten Balken.
Lösung. Da die Last dieselbe ist, sind auch die
Differentialgleichungen und ihre
Lösungen dieselben (5) und (6).
Der einzige Unterschied ist in den Randbedingungen:
M (0) = 0 , M (l ) = 0 (wegen gelenkiger Lagerung). Einsetzen x = 0 und x = l in (6) ergibt:
M (0) = C2 = 0 ,
l2
M (l ) = −q0 + C1l + C2 = 0 .
2
Aus der zweiten Gleichung folgt: C1 = q0
l
.
2
Der Verlauf der Schnittlasten ist somit
l
⎛l
⎞
Q( x) = −q0 x + q0 = q0 ⎜ − x ⎟ ,
2
⎝2
⎠
2
x
l
M ( x) = −q0
+ q0 x ⇒
2
2
q
M ( x) = 0 x ( − x + l ) .
2
1
steigende Streckenlast. Zu bestimmen sind die
Schnittgrößen.
Beispiel 3. Zu bestimmen sind die Schnittlasten im unten abgebildeten Balken.
Lösung. Da die Last dieselbe ist, sind auch die
Differentialgleichungen und ihre
Lösungen dieselben (5) und (6).
Der Unterschied
ist in den Randbedingungen: Q(0) = 0 , M (l ) = 0 .
Einsetzen x = 0 in (5) und x = l in (6) ergibt:
Q(0) = C1 = 0
l2
l2
+ C2 = 0 ⇒ C2 = q0 .
2
2
Der Verlauf der Schnittlasten ist somit
Q( x) = −q0 x + C1 = − q0 x ,
M (l ) = − q0
Lösung. Die Streckenlast wird offenbar durch
die Gleichung q ( x) = q0 x / l gegeben. Aus der
Gleichung (3) folgt:
Q( x) = − ∫ q ( x)dx + C1 = − ( q0 / l ) ∫ xdx + C1
x2
+ C1
2l
Aus der Gleichung (4) folgt:
Q( x) = − q0
(5)
⎛
⎞
x2
M ( x) = ∫ Q( x)dx + C2 = ∫ ⎜ − q0 + C1 ⎟ dx + C2
2l
⎝
⎠
x3
+ C1 x + C2 .
6l
Aus den Randbedingungen Q(0) = 0 ,
M (0) = 0 folgt: C1 = 0 , C2 = 0 .
Der Verlauf der Schnittlasten:
x2
x3
Q( x) = − q0
, M ( x) = − q0
.
2l
6l
M ( x) = − q0
(6)
x2
l2
x 2 q0 2
M ( x) = − q0 + C2 = q0 − q0
=
l − x2 .
2
2
2
2
(
)
IV. Schnittlasten und Lagerreaktionen
Schnittlasten am linken Balkenende sind gleich
den Lagerreaktionen:
A = Q(0) , M ( A) = M (0) .
Schnittlasten am rechten Balkenende sind
gleich den Lagerreaktionen mit dem entgegensetzten Vorzeichen:
B = −Q(l ) , M ( B ) = − M (l )
In den oben behandelten drei Aufgaben erhält
man:
q
B1: A = Q(0) = C1 = q0l , M ( A) = − 0 l 2 .
2
l
l
B2: A = Q(0) = q0 , B = −Q(l ) = q0 .
2
2
B3: M ( A) = M (0) =
q0 2
l , B = −Q(l ) = q0l .
2
Beispiel 4. Der einseitig
eingespannte Balken
trägt eine von einem Ende zum anderen linear
Lagerreaktionen:
ql
l2
M ( B ) = − M (l ) = q0
B = −Q(l ) = 0 ,
2
6
V. Bogen. Der Kreisbogenträger wird durch
eine Einzelkraft belastet. Gesucht sind die
Schnittlasten.
Lösung. Wir schneiden einen Teil des
Bogens bis zum
Winkel ϕ frei.
Gleichgewichtsbedingungen:
x:
− N sin ϕ + Q cos ϕ + F = 0
y: N cos ϕ + Q sin ϕ = 0
M (ϕ ) :
− M (ϕ ) + FR sin ϕ = 0
Daraus folgt: M (ϕ ) = FR sin ϕ ,
Q(ϕ ) = − F cos ϕ , N (ϕ ) = F sin ϕ .
Beispiel 5. Erklären Sie,
warum die Dachträger am
Bahnhof Alexanderplatz
in der Mitte dicker sind,
als an den gelenkig gelagerten Enden (Bild links).
2
Mechanik I / Prof. Popov / Vorlesung 11
I. Seile und Ketten. Neben starren Körpern
werden als Lastaufnehmende Elemente oft
auch Seile oder Ketten benutzt. Ein ideales
Seil kann keinen Querkräften oder Biegemomenten widerstehen (Q=0, M=0). Die
Schnittkräfte sind daher stets entlang der Biegelinie eines Seils gerichtet.
Kette kann man als eine Reihe von starren
Stäben betrachten, die mit einander gelenkig
verbunden sind. Die auf die Kette wirkenden
Kräfte verteilen wir auf die benachbarten
Knoten. Wie in einem idealen Fachwerk, wirken dann alle Stabkräfte in der Kette in der
Richtung der Stabachse.
Trägt ein Seil vernachlässigbaren Gewichts
mehrere Einzelkräfte,
nimmt es die Form
mehrerer geradliniger
Stücke an.
II. Seil unter Wirkung einer Streckenlast
Greifen am
Seil mehrere
parallel gerichtete Kräfte,
kann man es
annähernd als
kontinuierlich mit einer Streckenlast
q ( x) = dF / dx belastet ansehen.
Betrachten wir
ein infinitesimal kleines
Element des
Seils zwischen
x und x + dx .
Die Spannkraft
des Seils am
rechten Ende
des Elements
bezeichnen wir mit S ( x + dx) , am linken Ende S ( x) . Beide sind tangential zur Hängelinie
des Seils gerichtet. Kräftegleichgewicht:
x: H ( x + dx) − H ( x) = 0 ,
y: V ( x + dx) − V ( x) − q( x)dx = 0 .
Aus der ersten Gleichung folgt H ( x) = konst ,
die wir als H bezeichnen: H ( x) = H .
Die zweite Gleichung ergibt
V ( x + dx) − V ( x)
= q( x) oder
dx
Seile und Ketten
dV ( x)
= q ( x) .
(1)
dx
Das Momentengleichgewicht haben wir bereits früher benutzt. Aus ihm folgt, daß die
Seilkräfte in der Seilrichtung wirken oder maV ( x)
dy
= tan ϕ =
.
thematisch ausgedrückt:
H ( x)
dx
dy
dy
Daraus folgt V ( x) = H ( x)
.
(2)
=H
dx
dx
Indem wir die Gleichung (2) in (1) einsetzen,
d2y
erhalten wir H 2 = q ( x) oder
dx
2
d y q ( x)
q ( x)
=
oder auch y′′ =
.
(3)
2
dx
H
H
Berechnen wir die Form des Seils bei einer
konstanten Streckenlast q ( x) = q0 , wie es annähernd bei einer Hängebrücke der Fall ist:
d 2 y q0
= . Die erste Integration ergibt
dx 2 H
q
q
dy
= ∫ 0 dx + C1 = 0 x + C1 .
dx
H
H
Die zweite Integration ergibt
⎛q
⎞
y = ∫ ⎜ 0 x + C1 ⎟dx + C2
⎝H
⎠
q
= ∫ 0 xdx + ∫ C1dx + C2
H
q x2
= 0
+ C1 x + C2
(4)
H 2
Konstanten C1 und C2 werden aus zusätzlichen geometrischen und anderen Bedingungen bestimmt.
Beispiel 1. Gegeben seien die Länge der Hängebrücke L und der Durchhang h. Zu bestimmen ist die Form
des Seils und die
x
maximale Seil0
kraft.
Lösung. Zählen wir die Koordinate x von der
Mitte der Brücke und y vom tiefsten Durchhangpunkt. Dann gilt: y (0) = 0 , y (− L / 2) = h
und y ( L / 2) = h . Einsetzen x = 0 in (4) ergibt
C2 = 0 . Einsetzen x = ± L / 2 in (4) ergibt
q0 L2
L
− C1 = h ,
H 8
2
2
q L
L
y ( L / 2) = 0
+ C1 = h .
H 8
2
y (− L / 2) =
q0 L2
. Die Form des
H 8
4hx 2
Seils berechnet sich somit zu y = 2 .
L
Horizontale Komponente der Seilkraft ist
q L2
konstant und gleich H = 0
. Die Seilkraft
h 8
berechnen wir gemäß
Daraus folgt C1 = 0 , h =
2
q0 L2
⎛ 8hx ⎞
1 + ⎜ 2 ⎟ . Sie erh 8
⎝ L ⎠
reicht ein Maximum in den Punkten
S = H 1 + y ′2 =
x = ±L / 2 :
S max =
2
q0 L
⎛ 4h ⎞
1+ ⎜ ⎟ .
h 8
⎝ L ⎠
2
III. Seil unter Eigengewicht
Gegeben sei ein
Seil mit konstanter
linearer Massendichte dm / dl = λ .
Schneiden wir ein
infinitesimal kleines Element des
Seils zwischen den
x
x
+
dx
Koordinaten und
frei. Auf dieses
Element wirkt die Schwerekraft
dF = dm ⋅ g = λ dl ⋅ g ≡ q0 dl , wobei wir die
Bezeichnung q0 = λ g eingeführt haben. Bezogen auf das Intervall dx ergibt das die
Streckenlast q( x) , die auf das Seil wirkt:
dF
dl
q ( x) =
= q0
.
dx
dx
Nach dem Pythagoras-Satz gilt
2
⎛ dy ⎞
dl = dx + dy = dx 1 + ⎜ ⎟ .
⎝ dx ⎠
Für die Streckenlast erhalten wir somit
2
2
2
⎛ dy ⎞
q( x) = q0 1 + ⎜ ⎟ .
⎝ dx ⎠
Einsetzen in die Gleichung (3) ergibt
2
d 2 y q0
⎛ dy ⎞
1+ ⎜ ⎟ .
=
2
dx
H
⎝ dx ⎠
(5)
Die Form des Seils ergibt sich aus der Lösung
dieser nicht linearen Differentialgleichung mit
gegebenen geometrischen Randbedingungen.
IV. Ein bißchen Mathematik: Exponentialfunktion und hyperbolische Funktionen
Sinus Hyperbolicus und Kosinus Hyperbolicus werden definiert als
sinh x =
e x − e− x
e x + e− x
, cosh x =
.
2
2
Ihre geometrische
Darstellung sehen
Sie im nebenstehenden Bild.
Die so definierten
Funktionen haben
folgende Eigenschaften:
( sinh x )′ = cosh x ,
( cosh x )′ = sinh x , cosh 2 x − sinh 2 x = 1 .
Warum heißen diese Funktionen Sinus und
Kosinus und warum Hyperbolicus?
Hyperbolicus: Die normalen Sinus und Kosinus-Funktionen werden auch Kreisfunktionen
genannt. Die Gleichungen x = cos ϕ ,
y = sin ϕ definieren in parametrischer Form
einen Kreis mit dem Radius r = 1 . Das sieht
man daran, daß x 2 + y 2 = sin 2 ϕ + cos 2 ϕ = 1 ,
und das ist die Gleichung eines Kreises.
Die Gleichungen x = cosh ϕ , y = sinh ϕ definieren in parametrischer Form eine Hyperbel. Das sieht man daran, daß x 2 − y 2 = 1 , und
das ist die Gleichung einer Hyperbel. Daher
stammt der Name Hyperbolicus.
Sinus und Kosinus: Die sogenannte Eulersche
Formel für imaginäre Exponente lautet:
eiϕ = cos ϕ + i sin ϕ , wobei i = −1 imaginäre
Einheit ist. Daraus folgt e − iϕ = cos ϕ − i sin ϕ .
Summieren beider Gleichungen ergibt
eiϕ + e −iϕ
= cosh ( iϕ ) ,
cos ϕ =
2
eiϕ − e− iϕ
i sin ϕ =
= sinh ( iϕ ) .
2
Umgekehrt: cos iϕ = cosh ϕ ,
sin iϕ = i sinh (ϕ ) .
Dieser Zusammenhang von hyperbolischen
und Kreisfunktionen erklärt die Namen Sinus
und Kosinus in beiden Fällen.
Auf dem nebenstehenden Bild können
Sie den Verlauf einer Parabel und einer Kosinus Hyperbolicus-Kurve vergleichen.
Mechanik I / Prof. Popov / Vorlesung 12
Seile und Ketten - Fortsetzung, Schnittgrößen bei Bogen, Fachwerkoptimierung
f = 60m beträgt. Wie groß sind die maximale
I. Seil unter Eigengewicht
Seilkraft und die
In der vorigen
y
Seillänge L ?
x
Vorlesung haben
Lösung. Wir legen
wir festgestellt,
das Koordinatendaß die Form
system so, daß der
y = y ( x) eines
Koordinatenurfreihängenden
sprung mit dem tiefsten Punkt des Seils zuhomogenen Seils
sammenfällt. Dann gilt: y (0) = 0 und
(oder einer Kette)
dy
der folgenden Differentialgleichung genügt
y′(0) = 0 :
= sinh C1 = 0 ⇒ C1 = 0
dx
(Kettengleichung):
2
H
H
q0
d 2 y q0
2
⎛ dy ⎞
y = cosh 0 + C2 = 0 ⇒ C2 = − .
′′
′
=
+
.
=
1
+
oder
y
1
y
(
)
q0
q0
⎜ ⎟
dx 2 H
H
⎝ dx ⎠
Die Form des Kabels:
Bezeichnen wir y′ = u , dann gilt y′′ = u ′ und
H
⎛q ⎞ H H ⎛
⎛q ⎞ ⎞
die Kettengleichung nimmt die Form
y = cosh ⎜ 0 x ⎟ − = ⎜ cosh ⎜ 0 x ⎟ − 1⎟
q0
⎝ H ⎠ q0 q0 ⎝
⎝H ⎠ ⎠
q
du q0
2
u′ = 0 1 + ( u ) oder
=
1 + u 2 an.
Die unbekannte Konstante H folgt aus der
H
dx H
y (l / 2) = f :
Forderung
Trennung der Variablen ergibt
q
du
H⎛
⎛ql⎞ ⎞
= 0 dx .
cosh ⎜ 0 ⎟ − 1⎟ = f oder
⎜
2
H
q0 ⎝
⎝ 2H ⎠ ⎠
1+ u
Diese Gleichung kann nun integriert werden:
⎛ql ⎞
⎛ q l ⎞2f
cosh ⎜ 0 ⎟ − 1 = ⎜ 0 ⎟
.
(2)
q0
q0
du
2
2
H
H
l
⎝
⎠
⎝
⎠
.
=
dx
+
C
=
x
+
C
1
1
∫ 1+ u2 ∫ H
H
⎛ql⎞
Indem wir einen neuen Parameter z = ⎜ 0 ⎟
Das Integral auf der linken Seite berechnen
⎝ 2H ⎠
u = sinh ϕ
einführen, erhalten wir
:
wir mit der Substitution
du = cosh ϕ
2f
cosh z − 1 =
z . Mit
cosh ϕ ⋅ dϕ
cosh ϕ ⋅ dϕ
du
l
ϕ
=
=
=
∫ 1 + u 2 ∫ 1 + sinh 2 ϕ 2 ∫ cosh ϕ
f / L = 60 / 300 = 2 / 5
2f
Somit erhalten wir
folgt cosh z − 1 =
z.
l
q
q0
⎛
⎞
ϕ = x + C1 ⇒ u = sinh ⎜ 0 x + C1 ⎟ .
Numerische oder graphiH
⎝H
⎠
sche Lösung dieser Gleichung ergibt:
Diese Gleichung schreiben wir in der Form
ql
z* = 0.762 ⇒ 0 = 0, 762 ⇒
dy
⎛ q0
⎞
⎛ q0
⎞⇒
dy = sinh ⎜ x + C1 ⎟ dx
= sinh ⎜ x + C1 ⎟
2H
dx
⎝H
⎠
⎝H
⎠
q0l
120 ⋅ 300
H=
=
= 23, 6 ⋅103 N = 23, 6kN
Integration ergibt
2 ⋅ 0, 762 2 ⋅ 0, 762
⎛ q0
⎞
Die Seilkraft errechnet sich als
∫ dy = ∫ sinh ⎜⎝ H x + C1 ⎟⎠ dx + C2 oder
S = H 1 + y′2 . Sie nimmt den maximalen
q
H
⎛
⎞
y = cosh ⎜ 0 x + C1 ⎟ + C2
Wert bei x = ±l / 2 an:
q0
⎝H
⎠
⎛q l ⎞
⎛q l ⎞
Die Form eines frei hängenden Seils oder eiS = H 1 + sinh 2 ⎜ 0 ⎟ = H cosh ⎜ 0 ⎟
⎝ H 2⎠
⎝ H 2⎠
ner frei hängenden Kette wird durch Kosinus
Hyperbolicus gegeben (Kettenlinie).
q f
⎛q l ⎞
Aus (2) folgt, daß cosh ⎜ 0 ⎟ = 1 + 0 .
H
⎝ H 2⎠
Beispiel 1. Ein Kabel ( q0 = 120 N / m ) soll
Für die Seilkraft ergibt sich
zwischen zwei Masten im Abstand l = 300m
⎛q l ⎞
S = H cosh ⎜ 0 ⎟ = H + q0 f = 30,8kN
so aufgehängt werden, daß der Durchhang
⎝ H 2⎠
Die Länge des Kabels berechnet sich zu
l/2
l/2
⎛q ⎞
2
′
L = 2 ∫ 1 + y ( x) dx = 2 ∫ cosh ⎜ 0 x ⎟dx =
⎝H ⎠
0
0
2H
⎛q
sinh ⎜ 0
=
q0
⎝H
=
l/2
2H
⎞
⎛ql
sinh ⎜ 0
x⎟ =
q0
⎠0
⎝ 2H
⎞
⎟=
⎠
2 ⋅ 23, 6 ⋅103
sinh ( 0, 762 ) ≈ 330m
150
II. Momentenfreie Bögen
Ein Seil kann keinen Biegemomenten widerstehen. Seine Gleichgewichtsform gibt daher
die Form eines momentenfreien Bogens, welcher auf Zug
beansprucht ist,
an. In der vorix
gen Vorlesung
0
haben wir die
4hx 2
Form eines Brückenseils zu y = 2 berechL
net. Sie hängt nicht von der Größe der Strekkenlast q0 ab! Bei einer beliebigen homogenen Änderung der Streckenlast ( q0 = konst )
behält das Seil die gleiche Form und bleibt
momentenfrei. Das gilt auch für negative q0 .
In diesem Fall
haben wir es
mit einem momentenfreien
Bogen zu tun,
welcher auf
Druck beansprucht ist. In der Baustatik nennt
man diese Form Stützlinie.
III. Schnittgrößen bei Bögen
Gegeben sei ein gebogener Balken (Bogen), dessen Form
durch die Funktion
y = y ( x) gegeben
ist.
Auf ihn wirke in der
vertikalen Richtung
Streckenlast q ( x) .
Zu bestimmen ist
Verlauf des Biegemomentes Im Bogen.
Lösung. Wir schneiden ein infinitesimal kleines Element des Bogens frei. Aus dem Kräftegleichgewicht in horizontaler Richtung folgt
H ( x + dx) = H ( x) ⇒
H ( x) = konst = H .
(1)
Gleichgewicht in der vertikalen Richtung ergibt V ( x + dx) − V ( x) − q( x)dx = 0 . Daraus
dV ( x)
= q ( x) .
(2)
folgt
dx
Das Momentengleichgewicht lautet
M ( x + dx) − M ( x) − Hdy + Vdx = 0 oder
dM ( x)
dy
= −V ( x) + H
.
(3)
dx
dx
Integration der Gleichung (2) und Einsetzen in
(3) ergibt V ( x) = ∫ q( x)dx + C1
dM ( x)
dy
= − ∫ q ( x)dx + H
− C1
(4)
dx
dx
Eine zweite Integration liefert dann
M ( x) = − ∫ dx ∫ q( x)dx + Hy ( x) − C1 x + C2 .
Beispiel. Die Form des Trägers sei
y = R 2 − x 2 , die Streckenlast sei konstant
q ( x) = q0 . An den Rändern sei er gelenkig
gelagert. Lösung. Integration von (4) ergibt
q0 x 2
M ( x) = −
+ Hy ( x) − C1 x + C2 . Falls wir
2
Koordinatenursprung in der Mitte des Trägers
wählen, wird C1 = 0 . Aus der Randbedingung
M ( R) = 0 ergibt sich C2 = q0 R 2 / 2 . Der Momentenverlauf lautet
M ( x) = q0 ( R 2 − x 2 ) / 2 + H R 2 − x 2 .
III. Fachwerkoptimierung. Eine Brücke ist
so zu optimieren, dass sie das minimale Eigengewicht hat.
Lösung. Indem wir
die Knoten verschieben, ändern wir die Länge
der Stäbe. Außerdem kann der Querschnitt
geändert werden. Nehmen wir an, alle Stäbe
haben einen runden Querschnitt. Dann haben
wir für das skizzierte Fachwerk 20 Knotenkoordinaten und 27 Radien als frei wählbare
Parameter. Bei jeder Wahl bekommen wir
einen Satz von Stabkräften. Die Zugkräfte
müssen die Bedingung F < π a 2σ pl und die
Druckkräfte die Bedingung F < π 2 Ea 4 / l 2
erfüllen. Das Gesamtgewicht des Fachwerkes
M = ρ ∑ liπ a 2 ist zu minimieren. Mögliche
optimierte Formen:
(Mehr in der Veranstaltung "Numerische
Simulationsmethoden
im Ingenieurwesen".
Jedes WS, 4SWS,
Popov/Schargott).
Mechanik I / Prof. Popov / Vorlesung 13.
Zug und Druck in Stäben, Hookesches Gesetz
Teil 2: Elastostatik
Literatur: Hauger, Schnell und Groß. Technische Mechanik 2 (Elastostatik), 1.1-1.3.
I. Das Hookesche Gesetz. Ziehen wir an den
Enden eines Stabes mit einer Kraft F, so
nimmt die Länge um einen Betrag ∆l zu. Wir
werden annehmen, daß die Längenänderung
ein kleiner Bruchteil der ursprünglichen Länge
ist. Für eine große Anzahl von Materialien
zeigen die Experimente, dass bei genügend
kleinen
Dehnungen die
Kraft
proportional zur Verlängerung ist:
F ∝ ∆l
Diese Relation ist als Hookesches Gesetz bekannt. Solche Stoffe werden linear elastisch
genannt.
II. Dehnung. Die Verlängerung ∆l des Stabes
hängt auch von seiner Länge ab. Um eine Größe zu erhalten, die für das Material und nicht
für seine Form charakteristisch ist, verwenden
wir das Verhältnis ∆l / l zwischen der Verlängerung und der ursprünglichen Länge. Dieses
Verhältnis heißt
Dehnung: ε = ∆l / l . (Einheit: Dimensionslos)
Dehnung ist proportional zur Kraft, aber unabhängig von l: F ∝ ε .
III. Spannung. Bei der gegebenen Dehnung
wirkt in jedem Querschnitt des Stabes eine
Normalkraft N . Sie hängt auch vom Flächeninhalt A des Querschnitts des Stabes ab. Die Kraft
für eine vorgegebene Verlängerung muss proportional zur Querschnittsfläche
A des Stabes sein. Die "Beanspruchungsintensität" wird somit nicht durch die Kraft, sondern
durch das Verhältnis der Kraft zur Fläche
(Spannung) charakterisiert:
Spannung: σ = N / A
(Einheit: N/m2=Paskal=[Pa])
Spannung hat dieselbe Einheit wie Druck. Zur
Orientierung: Atmosphärischer Druck= 105 Pa ,
Fließgrenze von Stählen: σ fließ = 200 ÷ 1000
weder von der Länge noch vom Querschnitt
des Stabes, sondern nur vom Material ab. Er
wird durch die lineare Gleichung
σ = Eε (Hookesches Gesetz)
gegeben.
E ist Elastizitätsmodul.
(Einheit: N/m2=Paskal)
Merken Sie sich den Elastizitätskoeffizienten
von Stahl:
EStahl ≈ 210 GPa = 2,1 ⋅1011 Pa.
V. Poisson-Zahl (Querkontraktionszahl).
Betrachten wir einen rechteckigen Block aus
Material mit
der Länge l,
der Breite w
und der Höhe
h. Wird der
Block in einer
Richtung gedehnt, so zieht
er sich rechtwinklig zur Kraft zusammen. Die
Kontraktion in der Breite ist proportional zur
Breite w und zur Dehnung ∆l / l . Die Querkontraktion erfolgt sowohl für die Breite als auch
für die Höhe in derselben Proportion und wird
gewöhnlich geschrieben als
∆w ∆h
∆l
=
= −ν
w
h
l
Die Konstante
ν ist Poissonsche Zahl. (Einheit: Dimensionslos)
Merken Sie sich, daß bei den meisten Metallen
die Poisson-Zahl ungefähr gleich 1/3 ist
(ν = 0.3 ÷ 0.36 ). Bei einer Deformation ohne
Volumenänderung ist ν = 1/ 2 . Für Gummi
ν ≈ 1/ 2 .
MPa , für temperiertes Kupfer dagegen ca.
1MPa.
VI. Wärmeausdehnungskoeffizient.
Dehnungen werden nicht nur durch Kräfte,
sondern auch durch Temperaturänderungen
hervorgerufen. Bei einer kleinen Temperaturänderung ∆T kann man annehmen, dass die
Wärmedehnung ε T proportional zu ∆T ist:
ε T = αT ∆T .
IV. Elastizitätsmodul. Zusammenhang zwischen der Dehnung und der Spannung hängt
1/K bzw. 1/ °C ). [K=Kelvin=1°C]
αT ist Wärmeausdehnungskoeffizient. (Einheit:
1
Der Wärmeausdehnungskoeffizient bei Stählen
liegt bei αT ≈ 1, 2 ⋅10−5 1/°C.
Wird eine Spannung σ angelegt und gleichzeitig Temperatur um ∆T geändert, so werden
beide Dehnungen addiert (Superpositionsprinzip): ε =
σ
E
+ α T ∆T .
VII. Dehnsteifigkeit.
Schreiben wir das Hookesche Gesetz in der
Form
F
∆l
=E .
A
l
Daraus folgt, daß die Kraft proportional zur
Längenänderung ist:
⎛ EA ⎞
F =⎜
⎟ ∆l = c ⋅ ∆l
⎝ l ⎠
Konstante c nennt man die Steifigkeit des Stabes: c = EA / l .
Das Produkt EA wird als Dehnsteifigkeit bezeichnet.
B1. Eine stählerne Stange (Länge l = 1 m,
Querschnitt A = 1cm 2 ) wird zwischen zwei
starren Wänden geklemmt und um 100°C erwärmt. Zu bestimmen
ist die Druckspannung
und die Druckkraft in
der Stange. Lösung. Bezeichnen wir die in der
Stange wirkende Spannung als σ . Die Dehnung unter der Wirkung dieser Spannung und
der Temperaturänderung ist gleich
ε=
σ
+ α T ∆T .
E
Da die Stange sich nicht dehnen kann, ist
σ
+ αT ∆T = 0 .
E
Daraus folgt
σ = − EαT ∆T .
ε = 0:
Mit E = 2,1 ⋅1011 Pa und αT ≈ 1, 2 ⋅10−5 1/K
erhalten wir
σ = −2,1⋅1011 Pa⋅1, 2 ⋅10−5 K −1 ⋅100 K
= −2,5 ⋅108 Pa = −250 MPa
Negatives Vorzeichen zeigt, dass es sich um
eine Druckspannung handelt.
Die Normalkraft ist gleich
N = σ A = −250 MPa⋅10−4 m 2
= −2,5 ⋅104 N = −25 kN
B2. Auf einem Draht (Länge 5m, Querschnitt
1mm 2 ) hängt ein Gewicht 100kg. Wie groß ist
die Dehnung des Drahtes? Kann der Draht diese Last aushalten?
Lösung. Wir benutzen das Hookesche Gesetz
⎛ EA ⎞
in der Form F = ⎜
⎟ ∆l . Daraus folgt
⎝ l ⎠
Fl mgl
100 ⋅ 9,8 ⋅1
∆l =
=
=
EA EA 2,1 ⋅1011 ⋅1⋅10−6
= 4, 7 ⋅10−3 m = 4, 7 mm
Die Spannung ist
F mg 100 ⋅ 9,8
σ= =
=
= 980 MPa .
A
A
10−6
Nur hochfeste Stähle können solche Spannung
aushalten. Normalerweise wird sich der Draht
plastisch deformieren und reißen.
VIII. Ein Stab mit einem veränderlichen
Querschnitt. Alle oben gegebene Definitionen
sind nur im Fall eines langen, homogenen Stabes gültig. Man kann sie aber auch dann als
eine gute Näherung benutzen, wenn der Querschnitt des Stabes nur schwach veränderlich
ist. In diesem Fall kann man die Normalspannung im Querschnitt mittels der Formel
N ( x)
σ ( x) =
A( x)
bestimmen.
B3. Ein konischer Stab (Länge l) mit kreisförmigem Querschnitt (Endradien r0 und 2r0 )
wird durch eine Druckkraft F belastet.
Zu bestimmen ist
die Normalspannung σ ( x) im
beliebigen Querschnitt.
Lösung. Radius als
Funktion der Längskoordinate x ist
r ( x) = r0 (1 + x / l ) . Die Querschnittsfläche
A( x) = π r 2 ( x) . Die Normalkraft N = − F . Für
die Normalspannung erhält man
N
F
σ ( x) =
=− 2
.
2
A( x)
π r0 (1 + x / l )
IX. Nicht gleichmäßig deformierter Stab.
Einen nicht gleichmäßig deformierten Stab
kann man durch die
Verschiebung u ( x) des
Punktes mit der Anfangskoordinate x chadu ( x)
.
rakterisieren. Es gilt: ε =
dx
2
Mechanik I / Prof. Popov / Vorlesung 14.
Statisch bestimmte und statisch unbestimmte elastische Stabsysteme
Teil 2: Elastostatik
Literatur: Hauger, Schnell und Groß. Technische Mechanik 2 (Elastostatik), 1.5,1.6.
I. Hilfsaufgabe. Ein elastischer Stab sei an
einem Ende in einem
Festlager befestigt. Das
andere Ende wird aus der
Anfangslage um den
G
Vektor u verschoben.
Wie ändert sich die Länge des Stabes?
Lösung: Wenn die Verschiebung klein ist, so
verursacht nur die Komponente der
Verschiebung in der Stabrichtung eine
Längenänderung: ∆l = u& . Wenn wir einen
G
Einheitsvektor en in der Stabrichtung
einführen, kann man auch schreiben
G G
∆l = u ⋅ en
II. Ein statisch bestimmtes Stabwerk
Zwei Stäbe mit der gleichen Dehnsteifigkeit
EA sind gelenkig gelagert und mit einander
verbunden, wie im Bild
gezeigt. Gesucht ist die
Verschiebung des Knotens C.
Bezeichnen wir die
Verschiebung des
Knotens mit
G
u = (u x , u y ) und
bestimmen die Einheitsvektoren in der Richtung des ersten und des zweiten Stabes:
G
G
en1 = (1,0) , en 2 = (cosα , − sin α ) .
Die Längenänderungen der beiden Stäbe sind
G G
dann ∆l1 = u ⋅ en1 = (u x , u y ) ⋅ (1,0) = u x ,
G G
∆l2 = u ⋅ en 2 = (u x , u y ) ⋅ (cosα , − sin α )
(1)
= u x cos α − u y sin α
Die Stabkräfte sind somit
EA
EA
(2)
S1 =
∆l1 , S 2 =
∆ l2 .
l1
l2
Die Gleichgewichtsbedingungen lassen sich in
der folgenden Form schreiben:
x: − S 2 cos α − S1 = 0 ,
y: S 2 sin α − F = 0 .
Einsetzen von (2) liefert
EA
EA
−
∆l2 cosα −
∆l1 = 0 ,
l2
l1
EA
∆l2 sin α − F = 0 .
l2
Einsetzen von (1) und Berücksichtigung, dass
l2 = l1 / cos α , führt zum Gleichungssystem
EA
EA
ux = 0
−
cos α ( u x cos α − u y sin α ) cos α −
l1
l1
EA
cos α ( u x cos α − u y sin α ) sin α − F = 0
l1
oder
u x (1 + cos3 α ) − u y sin α cos 2 α = 0
u x sin α cos 2 α − u y sin 2 α cos α =
Fl1
EA
Daraus folgt
Fl 1
ux = − 1
EA tan α
Fl1 cos α 1 + cos3 α
Fl1 1 + cos3 α
uy = −
=−
EA sin α sin α cos 2 α
EA sin 2 α cos α
III. Beispiel 2. Ein Fachwerk, das aus drei
Stahlstäben besteht, wird
durch
die
Kraft
F = 20 kN belastet. Wie
groß müssen die Querschnittsflächen mindestens
sein, wenn die Spannungen nicht größer als σ zul = 150 MPa und die
Verschiebung des Lagers B kleiner als 0, 05%
der Länge des Stabes 3 sein sollen?
Lösung. Da das Stabwerk statisch bestimmt ist,
kann man die Stabkräfte direkt aus den
Gleichgewichtsbedingungen bestimmen.
2
S1 = S2 = −
F,
2
F
S3 = .
2
Damit die zulässige Spannung nicht überschritten wird, muss gelten:
σ1 =
S1
A1
≤ σ zul , σ 2 =
S2
A2
≤ σ zul , σ 3 =
S3
A3
≤ σ zul
Daraus folgt für die mindestens erforderlichen
Querschnittsflächen
S
0, 707 ⋅ 20 ⋅103 2
A1 = A2 = 1 =
[m ] = 94,3mm 2
6
σ zul
150 ⋅10
S
0,5 ⋅ 20 ⋅103 2
A3 = 3 =
[m ] = 66, 7 mm 2 .
6
σ zul
150 ⋅10
Aus dem Hookeschen Gesetz für den 3. Stab
1
S3
A3
=E
A3 =
∆l3
l3
erhalten wir
S3
E ( ∆l3 / l3 )
≥
0,5 ⋅ 20 ⋅103
[m 2 ]
2,1⋅10110,5 ⋅10−3
= 9,5 ⋅10−5 [m 2 ] = 95 mm 2
IV. Beispiel 3.
Gegeben sind die Steifigkeiten c der Stäbe. Zu
berechnen ist die Verschiebung des Knotens.
Wir führen den Verschiebungsvektor und die Einheitsvektoren ein:
G
u = ( ux , u y ) ,
G
G
e1 = (0, −1) ,
e2 = (−1, 0) ,
G
G
e3 = (0,1) ,
e4 = (1, 0) .
Die Längenänderungen sind
G G
∆l1 = u ⋅ e1 = ( u x , u y ) ⋅ (0, −1) = −u y
G G
∆l2 = u ⋅ e2 = ( u x , u y ) ⋅ (−1, 0) = −u x
G G
∆l3 = u ⋅ e3 = ( u x , u y ) ⋅ (0,1) = u y
G G
∆l4 = u ⋅ e4 = ( u x , u y ) ⋅ (1, 0) = u x
Für die Stabkräfte ergibt sich
S1 = c∆l1 = −cu y
S 2 = c∆l2 = −cu x
S3 = c∆l3 = cu y
G
e1 = (cos α , − sin α )
G
e2 = (1, 0)
G
e3 = (cos α ,sin α )
G G
∆l1 = u ⋅ e1 = ( u x , u y ) ⋅ (cos α , − sin α )
= u x cos α − u y sin α
G G
∆l2 = u ⋅ e2 = ( u x , u y ) ⋅ (1, 0) = u x
G G
∆l3 = u ⋅ e3 = ( u x , u y ) ⋅ (cos α ,sin α )
=
S1 = c1∆l1 = c1 ( u x cos α − u y sin α )
S 2 = c2 ∆l2 = c2u x
S3 = c3 ∆l3 = c3 ( u x cos α + u y sin α )
Kräftegleichgewicht:
x: − S1 cos α − S 2 − S3 cos α = 0
y: S1 sin α − S3 sin α − F = 0
−c1 ( u x cos α − u y sin α ) cos α − c2u x
−c3 ( u x cos α + u y sin α ) cos α = 0
c1 ( u x cos α − u y sin α ) sin α
−c3 ( u x cos α + u y sin α ) sin α − F = 0
VI. Beispiel 5. Zu bestimmen sind die Verschiebungen beider Knoten
l
S 4 = c∆l4 = cu x
Kräftegleichgewicht:
x: S 2 − S 4 + F cos α = 0
y: S1 − S3 + F sin α = 0
−cu x − cu x + F cos α = 0 ⇒ 2cu x = F cos α
−cu y − cu y + F sin α = 0 ⇒ 2cu y = F sin α
F
F
cos α = x
2c
2c
F
F
u y = sin α = y
2c
2c
ux =
G
G F
u=
2c
V. Beispiel 4. Gegeben: l, EA, F.
Gesucht:
1. Stabkräfte
2. Verschiebungen
Bei F=0 sind alle
Stäbe entspannt.
VII. Beispiel 6.
α ( Stahl ) = 1, 2 ⋅10−51/K
α (Cu ) = 1, 7 ⋅10−51/K
∆T = 100 K .
Zu bestimmen sind die
thermischen Spannungen.
2
Mechanik I / Prof. Popov / Vorlesung 15.
I. Roberval-Waage (erfunden vom französischen Mathematiker Roberval (1602-1675)).
Diese Waage bleibt im Gleichgewicht, wenn
man gleich große Gewichte auf der einer oder
der anderen Seite beliebig auf den Auslegern
nach innen oder außen verschiebt. Der Trick
besteht in der Art der Befestigung von den
Auslegern, die immer horizontal bleiben. Das
bedeutet, daß
Wirkung eines
Kraftmomentes
(Kräftepaars) an
einen Ausleger
keine Änderung
des Gleichgewichtes hervorruft. Andererseits
kann man mit
Hilfe des Momentes eine
Kraft parallel zu
ihrer Wirkungslinie verschieben,
was mit der nebenstehenden
Skizze illustriert
wird.
II. "Tricks". Beim Lösen von mechanischen
Aufgaben ist es oft hilfsreich, sich die folgenden "Tricks" zu merken.
☺ Trick Nr. 1: "System als Ganzes".
Gegeben sei das folgende System und zu
bestimmen die Stabkraft S1 . Ein reguläres Verfahren, wie etwa
Knotenpunktverfahren führt hier
zu keinem Erfolg: Das System
ist statisch unbestimmt und es ist
daher nicht möglich, alle Stabkräfte alleine aus
den Gleichgewichtsbedingungen zu ermitteln.
Selbst wenn das möglich wäre, wäre das ein
unnötig großer Aufwand. In diesem Fall kann
man aber leicht bemerken, daß das
Fachwerk an sich ein
starrer Körper ist (es
ist dabei absolut egal,
ob es statisch bestimmt oder unbe-
Verschiedenes aus Statik
stimmt ist), welches durch drei Pendelstäbe,
d.h. statisch bestimmt, gestützt ist. Ein Freischnitt des Fachwerkes als Ganzes erlaubt, alle
drei Stabkräfte aus den drei Gleichgewichtsbedingungen zu ermitteln, ohne etwas von den
inneren Stabkräften im Fachwerk zu wissen.
☺ Trick Nr. 2: "Ganze Teile"
Das folgende System soll um ein Lager in A
ergänzt werden, so
daß das System
statisch bestimmt
gelagert ist.
Lösung: Offenbar besteht das Fachwerk aus
zwei Teilen: Der linke Teil kann man als einen
Teil der starren wand betrachten. Der rechte
teil ist ein starrer Körper, der and die "Wand"
zweiwertig gekoppelt ist. Zur statisch bestimmten Lagerung muß der rechte teil daher
in A mit einem einwertigen Lager gelagert
werden, z.B. mit einem Pendelstab.
III. Wichtige Unterscheidung: Ideales Fachwerk oder nicht?
Bei Stabwerken macht man sehr oft Fehler,
indem man die Methoden, die für "ideale
Fachwerke" entwickelt wurden, auch an die
Stabwerke anwendet, die keine idealen Fachwerke sind.
Das wichtigste Merkmal eines idealen Fachwerkes ist, daß es aus Stäben besteht, auf welche nur Kräfte an deren Enden wirken, wo sie
gelenkig verbunden sind. Im Verlauf des Stabes darf keine Kraft wirken, insbesondere: (a)
keine Schwerkraft, (b) keine eingeprägten
Kräfte, (c) keine Reaktionskräfte (d.h. es darf
auch keine Verbindungen mit anderen Elementen innerhalb des Stabes geben). Nur unter
diesen Voraussetzungen sind die Stabkräfte
entlang der Stabachse gerichtet. Sind diese
Bedingungen nicht erfüllt, so kann die Stabkraft eine beliebige Richtung haben.
Beispiel: Wie bestimmt man am besten die
Stabkräfte im nebenstehend gezeigten
Stabwerk - mit Knotenschnitt oder Ritterschnitt?
Antwort: Keines von
beiden, denn die genannten Methoden werden
an ideale Fachwerke angewandt. Das vorliegende System ist aber kein ideales Fachwerk,
z.B. weil zwei der Stäbe Gelenke innerhalb
ihrer Länge haben. In diesem Fall müssen alle
1
Stäbe freigeschnitten werden und Gleichgewichtesbedingungen unter Berücksichtigung
von allen Reaktionskräften aufgestellt werden.
IV. Übergangsbedingungen
Bei Integration von Schnittlastendifferentialgleichungen werden zur Bestimmung von Integrationskonstanten Randbedingungen benutzt. Liegt ein zusammengesetztes System vor
(z.B. bestehend aus mehreren Stäben), so müssen auch die Randbedungen an den Übergängen von einem Teilsystem zum anderen berücksichtigt werden. Diese Bedingungen nennt
man Übergangsbedingungen. Da wir diese in
den vorigen Vorlesungen nicht besprochen
haben, hier eine kurze Darstellung von typischen Übergangsbedingungen. Im Verbindungspunkt gelten folgende Zusammenhänge:
M ( I ) = M ( II ) = 0
N ( I ) = N ( II ) = 0
Q ( I ) = Q ( II ) = 0
Q ( II ) = Q ( I ) − F
M ( II ) = M ( I ) − M
VI. Strukturen verstehen
Man kann ein qualitatives Verständnis von
Strukturen entwickeln, welches erlaubt, sie
schnell und verläßlich zu berechnen oder zu
entwickeln.
Beispiel 1: Schlankes Fachwerk
Ein erster vertikaler Schnitt durch
drei beliebige Stäbe und das Kräftegleichgewicht in vertikaler
Richtung ergibt: S 2 = 2 F . Das gilt offenbar
für alle schrägen Stäbe des Fachwerkes.
Ein zweiter vertikaler Schnitt durch
einen Knoten und
Anwendung des Momentengleichgewichtes
x
bezüglich des Knotens ergibt S1 = F . Bei
d
einem schlangen Fachwerk gilt für den größten
Teil des Fachwerkes x >> d , somit ist die
Zugkraft in der oberen Reihe von horizontalen
Stäben viel größer, als die Stabkräfte in den
schräg gelagerten Stäben. Dasselbe gilt für die
untere Reihe von horizontalen Stäben, nur sind
sie auf Druck beansprucht. Das bedeutet, daß
in einem schlanken Fachwerk am stärksten die
horizontal gerichteten Stäbe belastet sind. Sie
geben auch den größten Beitrag zum Schnittmoment, das in jedem "Knotenschnitt" einfach
gleich der Stabkraft mal die Dicke des Fachwerkes ist.
Verlauf des Momentes und Form des Trägers.
Soll man ein Fachwerk aus Stäben gleicher
Stärke aufbauen, so bedeutet daß, daß die längs
laufenden Stabkräfte alle in etwa gleich sein
sollen. Die Dicke des Fachwerkes soll daher
proportional zum Schnittmoment sein. Im oben
gezeigten Beispiel eines Tragwerkes, welches
eine konzentrierte Kraft an seinem Ende tragen
soll, sollte die Dicke des Fachwerkes proportional zum Abstand von dem Angriffspunkt der
Kraft sein.
Es ist leicht zu
sehen, daß in
diesem Fall alle
schrägen Verbindungsstäbe sogar Nullstäbe
sind und nur für Stabilität des Trägers sorgen,
während alle Stabkräfte in der oberen und unteren Stabreihe jeweils gleich sind.
Verlauf des Momentes in Bögen eines Dreigelenkbogens.
Zu bestimmen ist die optimale Form (Breite)
von Bögen
eines Dreigelenkbogens.
Lösung: Ein
Schnitt in
der Nähe
des Gelenkes zeigt, daß die
Schnittkraft in Richtung des
zweiten (unteren) Gelenkes
gerichtet ist. Ein weiterer
Schnitt an einer beliebigen
Stelle des Bogens führt zum
Momentengleichgewicht:
M = − Sh . Das Moment ist
somit einfach Proportional
der Höhe des Bogens von der Verbindungslinie
zwischen beiden Lagern. Nach unseren vorherigen heuristischen Überlegungen soll die Dikke des Trägers (konzipiert als Fachwerk) auch
proportional zu diese Höhe sein muß.
2
Mechanik I / Prof. Popov / Vorlesungen 16/17.
Schubspannung, Scherdeformation. Der Torsionsstab.
Teil 2: Elastostatik
Literatur: Hauger, Schnell und Groß. Technische Mechanik 2 (Elastostatik), 5.1.
I. Reine Scherung (oder Scherdeformation)
Scherdeformation ≡
δ
γ3
= tan γ ≈ γ + .. ≈ γ
l0
3
γ ist Schub- oder
Gleitwinkel.
Schubspannung
F
τ= .
A
Das Hookesche Gesetz für die Scherung:
τ = Gγ
G heißt Schubmodul. Er hängt mit dem Elastizitätsmodul und der Poissonzahl wie folgt zusammen:
E
G=
.
2(1 +ν )
3
Für Metalle ν ∼ 1/ 3 , somit G ≈ E .
8
Beispiele: Stahl: E = 210 GPa ⇒ G ≈ 78GPa .
Gummi: ν ≈ 1/ 2 ⇒ G ≈ E / 3 .
II. Torsion.
Gegeben sei ein elastischer Stab mit rundem
Querschnitt (Bild1a). Jeder Querschnitt wird
durch den Winkel θ ( x ) charakterisiert, um
welchen er sich bezüglich des "unverdrehten"
Anfangszustandes gedreht hat. Wir wollen das
mit dieser Verdrehung zusammenhängende
Torsionsmoment bestimmen. Als Hilfsaufgabe
betrachten wir einen dünnen zylindrischen
Ausschnitt aus dem Stab (dünnwandiger Zylinder mir dem Querschnittsradius r, Bild b).
x
kleine Element reine Scherung. Die Scherdeformation ist gleich
∆y rdθ
γ=
=
= rθ ' ,
l0
dx
die Scherspannung:
τ = Gγ = Grθ '
Das im Querschnitt wirkende Kraftmoment:
= Grθ ' A ⋅ r = GAr 2θ '
M Ring = τ ⋅ A ⋅ r
Summiert über alle Ringe im Querschnitt ergibt sich der folgende Torsionsmoment:
M T = ∑ ∆M = ∑ τ r ∆ A =
r2
r2
= ∫ τ ( r ) ⋅ r ⋅ dA = ∫ Gθ ′( x) ⋅ r 2 ⋅ dA
r1
r1
r2
= Gθ ′( x) ∫ r 2 ⋅ dA
r1
M T = Gθ ′( x) I p ,
r2
I p = ∫ r 2 ⋅ dA - das polare Flächenträgheitsr1
moment des Querschnitts
III. Torsionssteifigkeit
MT
Wird ein
Stab durch
ein Torsionsmoment
um den Winkel θ verdreht, so gilt
M T = kθ . k ist Torsionssteifigkeit.
IV. Homogene Torsion eines homogenen
Stabes.
In diesem Fall gilt
∆θ θ
θ′ =
= .
∆x l
Für das Torsionsmo-
ment: M = Gθ ′( x) I p = G
θ
l
I p = kθ .
Die Torsionssteifigkeit ist: k =
Aus diesem schneiden wir (gedanklich) ein
infinitesimal kleines Element (Ring) zwischen
x und x+dx (Bild c). Der linke Rand ist gedreht
um den Winkel θ ( x ) , der rechte um
θ ( x + dx) = θ ( x) + dθ . Den Ring teilen wir
weiterhin in kleine (ursprünglich rechteckige)
Elemente. Durch Verdrehung erleidet jedes
GI p
l
.
Für einen runden Querschnitt
r2
r2
r2
I p = ∫ r ⋅ dA = ∫ r ⋅ 2π rdr = 2π ∫ r 3 dr
2
2
r1
= 2π
r1
4 r2
r
4
r1
=
π
r1
(r
2
4
2
− r14 )
1
Für einen Vollzylinder mit dem Radius R
Ip =
π
2
R 4 . Die Torsionssteifig-
keit ist gleich k =
πG
R4 .
2l
Torsion kann man zur Messung
des Schubmoduls benutzen (historisches Beispiel: Torsionswaage von Coulomb).
V. Spannungen bei Torsion
Aus der Gleichung τ = Gγ = Grθ ' folgt, daß
die Deformationen im Querschnitt nicht
gleichmäßig verteilt sind: An der Achse sind
sie Null und erreichen an der äußeren Fläche
den maximalen Wert
θ
τ max = GRθ ' = GR .
l
θ
θ M
Andererseits ist M T = G I p ⇒ = T ⇒
l GI p
l
τ max = R
MT
Ip
Für einen Vollzylinder:
M
M
2 MT
τ max = R T = R T =
π 4 π R3
Ip
R
2
Aufgabe. Eine stählerne Welle überträgt ein
Kraftmoment M = 104 N⋅ m . Zu bestimmen ist
der zulässige Durchmesser der Welle, wenn
die Spannungen den Wert τ max = 60 MPa nicht
überschreiten dürfen.
Lösung.
1/ 3
⎛ 2 MT ⎞
R=⎜
⎟
⎝ π τ max ⎠
=
1/ 3
⎛ 2 10 4 N⋅ m ⎞
=⎜
⎟
6
⎝ π 60 ⋅10 Pa ⎠
= 0, 047 m = 4, 7 cm
VI. Steifigkeit einer Schraubenfeder
Zu bestimmen ist die Federkonstante einer
Schraubenfeder. Die
Feder sei eng gewikkelt (Steigungswinkel klein). Der
Durchmesser des
Federdrahtes sei
klein im Vergleich
zum Radius der
Wicklung.
Aus einem Schnitt an einer beliebigen Stelle
erhalten wir
Q = F , M T = aF .
Betrachten wir einen unendlich kleinen Ausschnitt ds der Feder. Durch seine Verdrehung
um den Winkel dθ entsteht eine Absenkung
des Zentrums eines Federringes um df = adθ .
Der
Torsionswinkel
ergibt
sich
aus
MT = G
θ
l
I p , wobei wir dθ statt θ und ds
dθ
Ip.
ds
Für den Torsionswinkel ergibt sich
M
dθ = T ds und für die Absenkung
GI p
M
df = adθ = a T ds .
GI p
Durch Integration über die Drahtlänge erhalten
wir für die gesamte Absenkung (Verschiebung
des unteren Federringes)
M
M
aF
f = ∫ a T ds = a T L = a
L,
GI p
GI p
GI p
wobei L die Gesamtlänge des Federdrahtes ist:
L ≈ 2π an :
aF
a3 F
f =a
2π an =
2π n
GI p
GI p
(n ist die Zahl der Windungen).
Für die Federsteifigkeit ergibt sich
statt l einsetzen: M T = G
π
G R4
GI p
F
GR 4
Gd 4
2
=
=
=
c= =
.
f 2π na 3 2π na 3 4na 3 64na 3
VII. Aufgabe. Zu bestimmen ist die maximale
Spannung in einer Schraubenfeder (gegeben:
G, n, a, d , F ).
M
2 M T 16 aF
.
Lösung. τ max = R T =
=
I p π R3
π d3
Zahlenbeispiel: Eine Feder aus einem Federstahl mit τ max = 200 MPa habe folgende geometrische Parameter: a = 1cm , d = 1mm ,
n = 10 . Wie groß ist die maximale zulässige
Kraft?
Lösung:
F=
πτ max d 3
16a
3,14 ⋅ 200 ⋅106 Pa⋅ (10−3 ) m 3
3
=
= 3.9 N
16 ⋅1 ⋅10 −2 m
(Das entspricht einem Gewicht mit der Masse
m ≈ 0, 4 kg ).
2
Mechanik I / Prof. Popov / Vorlesung 18.
Balkenbiegung.
Teil 2: Elastostatik
Literatur: Hauger, Schnell und Groß. Technische Mechanik 2 (Elastostatik), 4.1., 4.3
I. Biegemoment in einem gebogenen Balken.
Wird ein Balken gebogen, so wird das Material
auf der inneren Seite der Kurve gestaucht und
an der äußeren Seite gedehnt. Inzwischen muss
eine "neutrale Fläche" liegen, auf der das Material nicht gedehnt ist.
Bei einer reinen Biegung (unter der Wirkung
von Biegemomenten) stehen die Querschnitte
senkrecht zur Balkenachse (neutraler Faser).
Bei einer Biegung unter der Wirkung einer
Querkraft ist diese Bedingung für schlanke
Balken eine gute Näherung (BernoulliHypothese).
Wir betrachten ein infinitesimal kleines Element des Balkens, das vom Krümmungszentrum aus gesehen, das Winkelmaß θ hat. Diese wird in dünne Streifen parallel zur Balkenachse unterteilt. Für einen solchen Streifen mit
der Koordinate y (gemessen von der neutralen
Faser) kann man der Skizze folgende Zusammenhänge entnehmen:
Anfangslänge l0 = Rθ ,
Längenänderung ∆l = yθ .
Daraus ergibt sich für die Dehnung
∆l y
=
ε=
l0 R
Die Zugspannung
ergibt sich nach
dem Hookeschen
Gesetz zu
y
σ = Eε = E .
R
Die in dem Querschnitt wirkende
Gesamtkraft ist
E
(1)
N = ∫ dF = ∫ y d A .
R
Querschnitt
Das Moment einer einzelnen Kraft dF ist
gleich
E
dM z = − dF ⋅ Ny = − y 2 dA .
R
Hebelarm
Das Gesamtmoment
E
M z = ∫ dM z = − ∫ y 2 dA .
(2)
R
Aber: Wo liegt die neutrale Fläche? (Bisher
haben wir eine willkürliche Lage gewählt).
Die Lage der neutralen Fläche wird durch (1)
bestimmt. Bei einer reinen Biegung (ohne
Längskraft) gilt: N = 0 , d.h. ∫ ydA = 0 . Das
bedeutet, dass die neutrale Fläche durch den
Schwerpunkt des Querschnittes geht.
[Das folgt aus der Definition der Schwer∫ ydA ].
punktkoordinate y s =
∫ dA
Die Größe I z = ∫ y 2 dA nennt man Flächen-
trägheitsmoment des Querschnitts bezüglich
der z-Achse. Damit ergibt sich für das Biegemoment (2) die folgende Grundgleichung der
Balkentheorie
EI
Mz = − z
R
II. Elastische Biegelinie.
A. Ein bisschen Geometrie.
Bei einem
gebogenen
Balken kann
man in jedem
Punkt seinen
lokalen
Krümmungsradius definieren. Der Krümmungsradius lässt sich analytisch berechnen.
Zu diesem Zweck
untersuchen wir die
Drehung der Tangente zu einem
Kreis:
∆s
.
∆θ =
R
1 ∆θ
Daraus folgt, dass
=
. Bei nicht konR ∆s
1 dθ ( s )
stanten Krümmung =
.
R
ds
Für einen Balken mit der Biegelinie w( x ) gilt
1
θ ( x ) ≈ tanθ ( x ) =
dw( x )
= w′( x ) ,
dx
s≈x ⇒
1 dθ dθ
d ⎛ dw ⎞ d 2 w
=
≈
≈ ⎜
= w′′( x ) .
⎟=
R ds dx dx ⎝ dx ⎠ dx 2
Für das Biegemoment ergibt sich somit
EI
M z = − z = − EI z w′′( x )
R
"Balken-Gleichung"
III. Klassisches Beispiel: Biegung eines
Kragbalkens unter einer an seinem Ende
angreifenden Kraft.
Zunächst
machen wir
eine Freischnittskizze
und bestimmen den Verlauf der Schnittlasten:
Q=F,
M = − F (l − x ) .
Aus der Balkengleichung folgt
2
d w
M F (l − x )
=−
=
.
2
dx
EI
EI
Die erste Integration ergibt:
dw
F (l − x )
F ⎛
x2 ⎞
=
dx + C1 =
⎜ lx − ⎟ + C1 .
dx ∫ EI
EI ⎝
2⎠
Die zweite Integration ergibt:
⎡F ⎛
⎤
x2 ⎞
w = ∫ ⎢ ⎜ lx − ⎟ + C1 ⎥dx + C2 =
2⎠
⎣ EI ⎝
⎦
2
3
Fl x
F x
=
−
+ C1 x + C2
EI 2 EI 6
Randbedingungen:
Bei der Einspannung gilt:
w(0) = 0 , w′(0) = 0 .
Daraus folgt: C1 = 0 , C2 = 0 .
Biegelinie:
Fl x 2 F x 3
w( x ) =
−
EI 2 EI 6
Absenkung des Angriffspunktes der Kraft:
Fl 3
w( l ) =
.
3EI
Federsteifigkeit einer Blattfeder:
F
3EI
c=
= 3
w( l )
l
IV. Balken unter einer Streckenlast.
Bei einer kontinuierlich verteilten Kraft q( x )
gilt für das Biegemoment die Differentialgleichung für die Streckenlasten:
d 2 M ( x)
= − q( x ) .
dx 2
Die Balkengleichung lautet:
M ( x ) = − EI z w′′( x ) .
Indem wir diese Gleichung zweimal differenzieren und die Differentialgleichung für das
Moment verwenden, erhalten wir:
( EI z w′′( x ) )′′ = q( x )
(Balkendifferentialgleichung 4. Ordnung)
Für einen homogenen Balken vereinfacht sie
sich zu
EI z w IV ( x ) = q( x ) .
V. Flächenträgheitsmoment eines Balkens
mit einem quadratischen Querschnitt.
I = ∫ y dA =
2
=a
3 a/2
y
3
a/2
∫
−a / 2
= 2a
−a / 2
y 2 ady
a3
a4
=
3 ⋅ 8 12
Federsteifigkeit einer "Balkenfeder" mit einem
quadratischen Querschnitt:
c=
3EI Ea 4
= 3
l3
4l
2
Mechanik I / Prof. Popov / Vorlesung 19.
Flächenträgheitsmomente.
Teil 2: Elastostatik
Literatur: Hauger, Schnell und Groß. Technische Mechanik 2 (Elastostatik), 4.2.1., 4.2.2
I. Definitionen
Wir haben das Trägheitsmoment bezüglich der
z-Achse als Integral
I z = ∫ y 2 dA definiert.
Das Produkt EI z heißt
Biegesteifigkeit und bestimmt vollständig elastische Eigenschaften eines Balkens in Bezug auf
Biegung um die z-Achse.
Es ist bequem zunächst nicht
anzunehmen, daß das Koordinatensystem sein Ursprung
im Schwerpunkt des Querschnitts hat. Wir wählen ein
beliebiges
Koordinatensystem und definieren die folgenden vier Größen:
I z = ∫ y 2 dA
achsiale Trägheitsmomente
I y = ∫ z 2 dA
I zy = I yz = − ∫ yzdA
(Deviationsmoment)
(polares FläI p = ∫ ( y 2 + z 2 ) dA = ∫ r 2 dA chenträgheitsmoment)
II. Berechnung der Trägheitsmomente.
B1. Rechteck mit den Seiten a und b.
Bei der Biegung um die Achse z schneiden wir die Platte
in dünne Streifen senkrecht
zur y-Achse.
b/2
y3
I z = ∫ y dA = ∫ y ady = a
3
−b / 2
2
b/2
2
ab3
Iz =
,
12
ba 3
Iy =
.
12
⇒
−b / 2
b3
= 2a
3⋅8
2
⎛a⎞
=⎜ ⎟ .
Iz ⎝ b ⎠
Iy
B2. Kreisquerschnitt
I z = ∫ y 2 dA =
R
= 2 ∫ y 2 2 R 2 − y 2 dy
0
=
π /2
= 4 ∫ R sin ϕ cos ϕ dϕ
4
2
2
y = R sin ϕ
=
dy = R cos ϕ dϕ
π /2
=4
∫
R4
0
π /2
=
∫
1
1
(1 − cos 2ϕ ) (1 + cos 2ϕ ) dϕ
2
2
(
)
R 4 1 − cos 2 2ϕ dϕ
0
π /2
=
∫
0
=
1
2
⎛ 1
⎞
R 4 ⎜1 − (1 + cos 4ϕ ) ⎟ dϕ
⎝ 2
⎠
π /2
∫
R 4 dϕ −
0
1
2
π /2
∫
R 4 cos 4ϕ dϕ =
π R4
4
0
B3. Elliptischer Querschnitt
Eine Ellipse mit den Halbachsen a und b wird durch
y2 z2
die Gleichung 2 + 2 = 1
a
b
beschrieben. daraus folgt
z = b 1 − ( y / a ) . Für das
2
Flächenträgheitsmoment
ergibt sich:
R
I z = ∫ y dA = 2 ∫ y 2 2b 1 − ( y / a ) dy =
2
2
0
Analog dazu: I y =
π
π
4
ba 3 .
ab3 .
4
III. Tricks
Aus den Definitionen folgt:
I p = I y + Iz .
B4. Polares Flächenträgheitsmoment eines
Kreises
I p = ∫ r 2 dA ⇒
R
R
I p = ∫ r 2 2π rdr = 2π ∫ r 3 dr
0
0
4
4
R
R
=π
4
2
Andererseits wissen wir, dass
I p = I y + I z = 2I y .
= 2π
Daraus folgt I y = I z =
Ip
=
π R4
2
4
B5. Zu bestimmen ist das polare Flächenträgheitsmoment
einer Ellipse.
Lösung.
I p = I y + Iz =
π
4
.
(ba 3 + ab3 )
0
1
Ip =
π ab
I y = I y( S ) + zS 2 A
(a 2 + b 2 )
4
B6. Zu bestimmen ist das polare Flächenträgheitsmoment eines Rechtecks.
Lösung.
1
I p = I y + I z = (ba 3 + ab3 )
12
ab 2
=
(a + b 2 )
12
B7. Ein dünnwandiges Rohr.
I p = ∫ r 2 dA = R 2 A
= R 2 2π Rd = 2π R 3 d
I y = Iz =
Ip
2
= π R3d
I z = I z( S ) + y S 2 A
Steinerscher Satz
I yz = I z( S ) − y S zS A
B8.
2
bh3 ⎛ h ⎞
bh3
+ ⎜ ⎟ bh =
12 ⎝ 2 ⎠
3
3
hb
I y =
3
bh
b2 h2
.
I yz = 0 −
bh = −
22
4
I z =
V. Summierung der Trägheitsmomente
Ist ein Profil eine zusammengesetzte Figur, so
werden die Trägheitsmomente einzelner Teile
summiert:
N
I z = I z(1) + I z(2) + ... = ∑ I z( i )
IV. Parallelverschiebung der Bezugsachsen.
Der Satz von Steiner.
Betrachten wir die Trägheitsmomente I ( S )
eines Querschnitts bezüglich einer Achse, die
durch den
Schwerpunkt S
geht und Trägheitsmoment I
desselben Querschnitts bezüglich einer Achse
parallel dazu.
Die Koordinate
des Schwerpunkts im neuen Koordinatensystem seien y S
und zS . Zwischen den Koordinaten desselben
Punktes in zwei Koordinatensystemen besteht
folgender Zusammenhang:
y = y + y S , z = z + zS .
Für die Trägheitsmomente bezüglich des neuen
Koordinatensystems gilt:
2
I y = ∫ z 2 dA = ∫ ( z + zS ) dA
(
)
= ∫ z 2 + 2 zzS + zS 2 dA
= ∫ z 2 dA + ∫ 2 zzS dA + ∫ zS 2 dA
i =1
Ähnlich
I y = I
+ zS ∫ 2 zdA + zS A
2
N
i =1
i =1
Die zu addierenden Flächeträgheitsmomente
können auch negativ sein!
B9.
Iz =
Iz =
π
4
(R
4
2
− R14 )
(
1 4 4
a −b
12
(
)
)
1 4
4
a − ( a − 2h )
12
Für dünnwandige Profile
2
I z = a3h
3
Iz =
= I y( S ) + zS ∫ 2 zdA + zS 2 ∫ dA
(S )
y
N
I y = ∑ I y( i ) , I yz = ∑ I yz( i ) .
Iz ≈
dh3 h 2bt
+
12
2
2
Mechanik I / Prof. Popov / Vorlesung 20.
Teil 2: Elastostatik
Balkenbiegung: Biegelinie
Literatur: Hauger, Schnell und Groß. Technische Mechanik 2 (Elastostatik), 4.5.2
Die maximale Absenkung
I. Balkendifferentialgleichung 4. Ordnung.
wird im Endpunkt erreicht
Verlauf der
und ist gleich
neutralen Faq0l 2
q l4
1 2
1 2
w(l ) = EI ( 24 l − 6 l + 14 l 2 ) = 18 EI0 .
ser eines gebogenen BalBeispiel 2. Auch dieser Balken ist statisch bekens ("Biegestimmt gelagert. Dennoch ist es auch in diesem
linie") berechFall einfacher, die Gleichung (2) zu benutzen.
net sich entweder aus der Gleichung
Da die Streckenlast die(1)
EI z w′′( x ) = − M z ( x)
selbe ist, wie im Beispiel
1, ist auch die allgemeine
- wenn das Biegemoment als Funktion der KoLösung dieselbe. Der
ordinate im voraus bestimmt werden kann (d.h.
einzige Unterschied ist in Randbedingungen:
für statisch bestimmte Systeme) oder aus der
w(0) = 0 , w(l ) = 0 , M (0) = 0 ⇒ w′′(0) = 0 ,
Balkendifferentialgleichung 4. Ordnung
M (l ) = 0 ⇒ w′′(l ) = 0 .
(2)
( EI z w′′( x ) )′′ = q( x )
EIw(0) = C4 = 0 , EIw′′(0) = C2 = 0 ,
Diese Gleichung kann auch an statisch unbeEIw(l ) = 241 q0l 4 + 16 C1l 3 + C3l = 0 ,
stimmte Systeme angewandt werden. Die vier
Integrationkonstanten müssen aus vier RandEIw′′(l ) = 12 q0l 2 + C1l = 0 .
bedingungen bestimmt werden.
C1 = − 12 q0l , C3 = 241 q0l 3 .
II. Beispiele. Wir untersuchen drei gleiche
Die Biegelinie ist
Balken konstanten Biegesteifigkeit EI unter
w( x) = EI1 ( 241 q0 x 4 − 121 q0lx3 + 241 q0l 3 x )
konstanter Streckenlast q0 bei unterschiedli= 24q0EI ( x 4 − 2lx 3 + l 3 x )
cher Lagerung.
Beispiel 1. Dieser Kragbalken ist statisch beDie maximale Durchbiestimmt. Man könnte
gung wird in der Mitte
zunächst den Momenx = l / 2 erreicht und ist
tenverlauf berechnen
gleich
4
und dann die Gleiq0
3
5 q0l
1 4
1
1 3
w
(
l
/
2)
=
l
−
lx
+
l
x
=
.
(
)
24
16
4
2
384
EI
EI
chung (1) anwenden. In meisten Fällen ist es
aber einfacher, die Gleichung (2) zu benutzen:
EIwIV = q0 .
Ihre vierfache Integration ergibt:
EIw′′′ = −Q = q0 x + C1 ,
EIw′′ = − M = 12 q0 x 2 + C1 x + C2 ,
EIw′ = 16 q0 x3 + 12 C1 x 2 + C2 x + C3 ,
EIw = 241 q0 x 4 + 16 C1 x3 + 12 C2 x 2 + C3 x + C4 .
Die Randbedingungen lauten: w(0) = 0 ,
w′(0) = 0 , M (l ) = − EIw′′(l ) = 0 ,
Q(l ) = − EIw′′′(l ) = 0 .
Aus den ersten beiden folgt C3 = 0 , C4 = 0 .
Die letzten zwei Randbedingungen lauten
q0l + C1 = 0 ,
1
2
q0l 2 + C1l + C2 = 0 .
Daraus folgt C1 = − q0l , C2 = 12 q0l 2 .
Die Biegelinie ist somit
q0 x 2
w( x) = EI
( 241 x 2 − 16 lx + 14 l 2 ) .
Beispiel 3. Der unten abgebildete Balken ist
statisch unbestimmt gelagert. Schnittlasten
(unter anderem Biegemoment) können daher
nicht alleine aus den
Gleichgewichtsbedingungen berechnet werden.
Benutzung der Gleichung (2) ist in diesem Fall
der einzig mögliche Weg zur Berechnung der
Durchbiegung. Wir nehmen an, daß der Balken
in Abwesenheit der Streckenlast spannungsfrei
gelagert war.
Da die Streckenlast dieselbe ist, wie im Beispiel 1, ist auch die allgemeine Lösung dieselbe. Der einzige Unterschied ist in Randbedingungen:
w(0) = 0 , w′(0) = 0 , w(l ) = 0 ,
M (l ) = − EIw′′(l ) = 0 .
EIw(0) = C4 = 0 , EIw′(0) = C3 = 0 ,
EIw(l ) =
l2
2
(
1
12
q0l 2 + 13 C1l + C2 ) = 0 ,
EIw′′(l ) = 12 q0l 2 + C1l + C2 = 0 .
1
Aus den letzten beiden Gleichungen folgt
C1 = − 85 q0l , C2 = 18 q0l 2 .
Für die Biegelinie ergibt
sich somit
w( x) =
q0
EI
(
1
24
x 4 − 485 lx 3 + 161 l 2 x 2 ) .
Zusammen mit der Biegelinie haben wir auch
die Verläufe von w′( x) , dem Biegemoment
M ( x) = − 18 q0 ( 4 x 2 − 5lx + l 2 ) und der Quer-
kraft Q ( x) = − 18 q0 ( 8 x − 5l ) bestimmt. Daraus
lassen sich die Lagerreaktionen ablesen:
A = Q(0) = 85 q0l , B = −Q(l ) = 83 q0l ,
M ( A) = M (0) = − 18 q0l 2 .
Beispiel 4. Wir lösen jetzt noch einmal die
Aufgabe, die wir schon einmal durch Integration der Balkengleichung zweiter Ordnung gelöst haben.
Gegeben sei ein
links fest eingespannter Balken. An
seinem rechten Ende greift eine Kraft F an.
Zu bestimmen ist die Biegelinie und den Neigungswinkel im Angriffspunkt der Kraft.
Lösung: Auch in diesem Fall ist die oben erhaltene allgemeine Lösung korrekt, nur mit
q0 = 0 : EIwIV = 0 ,
EIw′′′ = −Q = C1 ,
EIw′′ = − M = C1 x + C2 ,
EIw′ = 12 C1 x 2 + C2 x + C3 ,
EIw = 16 C1 x 3 + 12 C2 x 2 + C3 x + C4 .
Die Randbedingungen sind fast wie im ersten
Beispiel: w(0) = 0 , w′(0) = 0 ,
M (l ) = − EIw′′(l ) = 0 ; nur für die Querkraft am
rechten Ende gilt jetzt Q(l ) = − EIw′′′(0) = F .
EIw(0) = C4 = 0 , EIw′(0) = C3 = 0 ,
EIw′′(l ) = C1l + C2 = 0 ,
EIw′′′ = −Q = C1 = − F .
Daraus folgt C2 = Fl . Für die Biegelinie ergibt
sich w( x) =
F
EI
(−
1
6
x 3 + 12 lx 2 ) und für den Nei-
gungswinkel (eigentlich Tangens des Neigungswinkels) w′( x) = EIF ( − 12 x 2 + lx ) . Die
Absenkung des Angriffspunktes der Kraft ist
3
gleich w(l ) = 3FlEI . Für den Neigungswinkel des
rechten Endes ergibt sich θ (l ) ≈ w′(l ) =
1 F
2 EI
l2 .
Beispiel 5. Biegelinie unter Wirkung eines
Momentes.
Die allgemeine Lösung lautet
EIw′′′ = −Q = C1 ,
EIw′′ = − M = C1 x + C2 ,
EIw′ = 12 C1 x 2 + C2 x + C3 ,
EIw = 16 C1 x 3 + 12 C2 x 2 + C3 x + C4 .
Die Randbedingungen lauten: w(0) = 0 ,
w′(0) = 0 , M (l ) = − EIw′′(l ) = M 0 ;
Q(l ) = − EIw′′′(0) = 0 . Daraus folgt:
EIw(0) = C4 = 0 , EIw′(0) = C3 = 0 ,
EIw′′(l ) = C1l + C2 = − M 0 ,
EIw′′′ = −Q = C1 = 0 .
1 M0 2
x .
Biegelinie ist eine Parabel: w( x) = −
2 EI
Beispiel 6. Auf einen links fest eingespannten
Balken wirkt eine linear
steigende Streckenlast.
Zu bestimmen ist die
Biegelinie.
Lösung: Die Balkendifferentialgleichung vierter Ordnung lautet EIwIV = q0 x / l .
Ihre vierfache Integration ergibt:
EIw′′′ = −Q = 12 q0 x 2 / l + C1 ,
EIw′′ = − M = 16 q0 x3 / l + C1 x + C2 ,
EIw′ =
1
24
q0 x 4 / l + 12 C1 x 2 + C2 x + C3 ,
1
EIw = 120
q0 x 5 / l + 16 C1 x 3 + 12 C2 x 2 + C3 x + C4 .
Die Randbedingungen lauten: w(0) = 0 ,
w′(0) = 0 , M (l ) = − EIw′′(l ) = 0 ,
Q(l ) = − EIw′′′(0) = 0 .
Aus den ersten beiden folgt C3 = 0 , C4 = 0 .
Die letzten zwei Randbedingungen lauten
EIw′′′(l ) = 12 q0l + C1 = 0 ,
EIw′′(l ) = 16 q0l 2 + C1l + C2 = 0 .
Daraus folgt C1 = − 12 q0l , C2 = 13 q0l 2 .
w( x) =
1
EI
(
1
120
q0 x5 / l − 121 q0lx3 + 16 q0l 2 x 2 ) .
Beispiel 7.
Die allgemeine Lösung:
w′ = 12 C1 x 2 + C2 x + C3
w = 16 C1 x3 + 12 C2 x 2 + C3 x + C4 .
Randbedingungen w(0) = 0 , w′(0) = 0 ,
w(l ) = −h , w′(l ) = 0 .
(
)
w( x) = h 2 ( x / l ) − 3 ( x / l ) .
3
2
2
Mechanik I / Prof. Popov / Vorlesung 21.
Teil 2: Elastostatik
Balkenbiegung: Heterogene und zusammengesetzte Systeme. Steifigkeiten.
Literatur: Hauger, Schnell und Groß. Technische Mechanik 2 (Elastostatik), 4.5.3, 4.5.4
I. Biegelinie eines Balkens mit veränderlicher Biegesteifigkeit.
Beispiel 1. Ein Flügel habe die unten gezeigte
Konstruktion und sei mit einer konstanten
Streckenlast belastet.
Das Flächenträgheitsmoment des
Querschnittes kann
als I ( x) = I 0 x 2 / l 2
geschrieben werden.
Die Biegedifferentialgleichung hat die Form ( EIw′′( x) )′′ = −q .
0
Ihre zweifache Integration unter Berücksichtigung der Randbedingungen ( EIw′′( x) )′
=0
x =0
und EIw′′( x) x =0 = 0 ergibt
EI 0 ( x / l ) w′′( x) = − 12 q0 x 2 oder
2
EI 0 w′′( x) = − 12 q0l 2 .
Weitere zwei Integrationen ergeben
EI 0 w′( x) = − 12 q0l 2 x + C3 ,
EI 0 w( x) = − 14 q0l 2 x 2 + C3 x + C4 .
Aus den Randbedingungen w(l ) = 0 und
w′(l ) = 0 folgt dann C3 = 12 q0l 3 , C4 = − 14 q0l 4 .
Die Biegelinie ist somit eine Parabel
2
q0l 2
w( x) = − 4 EI
(x −l) .
0
II. Übergangsbedingungen. In den folgenden
Fällen ist es manchmal vorteilhaft, den Balken
in mehrere Felder zu teilen und für jedes Feld
eine eigene Integration durchzuführen:
- Es gibt Sprünge im Querschnitt,
- Im Verlauf des Balkens greifen einzelne
(konzentrierte) Kräfte oder Momente an,
- Ein Balken ist aus mehreren Teilen zusammengesetzt, die gelenkig mit einander gekoppelt sind,
- ....
Beispiel 2. Als Beispiel betrachten wir das
unten abgebildete System bestehend aus zwei
gelenkig gekoppelten Balken gleicher Biegesteifigkeit EI, deren andere Enden fest eingespannt sind.
Wenn wir für
jeden "ganzen"
Balkenabschnitt eine
eigene Koordi-
natenachse wählen (wobei x1 = x − a ), so sind
die allgemeinen Lösungen für jeden Abschnitt
bereits bekannt. Für den linken Abschnitt gilt:
EIw′′′ = −Q = q0 x + C1 ,
EIw′′ = − M = 12 q0 x 2 + C1 x + C2 ,
EIw′ = 16 q0 x 3 + 12 C1 x 2 + C2 x + C3 ,
EIw = 241 q0 x 4 + 16 C1 x 3 + 12 C2 x 2 + C3 x + C4 .
Für den rechten Abschnitt:
EIw′′′ = −Q = B1 ,
EIw′′ = − M = B1 ( x − a ) + B2 ,
EIw′ = 12 B1 ( x − a ) + B2 ( x − a ) + B3 ,
2
EIw = 16 B1 ( x − a ) + 12 B2 ( x − a ) + B3 ( x − a ) + B4
3
2
Aus den vier Randbedingungen: w(0) = 0 ,
w′(0) = 0 , w(2a) = 0 , w′(2a) = 0 und vier
Übergangsbedingungen: w(a )links = w(a ) rechts ,
EIw′′(a)links = 0 , EIw′′(a) rechts = 0 ,
EIw′′′(a)links = EIw′′′(a) rechts folgt dann
13
C1 = − 16
q0 a , C2 = 165 q0 a 2 , C3 = 0 , C4 = 0 ,
B1 = 163 q0 a , B2 = 0 , B3 = − 323 q0 a 3 ,
B4 = 161 q0 a 4 .
Insbesondere für die Absenkung des Gelenkes
4
4
0a
ergibt sich w(a ) = qEI
( 241 − 613⋅16 + 12 165 ) = 161 qEI0a .
III. Superposition. Bei Mehrfeldproblemen ist
es oft einfacher das Superpositionsprinzip zu
benutzen.
Beispiel 3. Als Beispiel betrachten wir den
neben stehend gezeigten
Kragbalken. Zu bestimmen ist die Biegelinie.
Lösung: Die gegebene
Belastung ist eine Superposition aus einer konstanten Streckenlast und einer Kraft − F . Die
Biegelinien für die beiden Belastungen alleine
sind bereits bekannt:
2
0x
Erste: w1 ( x) = qEI
( 241 x2 − 16 lx + 14 l 2 ) ,
Zweite: w2 ( x) = − EIF ( − 16 x 3 + 12 lx 2 ) .
Bei der gesamten Belastung gilt das Superpositionsprinzip: w( x) = w1 ( x) + w2 ( x) .
Man kann z.B. eine Kraft wählen, bei der sich
das rechte Ende nicht verschiebt:
4
3
w(l ) = 18 qEI0l − 3FlEI = 0 . Daraus ergibt sich
1
F = 83 q0l . Das ist das richtige Ergebnis für die
Lagerkraft im Beispiel 3 der vorigen Vorlesung.
Die Aufgabe aus dem Beispiel 2 kann man
auch mit Hilfe des Superpositionsprinzips lösen. Ein Schnitt
am Gelenk zeigt
die in diesem
Gelenk auf den
linken und rechten Teil des Systems wirkenden
Kräfte. Die Absenkung des linken Balkens ist
gleich
4
3
Qa3
w− (a) = q80EIa + Qa
3 EI , des rechten w+ ( a ) = − 3 EI .
Da die beiden gekoppelt und daher gleich sein
4
3
Qa3
müssen, folgt daraus q80EIa + Qa
3 EI = − 3 EI . Daraus
bekommen wir die noch unbekannte Querkraft
q0 a
Q = − 316
. Die Absenkung des Gelenks ist
4
somit gleich w+ (a) = − 16q0 aEI , was wir vorher
durch direkte Integration und Übergangsbedingungen erhalten haben.
IV. Steifigkeiten. Ist bei einem zusammengesetzten System nur Verschiebung des Angriffspunktes einer Kraft vom Interesse, so
kann unter bestimmten Voraussetzungen die
Benutzung des Begriffes Federsteifigkeit Berechnungen sehr stark vereinfachen.
Verursacht eine Kraft F eine Verschiebung w
des Angriffspunktes in ihrer Wirkungsrichtung, so gilt F = cw , wobei c - die Federsteifigkeit ist. Für einen Stab, der in Richtung seiEA
. Für
ner Achse belastet wird, gilt cStab =
l
einen Kragbalken der Länge l, der Am Ende
mit der Querkraft F belastet wird, gilt
3EI
cBlattfeder = 3 . Werden mehrere Federn mit
l
Steifigkeiten c1 , c2 , ... parallel
angeordnet, so summieren
sich die Steifigkeiten:
c = c1 + c2 + ... .
Beispiel 4. Betrachten wir das unten abgebildete System bestehend aus zwei gelenkig gekoppelten Balken
gleicher Biegesteifigkeit EI, deren
andere Enden fest
eingespannt sind.
Zu bestimmen ist die Absenkung des Angriffspunktes der Kraft. Der erste Lösungsweg ist,
die Balkendifferentialgleichung für beide Felder zu integrieren und die 8 Rand- und Übergangsbedingungen zu benutzen. Viel einfacher
ist es aber zu bemerken, daß das gezeigte System zwei parallel angeordnete Blattfeder mit
3EI
den Federsteifigkeiten c1 = 3 und
a
3EI
c2 =
darstellt. Die Gleichgewichtsbe3
( 2a )
dingung für das Gelenk lautet somit
27 EI
F = F1 + F2 = c1w + c2 w =
w.
8a 3
8a 3 F
.
Für die Verschiebung erhalten wir w =
27 EI
Beispiel 5. Ein links fest eingespannten Balken
ist rechts mit einem elastischen Pendelstab
gestützt und mit einer Kraft F belastet. Zu
bestimmen ist die Absenkung des Angriffspunktes der Kraft.
Lösung. Das System besteht aus parallel angeordneter Blattfeder mit der Steifigkeit
3EI
c1 = 3 und einem Stab mit der Steifigkeit
l1
EA
c2 =
. Die Gleichgewichtbedingung für den
l2
Knoten lautet
⎛ 3EI EA ⎞
F = F1 + F2 = c1w + c2 w = ⎜ 3 +
⎟w.
l2 ⎠
⎝ l1
Daraus folgt für die Absenkung
F
w=
.
3
( 3EI / l1 + EA / l2 )
V. Drehsteifigkeit einer Blattfeder.
Für die Biegelinie eines Balkens unter Wirkung eines Momentes M 0 haben wir gefunden:
1 M0 2
w( x) = −
x .
2 EI
Das Verhältnis des
Momentes zum Drehwinkel
M
θ (l ) ≈ w′(l ) = 0 l ist die Drehsteifigkeit
EI
k = EI / l .
2
Mechanik I / Prof. Popov / Vorlesung 22.
Hauptträgheitsachsen und Hauptträgheitsmomente. Schiefe Biegung.
Teil 2: Elastostatik
Literatur: Hauger, Schnell und Groß. Technische Mechanik 2 (Elastostatik), 4.2.3, 4.7
I. Drehung des Bezugssystems. Betrachten
wir zwei Koordinatensysteme
( y, z ) und
(η , ζ ) . Das
zweite sei relativ zum ersten
um den Winkel
ϕ gedreht.
G G G G
Wir führen 4 Einheitsvektoren ey , ez , eη , eζ
entlang entsprechender Achsen. Betrachten wir
G
einen Punkt (Radiusvektor r ) mit den kartesischen Koordinaten y, z.
Eine geometrische Hilfsaufgabe: Zu bestimmen sind die kartesischen Koordinaten η , ζ
im "gedrehten" Koordinatensystem.
Der Radiusvektor kann in der folgenden Form
G
G
G
dargestellt werden: r = yey + zez . Koordinaten
η , ζ können als Skalarprodukte berechnet
werden:
G G
G
G G
η = r ⋅ eη = ( yey + zez ) ⋅ eη ,
G G
G
G G
ζ = r ⋅ eζ = ( yey + zez ) ⋅ eζ .
Für Skalarprodukte der Einheitsvektoren gilt:
G G
G G
ey ⋅ eη = cos ϕ , ez ⋅ eη = sin ϕ
G G
G G
ey ⋅ eζ = − sin ϕ , ez ⋅ eζ = cos ϕ
η , ζ berechnen sich somit zu
η = y cos ϕ + z sin ϕ
ζ = − y sin ϕ + z cos ϕ
Für die Trägheitsmomente bezüglich η , ζ gilt
----------------------------------------------------2
Iη = ∫ ζ 2dA = ∫ ( − y sin ϕ + z cos ϕ ) dA
= sin 2 ϕ ∫ y 2dA + cos2 ϕ ∫ z 2dA − 2sin ϕ cos ϕ ∫ yzdA
I z sin 2 ϕ + I y cos2 ϕ + 2I yz sin ϕ cos ϕ
------------------------------------------------------2
Iζ = ∫ η 2 dA = ∫ ( y cos ϕ + z sin ϕ ) dA
= cos 2 ϕ ∫ y 2 dA + sin 2 ϕ ∫ z 2 dA + 2sin ϕ cos ϕ ∫ yzdA
I z cos 2 ϕ + I y sin 2 ϕ − 2 I yz sin ϕ cos ϕ
-----------------------------------------------------Iηζ = − ∫ ηζ dA
= − ∫ ( − y sin ϕ + z cos ϕ )( y cos ϕ + z sin ϕ ) dA
= sin ϕ cos ϕ ∫ y 2 dA − sin ϕ cos ϕ ∫ z 2 dA
(
+ sin 2 ϕ − cos 2 ϕ
) ∫ yzdA =
(
)
= I z sin ϕ cos ϕ − I y sin ϕ cos ϕ + 2I yz cos2 ϕ − sin 2 ϕ
-----------------------------------------------------Diese Gleichungen können unter Berücksichtigung der trigonometrischen Gleichungen
1
1
sin 2 ϕ = (1 − cos 2ϕ ) , cos 2 ϕ = (1 + cos 2ϕ ) ,
2
2
2sin ϕ cos ϕ = sin 2ϕ
wie folgt umgeschrieben werden
Iη = 12 ( I y + I z ) + 12 ( I y − I z ) cos 2ϕ + I yz sin 2ϕ
Iζ =
1
2
(I
y
+ I z ) − 12 ( I y − I z ) cos 2ϕ − I yz sin 2ϕ
Iηζ = − 12 ( I y − I z ) sin 2ϕ + I yz cos 2ϕ
II. Invarianten
2
Iη + Iζ = I y + I z = I p und ⎡⎢ 14 ( Iη − Iζ ) + Iηζ2 ⎤⎥
⎣
⎦
III. Hauptträgheitsachsen und Hauptträgheitsmomente. Bei einem beliebigen Querschnitt kann man die Achsen immer um einen
Winkel ϕ * so drehen, daß das Deviationsmoment verschwindet:
Iηζ = − 12 ( I y − I z ) sin 2ϕ * + I yz cos 2ϕ * = 0 ⇒
2 I yz
sin 2ϕ *
.
= tan 2ϕ * =
cos 2ϕ *
(I y − Iz )
(1)
Gleichzeitig nehmen die axialen Trägheitsmomente extremale Werte an:
∂Iη
∂ϕ
= − ( I y − I z ) sin 2ϕ + 2 I yz cos 2ϕ = 0
Da tan 2ϕ * = tan 2 (ϕ * +π / 2 ) , hat die Gleichung (1) immer zwei Lösungen. Die entsprechenden Achsen stehen senkrecht zu einander
und heißen Hauptträgheitsachsen. Die zugehörigen axialen Trägheitsmomente heißen
Hauptträgheitsmomente.
2
1⎡
⎤
I1,2 = ⎢( I y + I z ) ± ( I y − I z ) + 4 I yz2 ⎥ .
2⎣
⎦
Zwei Balken mit gleichen Hauptträgheitsmomenten haben identische elastische Eigenschaften. Ein Balken mit einem beliebigen
Querschnitt kann daher immer äquivalent
durch einen Balken mit einem symmetrischen
Querschnitt ersetzt werden.
Beispiel 1. Zu bestimmen sind
die Trägheitsachsen und Trägheitsmomente des gezeigten
dünnwandigen, rechtwinkligen
Profils.
1
Lösung: Symmetrieachsen sind immer Hauptträgheitsachsen. Da dies eine symmetrische
Figur ist, bestimmen
sich die Hauptachsen
leicht. Der Schwerpunkt
liegt auf der Verbindungslinie der Schwerpunkt beider Leisten.
Die Flächenträgheitsmomente sind gleich:
bezüglich der z-Achse
I z = I1 = 2
(
t 2 a/ 2
)
12
bezüglich der y-Achse
I y = I2 =
(
t 2 a 2
)
3
=
ta 3
,
12
ta 3
.
=
3
Iy =
12
3
2
8
+ 2taa 2 = ta 3 , I z = ta 3 ,
3
3
I yz = − ∫ yzdA = 2 ∫ aytdy = −ta 3 .
Die Lage der Hauptträgheitsachsen wird durch
den Winkel ϕ * gegeben:
−2ta 3
= −1
⎛8 3 2 3⎞
⎜ ta − ta ⎟
3 ⎠
⎝3
Daraus folgt 2ϕ * = −45° ,
ϕ * = −22,5° .
Die Hauptträgheitsmomente sind
1⎡
( I y + Iz ) ±
2 ⎢⎣
(I
y
y
+ I z ) − 12 ( I y − I z ) cos 2ϕ
Iηζ = − 12 ( I y − I z ) sin 2ϕ .
Sind die beiden Hauptträgheitsmomente
gleich, so hängen sie vom Winkel nicht ab, und
das Deviationsmoment ist immer Null.
ab3
ba 3
, Iz =
. Gebe es nur
12
12
die vertikale Kraftkomponente, würde sich der
F l 3 Fl 3 cos α
verAngriffspunkt um wz = z =
3EI y
3EI y
schieben. Gebe es nur die horizontale Kraftkomponente, würde sich der Angriffspunkt um
F l 3 Fl 3 sin α
verschieben. Bei Anwy = y =
3EI z
3EI z
wesenheit beider Kraftkomponenten ist der
Verschiebungsvektor durch Superpositionsprinzip gegeben:
G ⎛ Fl 3 sin α Fl 3 cos α ⎞ 4 Fl 3 ⎛ sin α cos α ⎞
sind gleich I y =
−a
I1,2 =
(I
Fz = F cos α . Die Flächenträgheitsmomente
0
tan 2ϕ * =
1
2
V. Schiefe Biegung.
Ein links fest eingespannter Balken mit rechteckigem Querschnitt (Seiten a und b) wird am
G
rechten Ende mit einer Kraft F unter Winkel
α zur Vertikalen belastet. Zu bestimmen ist
der Betrag
α
und die Richtung der Verschiebung des
Angriffspunktes der Kraft.
Lösung: Kartesische Komponenten der Kraft
G
F = ( Fy , Fz ) sind gleich Fy = F sin α ,
Beispiel 2. Zu bestimmen
sind die Trägheitsachsen
und Trägheitsmomente des
gezeigten dünnwandigen
Profils.
Lösung: Der Schwerpunkt
liegt im Symmetriezentrum
des Profils. Die Trägheitsmomente bezüglich der
Achsen y und z sind:
t ( 2a )
Iζ =
Beispiel: Balken mit den
folgenden zwei Profilen
haben gleiche Steifigkeit.
3
12
IV. Transformation vom Hauptträgheitsachsensystem. Ist das ursprüngliche Bezugssystem das Hauptträgheitsachsensystem, so
sehen die Transformationen wie folgt aus:
Iη = 12 ( I y + I z ) + 12 ( I y − I z ) cos 2ϕ
2
⎤
− I z ) + 4 I yz2 ⎥ =
⎦
2
1 ⎡⎛ 8
2 ⎞
2 ⎞
⎛8
= ⎢⎜ ta 3 + ta 3 ⎟ ± ⎜ ta 3 − ta 3 ⎟ + 4 ta 3
2 ⎢⎝ 3
3 ⎠
3 ⎠
⎝3
⎣
⎧ 3, 08 ⎫ 3
= 12 ta 3 ⎡ 103 ± 22 + 4 ⎤ = 53 ± 2 = ⎨
⎬ ta
⎣
⎦
⎩0, 25⎭
( )
2
Das größere Trägheitsmoment ist hier ca. 12
Mal größer als das kleinere.
⎤
⎥
⎥
⎦
w=⎜
⎜
⎝
3EI z
,
⎟⎟ =
⎜ 2 , 2 ⎟
b ⎠
⎠ Eab ⎝ a
3EI y
Die Verschiebungslinie bildet mit der Vertika2
len den Winkel θ : tan θ = ba2 tan α .
Der Betrag der Verschiebung ist gleich
G 4 Fl 3 sin 2 α cos 2 α
.
+
w=
4
4
Eab
a
b
2
Mechanik I / Prof. Popov / Vorlesung 23.
Spannungen im gebogenen Balken. Biegung und Längskraft.
Teil 2: Elastostatik
Literatur: Hauger, Schnell und Groß. Technische Mechanik 2 (Elastostatik), 4.4., 4.8
I. Spannungsverteilung im Balken
Bei der Herleitung der Balkengleichung haben
wir festgestellt, dass die Zugspannungen im
y
Balken gleich σ = Eε = E
sind, wobei y
R
eine Koordinate senkrecht zur Balkenachse,
gezählt von der neutralen Fläche, ist. Andererseits folgt aus der Balkengleichung
EI
M
1
M z = − z . Daraus folgt = − z und
R
EI z
R
M
σ =− z y.
Iz
Maximale Spannung wird erreicht in den
Punkten, die am weitesten von der neutralen
Fläche liegen. Wenn der maximale Abstand
von der neutralen Fläche ymax ist, so ist die
maximale Spannung gleich
M
M
σ max = z ymax = z .
Iz
W
Die Größe W = I z / ymax
heißt das Wider-
standsmoment.
Beispiel 1. Ein Rohr ( Ra = 5cm , Ri = 4 cm ,
l = 3m ) ist links eingespannt. Wir groß darf
die am anderen Ende angreifende Kraft F sein,
damit die zulässige Spannung den Wert
σ zul = 150 MPa nicht überschreitet?
Lösung. Das maximale Biegemoment wirkt an
der Einspannstelle und ist gleich
M max = lF . Die maximale Spannung
M max
muss die Bedingung
W
lF
σ max = ≤ σ zul erfüllen, wobei
W
π ( Ra4 − Ri4 )
I
W= z =
= 5,8 ⋅10−5 m3 .
ymax
4 Ra
Daraus folgt
W σ zul 5,8 ⋅10−5 m3 ⋅150 ⋅106 N/m 2
=
F≤
3m
l
3
= 2,9 ⋅10 N
σ max =
Beispiel 2. Ein dünnwandiger Kastenträger
(konstante Wandstärke t = 15 mm , Länge
L = 10 m ) soll die Last F = 200 kN tragen.
Wie groß muss die Seitelänge mindestens sein,
damit die zulässige Spannung σ zul = 200 MPa
nicht
überschritten
wird?
Ist ein Balken beidseitig gelenkig gelagert, so
tritt das größte Biegemoment im Angriffspunkt
2
der Kraft auf. Es ist gleich M max = lF . Das
9
Trägheitsmoment des dünnwandigen Quer2
schnitts ist I = c3t . Das Widerstandsmo3
I
(2 / 3)c 3t 4 2
ment ist somit W =
=
= tc .
ymax
c/2
3
Die geforderte Bedingung lautet:
M
lF
σ max = max ≤ σ zul oder
≤ σ zul . ⇒
W
6tc 2
lF
c≥
= 0,333m
6tσ zul
II. Was passiert, wenn die kritische Spannung überschritten wird?
Das reale Spannungs-Dehnungs-Diagramm
eines metallischen Werkstoffs (links) wird oft
näherungsweise durch das Modell eines "elastisch-ideal plastischen" Mediums ersetzt.
Nach diesem Modell steigt die Spannung zunächst linear nach dem Hookeschen Gesetz.
Nach Erreichen einer Kritischen Spannung σ pl
ändert sich die Spannung
bei weiterer Deformation
nicht mehr. Im elastischen
Bereich ist die Spannung
gleich σ = Ey / R .
Sie erreicht ihr Maximum
bei y = ± h / 2 . Danach ändert sie sich nicht
mehr (s. nebenstehende Skizze). Der kritische
1
Zustand, wo das gesamte Balkenvolumen plastisch deformiert ist, ist auf der nächsten Skizze gezeigt. Das in diesem Zustand wirkende
Die Lage der neutralen Fläche bestimmt sich
M
M
N
aus der Forderung σ = y z − z y + = 0 .
Iy
Iz
A
Ist N = 0 , so ist das eine Gerade z =
MzIy
M yIz
y
durch den Koordinatenursprung (Schwerpunkt
des Querschnitts). Ist N ≠ 0 , so ist das eine
verschobene Gerade z =
Moment berechnet sich zu
h/2
h/2
0
0
M p = ∫ ydF = ∫ yσ dA = 2 ∫ yσ pl dA = 2 ∫ yσ pl bdy
2
1⎛h⎞
1
M p = 2σ pl b ⎜ ⎟ = σ pl bh 2 .
2⎝2⎠
4
Zum Vergleich berechnen wir das Kraftmoment im Zustand, wo die Spannung erst an
einem einzigen Punkt den kritischen Wert erreicht hat.
h/2
h/2
yσ pl
M c = ∫ yσ el dA = 2 ∫ y
dA = 4 ∫ y 2σ pl bdy
0
h/2
0
1
M c = σ pl bh 2 .
6
Wir sehen, dass M p = 1,5M c . Es gibt also
zwei kritische Beigemomente:
M c ("elastisches Versagen").
M p ("plastisches Versagen").
III. Biegung und Längskraft.
Betrachten wir wieder einen Balken
mit einem symmetrischen Profil.
Wird er mit einem Kraftmoment
M y belastet, so wird die Span-
nungsverteilung im Querschnitt durch
M
σ = y z gegeben. Bei einer Belastung mit
Iy
einem Kraftmoment M z ist die SpannungsverM
teilung σ = − z y . Ist er mit einer NormalIz
kraft N belastet (in axialer Richtung), so ist die
Zugspannung im Querschnitt homogen und
N
gleich σ = . Wirken gleichzeitig beide MoA
mente und Normalkraft, so erhält man die
Spannung als Summe von drei o.g. Beiträgen
(Superpositionsprinzip):
M
M
N
σ = y z− z y+
Iy
Iz
A
MzIy
M yIz
y − M y yA .
NI
Beispiel 3. Proben mit symmetrischer und
nicht symmetrischer Verjüngung.
Zu vergleichen sind die
maximalen Zugspannungen, die im Querschnitt
von nebenstehend skizzierten Proben wirken.
Lösung: Die rechte Probe
ist symmetrisch beansprucht, so daß nur reine
homogene Zugspannung
vorliegt und die Spannung sich einfach als
Verhältnis der Kraft zur
Querschnittsfläche berechts
= F / ah .
rechnet: σ max
Die linke Probe dagegen ist nicht symmetrisch
beansprucht. Bezüglich des Schwerpunkts des
G
verjüngten Querschnitts hat die Kraft F ein
Moment: M y = Fa / 4 . Die Spannungen im
Querschnitt setzen sich daher zusammen aus
G
den Zugspannungen durch Kraft F und Zugspannungen durch Biegung mit dem Moment
M y = Fa / 4 . Die letzten erreichen ihr Maximum an der Oberfläche der Probe (im Abstand
3
4 a vom Schwerpunkt des Querschnitts). Die
maximale Spannung ist daher gleich
M
2F
12 Fa 3
F
links
σ max
= 3 + y 34 a =
+
a=
3ah 4h ( 32 a )3 4
Iy
2 ah
2F 2F
4F
+
=
3ah 3ah 3ah
Sie ist trotz des größeren Querschnitts größer
als beim symmetrischen Ausschnitt.
=
IV. Riemen als Balken. Auch Objekte, die
keinen Druck aushalten,
können als Balken bahandelt
werden, wenn sie so gespannt sind, daß an keinem
Punkt Druckspannungen
wirken.
2
Mechanik I / Prof. Popov / Vorlesung 24.
Teil 2: Elastostatik
Außermittiger Zug/Druck. Querschnittskern. Einfluß des Schubes. Spannungstensor
Literatur: Hauger, Schnell und Groß. Technische Mechanik 2 (Elastostatik), 4.9, 4.6.2, 1.1, 2.1, 2.2
I. Außermittiger Zug (Druck).
Wir betrachten eine
Säule unter einer exzentrischen Druckkraft
F. Die Kraft erzeugt
sowohl eine Dehnung
in der Achsenrichtung
als auch Biegemomente um die Achsen y und z: M z = + FyF ,
M y = − FzF , N = − F . Die Lage der neutralen
Fläche wird gegeben durch
z
y
1
FzF
Fy
F
z+ F y+ =0, F z+ F y+ =0
Iy
Iz
A
Iy
Iz
A
Ein bißchen analytische Geometrie.
Gleichung einer Geraden ay + bz + c = 0
kann in der Form
y / y0 + z / z0 = 1 geschrieben werden mit
y 0 = − c / a , z0 = − c / b .
Der Abstand vom Koordinatenursprung zur
Geraden ist gleich
OS =
c
a +b
2
2
=
1
1
1
+ 2
2
y0 z0
=
2
⎞ ⎛ yF ⎞
⎟⎟ + ⎜ ⎟
⎠ ⎝ Iz ⎠
2bh3
h
=−
= − , yF = 0 .
⇒ zF = −
2
Ah
12bh
6
2) z0 = ∞ , y0 = −b / 2 ⇒ zF = 0 , yF = b / 6 .
3) z0 = −h / 2 , y0 = ∞ ⇒ zF = h / 6 , yF = 0 .
4) z0 = ∞ , y0 = b / 2 ⇒ zF = 0 , yF = −b / 6 .
Für eine beliebige Gerade, die durch eine Ecke
1 geht, ist z0 = h / 2 , y0 = b / 2 . Die Gleichung
zF
y
1
z0 + F y0 + = 0 stellt eine Gerade auf
Iy
Iz
A
2I y
der Ebene ( zF , yF ) dar. Der Querschnittskern
hat somit die Form eines Rhombus.
1/ A
⎛ zF
⎜⎜
⎝ Iy
auslassen. Die Gleichung der Nullinie
zF
y
1
z + F y + = 0 reduziert sich auf
Iy
Iz
A
h
zF
z h 1
1
z + = 0 mit z = z0 = ⇒ F + = 0
2
Iy
A
Iy 2 A
2
Damit die gesamte Fläche auf Druck beansprucht wird, muss die neutrale Fläche außerhalb des Querschnitts liegen. Die Gesamtheit
aller Angriffspunkte der Kraft, für die diese
Bedingung erfüllt ist, heißt Querschnittskern.
Beispiel 1. Kern eines runden Querschnitts.
1/ π a 2
OS =
≥a ⇒
2
⎛ zF ⎞
⎜ 4 ⎟
⎝πa /4⎠
z F ≤ a / 4 . Radius des Kerns ist a / 4 .
Beispiel 2. Kern eines Rechteckquerschnitts.
Betrachten wir
zunächst als
Nullinien die
Seiten des
Querschnitts:
1) z0 = h / 2 ,
y0 = ∞ Das bedeutet, daß wir in der Gleichung
der Nullinie y / y0 + z / z0 = 1 den Term mit y
II. Einfluß des Schubes. Bei einer Belastung
durch eine Querkraft ist die Durchbiegung
durch zwei Deformationsarten verursacht: (a)
"reine Biegung" unter Wirkung eines Momentes und (b) eine
Scherung durch
die Querkraft.
Zum Beispiel,
bei einem Kragbalken ist die
Absenkung des
Angriffspunktes
durch Biegung
gleich
3
Fl
wBiegung =
. Die Absenkung durch Schub
3EI
F
. Die gesamte
ist gleich wSchub = lγ = l
AG
Fl 3
Fl
Durchbiegung ist gleich w =
.
+
3EI AG
Beispiel 3. Rohr. Zu bestimmen ist das Verhältnis der Schub- und Biegebeiträge in die Absenkung
eines Kragbalkens mit einem
dünnwandigen runden Querschnitt.
Lösung: Das gesuchte Verhältnis ist gleich
wSchub
Fl 3EI
. Unter Berücksichtigung
=
wBiegung AG Fl 3
1
der Gleichungen A = 2π Rt , I = π R 3t und
E = 2(1 +ν )G erhalten wir
2
wSchub
3 E R2
R2 ⎛ 2R ⎞
=
= 3(1 + ν ) 2 ≈ ⎜
⎟ .
wBiegung 2 G l 2
l
⎝ l ⎠
Die Beiträge werden gleich, wenn der Durchmesser des Rohres gleich seiner Länge ist. Für
l = 6 R beträgt der Schubbeitrag ca. 10%, bei
l = 20 R nur 1%.
III. Spannungen bei einachsiger Dehnung.
Betrachten wir einen
axial mit einer Kraft F
belasteten Stab. Wir
machen einen Schnitt
senkrecht zur Achse.
Die einzige Schnittgröße ist in diesem Fall die
Normalkraft N = F . Im Schnitt wirkt eine
Zugspannung σ = F / A , die wir als σ 0 bezeichnen.
Machen wir jetzt bei
demselben Stab einen
schrägen Schnitt
(Neigungswinkel ϕ ),
so wirkt im Schnitt
natürlich immer noch
dieselbe axiale Kraft.
Sie kann aber jetzt in
eine Komponente
senkrecht zum Schnitt und eine parallel dazu
zerlegt werden. Die Gleichgewichtsbedingungen lauten:
→: σ A *cos ϕ + τ A *sin ϕ − F = 0 ,
↑: σ A *sin ϕ − τ A *cos ϕ = 0 .
oder
σ + τ tan ϕ = F / A , σ tan ϕ − τ = 0 .
Daraus folgt
F tan ϕ
F
F
sin 2ϕ
τ=
= sin ϕ cos ϕ =
2
A 1 + tan ϕ A
2A
F
1
F
F
σ=
= cos 2 ϕ =
(1 + cos 2ϕ )
2
A 1 + tan ϕ A
2A
oder
σ0
σ0
(1 + cos 2ϕ )
2
2
Tangentialspannungen erreichen ein Maximum
bei ϕ = π / 4 . In vielen metallischen Stoffen
beginnt plastische Deformation durch Gleiten
in Richtung maximaler Schubspannungen (45°
zur Zugachse). Bei solchen Stoffen hängen die
τ=
sin 2ϕ , σ =
(Photo eines kleinen gedehnten Kupferkristalls)
IV. Spannungstensor.
Den Spannungszustand eines Mediums charakterisiert man, indem man im gegebenen Punkt verschiedene Schnitte macht und die dort wirkenden
Spannungen untersucht. Betrachten wir die drei
Schnitte senkrecht zu den x, y und z- Achsen. Diese Schnittspannungen
werden mit zwei Indizes gekennzeichnet,
von denen der erste
den Normalvektor
zum Schnitt angibt
und der zweite die
Richtung der im
Schnitt wirkenden Kraftkomponente. Insgesamt
gibt es 9 Spannungskomponenten, die man in einer
Tabelle anordnen kann:
⎛ σ xx σ xy σ xz ⎞
⎜
⎟
σˆ = ⎜ σ yx σ yy σ yz ⎟ .
⎜ σ zx σ zy σ zz ⎟
⎝
⎠
Diese Matrix heißt Spannungstensor.
Oft wird auch die folgende Bezeichnung benutzt:
⎛ σ x τ xy τ xz ⎞
⎜
⎟
σˆ = ⎜τ yx σ y τ yz ⎟ .
⎜ τ zx τ zy σ z ⎟
⎝
⎠
V. Symmetrie des Spannungstensors.
Untersuchen wir das
Momentengleichgewicht für ein infinitesimal kleines
Volumenelement
mit Abmessungen
dx , dy und dz um
eine zur x-Achse
parallele Achse (bezüglich des Mittelpunktes):
dy
dz
2 τ yz dxdz − 2 τ zy dxdy = 0 ⇒ τ yz = τ zy .
2
2
τ xy = τ yx , τ xz = τ zx , τ yz = τ zy
Es gibt somit nur 6 unabhängige Komponenten
des Spannungstensors.
Fließgrenzen beim Schub und beim Zug wie folgt
zusammen: σ 0,c = 2τ c .
2
Mechanik I / Prof. Popov / Vorlesung 25.
Teil 2: Elastostatik
Ebener Spannungszustand. Hauptachsen und Hauptspannungen. Moorscher Spannungskreis.
Literatur: Hauger, Schnell und Groß. Technische Mechanik 2 (Elastostatik), 2.2., 2.2.1, 2.2.2, 2.2.3, 2.2.4
I. Ebener Spannungszustand
Betrachten wir eine homogene Platte, die nur
in ihrer Ebene beansprucht wird (bleibt also
auch im deformierten
Zustand eben). Alle
Kräfte an ihren Flächen
sind Null. Das bedeutet, dass τ zx = τ zy = σ z = 0 .
Aus
der
Symmetrieeigenschaft
τ xz = τ yz = 0 :
⎛ σ x τ xy 0 ⎞
σˆ = ⎜⎜τ xy σ y
.
⎜ 0
⎝
0
folgt:
⎟
0⎟
0 ⎟⎠
II. Koordinatentransformation
dAy = dA sin ϕ
dAx = dA cos ϕ
Betrachten wir einen ebenen Spannungszustand und schneiden aus dem Medium ein
infinitesimal kleines Dreieck. Betrachten wir
das Kräftegleichgewicht in den Achsen ( ξ ,η ),
die relativ zu den Achsen ( x, y ) um den
Winkel ϕ gedreht sind.
σ ξ dA − (σ y dAy ) sin ϕ − (τ yx dAy ) cos ϕ
ξ:
− (σ x dAx ) cos ϕ − (τ xy dAx ) sin ϕ = 0
τ ξη dA − (σ y dAy ) cos ϕ + (τ yx dAy ) sin ϕ
η:
+ (σ x dAx ) sin ϕ − (τ xy dAx ) cos ϕ = 0
σ ξ = σ y sin 2 ϕ + τ yx sin ϕ cos ϕ + σ x cos 2 ϕ + τ xy sin ϕ cos ϕ
τ ξη = σ y sin ϕ cos ϕ − τ yx sin 2 ϕ − σ x sin ϕ cos ϕ + τ xy cos2 ϕ
σ ξ = σ y sin 2 ϕ + 2τ yx sin ϕ cos ϕ + σ x cos 2 ϕ
τ ξη = − (σ x − σ y ) sin ϕ cos ϕ + τ xy ( cos2 ϕ − sin 2 ϕ )
ση = σ y cos 2 ϕ − 2τ yx sin ϕ cos ϕ + σ x sin 2 ϕ
(σ + σ ) + (σ − σ ) cos 2ϕ + τ
= (σ + σ ) − (σ − σ ) cos 2ϕ − τ
= − (σ − σ ) sin 2ϕ + τ cos 2ϕ
σξ =
1
2
x
ση
1
2
x
τ ξη
1
2
x
y
1
2
x
y
yx
sin 2ϕ
y
1
2
x
y
yx
sin 2ϕ
y
xy
Schlußfolgerungen:
1. Die vier Komponenten des Spannungstensors (in 2D) und 9 (in 3D) bestimmen vollständig den Spannungszustand.
2. Es gibt Invarianten des Spannungstensors:
I1 = σ x + σ y (Spur der Matrix)
I 2 = σ 2 x + τ 2 xy + τ 2 yx + σ 2 y .
Beispiel 1. In einem Koordinatensystem gilt
σ x = σ y = σ , τ xy = 0 . Zu bestimmen ist der
Spannungszustand in einem beliebig orientierten Koordinatensystem.
Lösung. σ ξ = σ η = σ , τ ξη = 0 . Dieser Spannungszustand nennt
sich hydrostatischer
Spannungszustand.
Beispiel 2. Ein
Block ist in einer
Richtung auf Zug
und in Querrichtung
auf Druck mit der gleichen Spannung σ belastet. Zu bestimmen ist der Spannungstensor in
einem beliebig orientierten Koordinatensystem.
Lösung. σ x = σ , σ y = −σ , τ xy = τ yx = 0
σ ξ = σ cos 2ϕ , σ η = −σ cos 2ϕ ,
τ ξη = −σ sin 2ϕ .
Für ϕ = π / 4 : σ ξ = 0 , σ η = 0 , τ ξη = τηξ = −σ .
Im Koordinatensystem (x,y) ist das Material
aus Zug und Druck beansprucht, und im System ( ξ ,η ) ist das reiner Schub!
Beispiel 3. Ein Material wird auf reinen Schub
beansprucht. Zu bestimmen ist der Spannungstensor in einem beliebig orientierten System.
Lösung. σ x = σ y = 0 , τ xy = τ yx = τ .
σ ξ = τ sin 2ϕ , σ η = −τ sin 2ϕ , τ ξη = τ cos 2ϕ .
Für ϕ = π / 4 gilt τ ξη = 0 , σ ξ = τ , σ η = −τ .
(Ein sprödes Material bricht typischerweise
senkrecht zur maximalen Zugspannung. Sprödes Material wird deshalb Bruch unter 45° zur
Schubrichtung erleiden).
Beispiel 4. Eine Säule ist auf Druck belastet
( σ x = −σ , σ y = 0 , τ xy = 0 ). In welchem Quer-
schnitt ist die Schubspannung maximal?
τ = ( −σ / 2 ) sin 2ϕ . ϕ = 45° (Bruchwinkel
spröder Stoffe unter Druck).
III. Hauptachsen und Hauptspannungen
1. Man kann die Achsen immer so wählen,
dass die Schubspannungen verschwinden.
1
Gleichzeitig nehmen die Zugspannungen (Diagonalkomponenten) ihren extremalen Wert an:
2τ xy
,
tan 2ϕ * =
σx −σ y
σx +σ y
⎛σx −σ y ⎞
2
σ 1,2 =
± ⎜
⎟ + τ xy .
2
2 ⎠
⎝
2. Andererseits gibt es immer Achsenrichtungen, bei denen die Schubspannungen ein Maximum erreichen:
dτ ξη
= − (σ x − σ y ) cos2ϕ − 2τ xy sin 2ϕ = 0 ⇒
dϕ
2τ xy
= − tan 2ϕ *
cot 2ϕ = −
(σ x − σ y )
2
Dafür muss offenbar gelten: 2ϕ = 2ϕ * +π / 2 .
In der Tat,
cos 2ϕ = cos ( 2ϕ * +π / 2 ) = − sin ( 2ϕ *) ,
sin 2ϕ = sin ( 2ϕ * +π / 2 ) = cos ( 2ϕ *) ,
cot 2ϕ = − tan 2ϕ * .
Die Achsenrichtungen, in denen die Schubspannungen maximal sind, sind zu den Hauptachsen um 45° gedreht. Die Extremalwerte der
Schubspannung heißen Hauptschubspannungen:
⎛ σ −σ y ⎞
2
τ max = ± ⎜ x
⎟ + τ xy .
2
⎝
⎠
Mit Hilfe der Hauptspannungen:
1
τ max = ± (σ 1 − σ 2 )
2
2
Dabei sind die Normalspannungen
σ = 12 (σ y + σ x ) = 12 (σ 1 + σ 2 )
2
2
2
⎣⎡σ ξ − σ M ⎦⎤ + τ ξη = r
Im Weiteren lassen wie die Indizes aus:
2
[σ − σ M ] + τ 2 = r 2
Das ist die Gleichung eines Kreises in der
(σ ,τ ) -Ebene mit dem Zentrum im Punkt σ M
und dem Radius r . Dese Überlegungen können zur graphischen Bestimmung von
Hautspannungen, maximalen Schubspannungen
und Hauptachsen benutzt
werden. So geht es: Gegeben seien σ x , σ y
und τ xy . Der Punkt ( σ x , τ xy ) liegt auf dem
Kreis, der Punkt
( (σ
1
2
x
)
+ σ y ) , 0 liegt in der
Mitte des Kreises, somit ist der gesamte Kreis
eindeutig bestimmt. Dem Kreis können jetzt
problemlos die Hauptspannungen und die maximale Schubspannung abgelesen werden.
V. Dünnwandiger Kessel
Ein dünnwandiger zylindrischer Kessel mit
dem Radius r und der Wandstärke t stehe unter
Druck p. Zu ermitteln ist der Spannungszustand
so kann durch Quadrieren und Addieren der
Winkel ϕ eliminiert werden.
Ein Schnitt senkrecht zur Achse ergibt die folgende Gleichgewichtsbedingung
pr
σ x 2π rt − pπ r 2 = 0 ⇒ σ x =
2t
Ein Schnitt entlang der Achse ergibt:
pr
2σ ϕ t Δl − p 2r Δl = 0 ⇒ σ ϕ =
t
Wegen r t gilt σ x , σ ϕ σ r . Der Span-
⎛ σ −σ x ⎞
2
⎡σ ξ − (σ y + σ x ) ⎤ + τ ξη = ⎜ y
⎟ + τ xy
⎣
⎦
⎝ 2 ⎠
Den Ausdruck auf der rechten Seite bezeich2
⎛ σ y −σ x ⎞
2
2
nen wir als ⎜
⎟ + τ xy = r und den Mit⎝ 2 ⎠
telwert der Diagonalspannungen als
σ M = 12 (σ y + σ x ) . Somit gilt für σ ξ und τ ξη
nungszustand kann daher als ebener betrachtet
werden.
Die maximale Schubspannung ist
pr
, sie wirkt in Schnitten
τ max = 12 (σ 1 − σ 2 ) =
4t
unter 45° zur Achse.
Plastische Deformation wird daher in Richtung
45° initiiert werden. Der Riß breitet sich aber
in der Längsrichtung aus.
IV. Mohrscher Spannungskreis
Schreibt man die Transformationsformeln um:
σ ξ − 12 (σ y + σ x ) = 12 (σ y − σ x ) cos 2ϕ + τ yx sin 2ϕ
τ ξη = − 12 (σ x − σ y ) sin 2ϕ + τ xy cos 2ϕ ,
2
1
2
2
2
2
Mechanik I / Prof. Popov / Vorlesung 26.
Knickung
Teil 2: Elastostatik
Literatur: Hauger, Schnell und Groß. Technische Mechanik 2 (Elastostatik), 7.2
(F
I. Begriff Stabilität
f
− Fs ) l cos ϕ − Fx = 0
( cx − Fs ) l ⋅1 − Fx = 0
x=
Eine Gleichgewichtslage ist stabil, wenn das
System nach einer kleinen Störung des Gleichgewichtes wieder in die ursprüngliche Position
zurückkehrt.
II. Statische Stabilität von Feder-StabSystemen
Zur Einführung betrachten wir einen gelenkig
gelagerten starren Stab, der durch eine Feder
gehalten wird.
Unter der Wirkung einer Kraft F in der Längsrichtung verschiebt sich der Stab nicht (a). Unter Einwirkung einer kleinen Störkraft Fs verschiebt es sich geringfügig (b). Wenn aber beide Kräfte gleichzeitig wirken, kann es
zu einer großen
Auslenkung kommen, auch wenn die
Störkraft unendlich
klein ist: es tritt eine
Instabilität auf.
Bei der Untersuchung des Gleichgewichtes nehmen wir an,
daß alle Winkel und Auslenkungen sehr klein
sind. Wir werden alle Terme zweiter oder höherer Ordnung vernachlässigen (dieses Vorgehen nennt man Theorie zweiter Ordnung). Unter anderem gilt in dieser Näherung:
sin ϕ = ϕ −
cos ϕ = 1 −
ϕ3
3!
ϕ2
+
ϕ5
5!
− ... ≈ ϕ ,
⇒
Fs l
.
cl − F
Offenbar ist lim
F →cl
Fs l
=∞
cl − F
Instabilitätsbedingung aus anderer Sicht.
Gibt es keine Störkraft, so lautet die Gleichgewichtsbedingung: ( cl − F ) x = 0 .
Bei F ≠ cl hat diese Gleichung eine einzige
Lösung x = 0 . Bei der kritischen Kraft F = cl
dagegen, kann x einen beliebigen Wert annehmen.
Das liegt daran, daß zwischen einem stabilen
und einem instabilen Zustand immer ein indifferenter Zustand liegt. Wir können diesen kritischen Zustand gerade daran erkennen, daß es
unendlich viele Gleichgewichtspositionen gibt.
Beispiel. Wie groß ist die kritische Last für
dieses Zweistabsystem?
Lösung. Wir lassen kleine Verschiebungen des Systems aus der
geraden Lage zu und stellen
Gleichgewichtsbedingungen am
verformten System auf. Unser
Anliegen ist festzustellen, unter
welchen Bedingungen sich das
System im indifferenten Gleichgewicht befindet. Das ist gerade
der kritische Zustand!
Momentengleichgewicht für das
Gesamtsystem bezüglich des Gelenkes A lautet
Ff 1l + 2 Ff 2l − Fx2 = 0
Momentengleichgewicht für den oberen Stab
bezüglich des Gelenkes B lautet
Ff 2l − F ( x2 − x1 ) = 0 . Mit den Federkräften
Ff 1 = cx1 , Ff 2 = cx2 führen die Gleichungen
ϕ4
+
− ... ≈ 1 ,
2! 4!
In der gleichen Näherung ist x = lϕ .
Für die Federkraft gilt Ff = cx . Die Momentengleichgewichtsbedingung
Gelenkes A lautet:
⇒
bezüglich
des
auf
clx1 + ( 2cl − F ) x2 = 0 ,
Fx1 + ( cl − F ) x2 = 0
Die kritische Last ist die Größe, bei der es unendlich viele Gleichgewichtslagen gibt. Ein
1
lineares Gleichungssystem hat nur dann nicht
triviale Lösungen, wenn seine Determinante
gleich Null ist:
cl 2cl − F
2
= F 2 − 3clF + ( cl ) = 0 .
F cl − F
Diese charakteristische Gleichung hat zwei
Lösungen
F1,2 = 1.5 ± 1.25 cl
(
)
F1 = 0.38cl , F2 = 2.62cl .
Die Lösungen selbst sind:
⎛x ⎞
⎛ −0.85 ⎞
bei F1 : ⎜ 1 ⎟ = const1 ⎜
⎟,
⎝ 0.53 ⎠
⎝ x2 ⎠
⎛x ⎞
⎛ 0.53 ⎞
bei F2 : ⎜ 1 ⎟ = const2 ⎜
⎟.
⎝ 0.85 ⎠
⎝ x2 ⎠
Das sind die Knickeigenformen
III. Knickstab
Betrachten wir den unten abgebildeten Stab.
Durch
Freischneiden
bei einer
Koordinate x wird das Biegemoment sichtbar.
Das Momentengleichgewicht bezüglich des
Schnittpunktes lautet:
− M ( x) + Fw( x) = 0
Für das Biegemoment gilt aber
M ( x) = − EIw′′( x) .
Daraus ergibt sich die Gleichung
EIw′′( x) + Fw( x) = 0 oder
F
w′′( x) + λ 2 w( x) = 0 mit λ 2 =
.
EI
Die allgemeine Lösung dieser Gleichung ist
w( x) = A sin ( λ x ) + B cos ( λ x ) .
Konstanten A und B werden aus den Randbedingungen bestimmt. In diesem Fall:
w(0) = w(l ) = 0 ⇒ B = 0 , A sin λ l = 0 .
Die letztere Gleichung ist erfüllt entweder
wenn A = 0 oder wenn sin λl = 0 . Nur die letztere Bedingung entspricht einer nicht trivialen
Lösung. daraus folgt λ l = π n ( n ist eine ganze
Zahl),
⎛ π nx ⎞
Die Eigenformen sind w( x) = A sin ⎜
⎟
⎝ l ⎠
IV. Knickspannungen
Die Druckspannung bei der kritischen KnickF π 2 EI
last ist gleich σ Knick = k =
.
A
Al 2
Vergleichen wir diese Spannung mit der Spannung σ pl , bei der der Stab durch plastische
Deformation versagt. Die beiden Spannungen
π 2 EI
sind gleich wenn
= σ pl .
Al 2
Für einen runden Stab mit dem Radius a gilt
π a4
π 2 a 2 σ pl
, A = π a2 ⇒
=
⇒
I=
4
4l 2
E
l π E
=
.
a 2 σ pl
Für Stahl: E ≈ 200 GPa , σ pl ≈ 500 MPa ,
l
l
≈ 1.5 400 = 30 oder ≈ 15 .
a
d
l
Stählerne Stäbe mit
< 15 versagen durch
d
l
plastische Deformation. Stäbe mit > 15 verd
sagen durch Knickung.
F
⎛πn ⎞
⎛πn ⎞
⇒ Fk = EI ⎜
λ =⎜ ⎟ =
⎟ .
EI
⎝ l ⎠
⎝ l ⎠
2
2
2
2
Mechanik I / Prof. Popov / Vorlesung 27.
Knickung (Fortsetzung). Eulersche Knickfälle
Teil 2: Elastostatik
Literatur: Hauger, Schnell und Groß. Technische Mechanik 2 (Elastostatik), 7.2
I. Eulersche Knickungsgleichung vierter
Ordnung
Ein Stab sei in der x-Richtung auf Druck mit
einer Kraft F belastet. Wir schneiden ein Element zwischen x und x0 frei und stellen
Gleichgewichtsbedingungen auf. Kräftegleichgewicht in der
x-Richtung
ergibt
N ( x) = N0 = −F
In der wRichtung:
Q ( x ) = Q0 .
Momentengleichgewicht
bezüglich des Punktes O:
− M ( x ) + M 0 + N 0 ( w( x0 ) − w( x ) ) − Q0 ( x0 − x ) = 0
Unter Benutzung der Balkengleichung folgt:
EIw′′( x ) = − M ( x ) = − M 0 − N 0 ( w( x0 ) − w( x ) ) + Q0 ( x0 − x )
= − M 0 + F ( w( x0 ) − w( x ) ) + Q0 ( x0 − x )
Zweimaliges Differenzieren ergibt
( EIw′′( x ) )′′ = − Fw′′( x ) (Eulersche Gleichung)
Für einen homogenen Stab ( EI = const ) folgt:
EIw IV ( x ) = − Fw′′( x )
oder w IV ( x ) = − λ 2 w′′( x ) mit λ 2 = F / EI .
Diese Gleichung enthält zunächst keine Randbedingungen und kann daher in allgemeiner
Form gelöst werden.
Es ist leicht zu prüfen, daß folgende Funktionen Lösungen der Eulerschen Gleichung sind:
w1 ( x ) = A cos λ x , w2 ( x ) = B sin λ x ,
w3 ( x ) = Cx , w4 ( x ) = D .
Die allgemeine Lösung lautet somit
w( x ) = A cos λ x + B sin λ x + Cx + D . (1)
II. Eulersche Knickfälle. Abhängig von der
Lagerung unterscheidet man vier Fälle, die
bereits Leonard Euler untersucht hat.
Fall II. Randbedingungen: w(0) = 0 ,
w′′(0) = 0 (kein Moment), w(l ) = 0 , w′′(l ) = 0 .
Einsetzen in die allgemeine Lösung (1) liefert:
w(0) = A cos 0 + B sin 0 + C 0 + D = A + D = 0
w′′(0) = − Aλ 2 cos 0 − Bλ 2 sin 0 = − Aλ 2 = 0
⇒ A= 0, D = 0.
w(l ) = B sin λl + Cl = 0
w′′(l ) = −λ 2 B sin λl = 0
⇒ C = 0 , sin λl = 0 ⇒ λ l = π n
( n ist eine ganze Zahl),
F
⎛πn ⎞
⎛πn ⎞
⇒ Fk = EI ⎜
λ =⎜ ⎟ =
⎟ .
EI
⎝ l ⎠
⎝ l ⎠
2
2
2
Fall IV. Randbedingungen lauten:
w(0) = 0 , w′(0) = 0 , w(l ) = 0 , w′(l ) = 0 .
Daraus folgt:
w(0) = A cos 0 + B sin 0 + C 0 + D = A + D = 0
w′(0) = − Aλ sin 0 + Bλ cos 0 + C = Bλ + C = 0
w(l ) = A cos λ l + B sin λl + Cl + D
= A cos λl + B sin λ l − Bλ l − A = 0
w′(l ) = − Aλ sin λ l + Bλ cos λ l + C
= − Aλ sin λ l + Bλ cos λ l − Bλ = 0
oder
⎛ ( cos λ l − 1) ( sin λ l − λl ) ⎞ ⎛ A ⎞ ⎛ 0 ⎞
⎜
⎟⎜ ⎟ = ⎜ ⎟ .
⎝ −λ sin λ l λ ( cos λ l − 1) ⎠ ⎝ B ⎠ ⎝ 0 ⎠
Diese Gleichung hat nur dann nicht triviale
Lösungen wenn die Determinante verschwindet:
( cos λl − 1) ( sin λl − λl )
−λ sin λ l λ ( cos λ l − 1)
2
= λ ⎡( cos λ l − 1) + sin λ l ( sin λ l − λ l ) ⎤ =
⎣
⎦
λ ⎡⎣ 2 (1 − cos λl ) − λ l sin λl ⎤⎦ = 0
oder
sin
sin
λl ⎡
λl λl
λl ⎤
4sin − cos ⎥ = 0 ⇒
⎢
2 ⎣
2 2
2⎦
λl
2
=0 ⇒
λl
2
⎛πn ⎞
Fk = 4 EI ⎜
⎟ .
⎝ l ⎠
2
=πn,
Fall I. Die Randbedingungen
lauten in diesem Fall:
w(0) = 0 , w′(0) = 0 , w′′(l ) = 0
(kein Moment),
Q(l ) = EIw′′′(l ) = − w′(l ) F .
Daraus folgt:
w(0) = A + D = 0
w′(0) = Bλ + C = 0
1
w′′(l ) = − Aλ 2 cos λl − Bλ 2 sin λ l = 0
w′′′(l ) = Aλ 3 sin λl − Bλ 3 cos λ l
F
= − ( − Aλ sin λl + Bλ cos λ l + C )
EI
Die letzte Gleichung kann auch als
Aλ 3 sin λ l − Bλ 3 cos λ l
F
= − ( − Aλ sin λ l + Bλ cos λl − Bλ )
EI
umgeschrieben werden oder
Aλ 3 sin λ l − Bλ 3 cos λ l
= λ 2 ( Aλ sin λl − Bλ cos λ l + Bλ )
⎛ −λ 2 cos λl −λ 2 sin λl ⎞ ⎛ A ⎞ ⎛ 0 ⎞
⎜
⎟⎜ ⎟ = ⎜ ⎟ .
−λ 3 ⎠ ⎝ B ⎠ ⎝ 0 ⎠
0
⎝
−λ 2 cos λl −λ 2 sin λ l
=0
−λ 3
0
1 ⎛πn ⎞
cos λ l = 0 , ⇒ λ l = π / 2 ⇒ Fk = EI ⎜
⎟
4 ⎝ l ⎠
2
Aufgabe. Ein zwischen zwei festen Wänden
gespannter stählerner Stab mit l / a = 100 wird
gleichmäßig erwärmt. Bei welcher Tempera∆T
knickt
der
Stab?
turerhöhung
−5
−1
α = 1, 2 ⋅10 K .
(
)
Lösung.
Thermische
Spannung
ist
gleich σ T = − Eα∆T .
Die
Druckkraft
F = σ T A = Eα∆TA muss den kritischen Wert
Fk = π 2 EI / l 2 erreichen: Eα∆TA = π 2 EI / l 2 .
Der Stab wird instabil bei ∆T =
π 2 EI
.
AEα l 2
Für einen runden Stab mit Radius a gilt:
π 2π a 4
π 2a2 1 π 2 ⎛ a ⎞
∆T =
=
=
⎜ ⎟
4π a 2α l 2 4α l 2 4 α ⎝ l ⎠
2
Für a / l = 100 ergibt sich
1 10 ⋅10−4
∆T ≈
≈ 20 K
4 1, 2 ⋅10−5
III. Ein Bein oder mehrere Beine?
Ein runder, fest
eingebetteter
Stab (Radius R1 )
kann eine Last
π 2 EI π 3 ER14
=
F1 =
4l 2
16l 2
aushalten. Werden aus dem gleichen Material
zwei Stäbe mit dem gleichen Gewicht gemacht, so werden sie Radien R2 = R1 / 2 ha-
π 3 ER24
1
F1
16l
2
tragen, die zwei Mal kleiner ist als F1 . Generell gilt: je mehr Beine desto kleiner kritische
Last (bzw. desto größer das Gewicht der erforderlichen Konstruktion). Die optimalen Strukturen mit Druckstäben sind daher Strukturen
nur mit einem Kräftigen Druckstab. So sind
Pflanzen, Tiere und viele moderne Bauten aufgebaut (eine zentrale tragende Säule, auf der
alles aufgehängt wird).
ben. Sie können eine Last F2 = 2
2
=
IV. Andere Arten von Instabilitäten
(A) Wird ein Stab
verdreht, so wird die
gerade Lage seiner
Achse instabil und
biegt sich zu einer Schraubenlinie sobald der
9 EI
. Für
Drehwinkel größer wird als ϕmax =
GI p
einen runden Stab gilt ϕmax = 9(1 + ν ) . Ein metallischer Draht wird daher bei ϕ ≈ 12 instabil
werden (ca. zwei volle Umdrehungen).
(B) Um maximale Stabilität einer Säule zu
erzielen, sollte sie einen möglichst großen Radius (bei entsprechend dünner
Wand) haben. Allerdings
wird ein solcher dünnwandiger Zylinder "lokal instabil"
wenn die Spannung in der
Wand den Wert σ = Et / 4 R
erreicht, wobei t Dicke der
Wand ist. Um diese Art der
Instabilität zu vermeiden,
werden Wände wie auf dem
Bild rechts verstärkt (wird in
Schiffsbau,
Flugzeugbau
usw. benutzt). Auch Pflanzen
verstärken die Wände auf
eine der nebengezeigten Arten.
(C) Soll eine Struktur nur
vertikale Lasten tragen, so
soll ein optimaler Querschnitt
möglichst große Höhe und
kleine Breite haben. Der Träger wird aber instabil und
2bh3 E 1.7bh3 E
verdreht sich bei Fkr ≈ 2
≈
.
l2
l 1 +ν
(D) Eine weitere Methode zur Vermeidung von
Instabilitäten: Druckkräfte vermeiden (Speichen).
2
Mechanik I / Prof. Popov / Vorlesung 30
Teil 2: Elastostatik
Verzerrungstensor
Literatur: Hauger, Schnell und Groß. Technische Mechanik 2 (Elastostatik), 3.1, 3.2.
∂u
⎛ ∂u ∂u ⎞
∂u
I. Verzerrungstensor
ε x = x , ε y = y und γ xy = ⎜ x + y ⎟ .
Nicht jede Bewegung eines elastischen Kör∂y
∂x
∂x ⎠
⎝ ∂y
pers ist mit seiner Deformation verbunden:
Sie sind Komponenten eines symmetrischen
Verschiebung als Ganzes oder Rotation als
Verzerrungstensors
Ganzes sind beispiele von Bewegungen ohne
1
⎡ εx
2 γ xy ⎤
Verzerrung. Ein offensichtliches Merkmal
εˆ = ⎢ 1
⎥.
einer "richtigen" Verzerrung ist Änderung der
⎣ 2 γ xy ε y ⎦
Abstände zwischen den Punkten des Körpers.
Mechanischer Sinn einzelner Komponenten
Betrachten wir als erstes einen ebenen Verzerdes Verzerrungstensors kann man den folgenrungszustand
den Skizzen entnehmen.
Wählen wir im nicht deformierten Zustand
eines elastischen Körpers zwei nahe liegenden
Punkte mit Koordinaten
( x, y )
und
( x + dx, y + dy ) . Wird der Körper deformiert,
so verschieben sich diese beiden Punkte in
neue Positionen
( x + u x ( x, y ), y + u y ( x, y ))
und ( x + dx + u x ( x + dx, y + dy ),
y + dy + u y ( x + dx, y + dy )) .
Der ursprüngliche Abstand zwischen den
Punkten war l02 = dx 2 + dy 2 . Der Abstand nach
der Deformation ist gleich
2
l12 = ( dx + u x ( x + dx, y + dy ) − u x ( x, y ) ) +
+ ( dy + u y ( x + dx, y + dy ) − u y ( x, y ) ) .
2
Mit Hilfe von Taylor-Reihen erhalten wir
∂u
∂u
u x ( x + dx, y + dy ) − u x ( x, y ) ≈ x dx + x dy
∂x
∂y
∂u y
∂u y
u y ( x + dx, y + dy ) − u y ( x, y ) ≈
dx +
dy
∂x
∂y
Berechnung der Längenänderung unter Beibehaltung Glieder kleinster (2.) Ordnung ergibt
l12 − l02 =
⎛ ∂u
⎞
∂u
⎛ ∂u ∂u ⎞
= 2 ⎜⎜ x dx 2 + ⎜ x + y ⎟ dxdy + y dy 2 ⎟⎟
∂x ⎠
∂y
⎝ ∂y
⎝ ∂x
⎠
Die Abstandsänderung in einer beliebigen
Richtung und somit der Deformationszustand
ist eindeutig bestimmt durch die drei Größen
Die Komponenten ε x und ε y auf der Hauptdiagonale nennt man Dehnungen, die auf der
Nebendiagonale Gleitung, Scherung oder
Winkelverzerrung.
II. Dehnung als Funktion des Winkels
Mit Hilfe des Verzerrungstensors kann die
Abstandsänderung zwischen zwei Punkten wie
folgt umgeschrieben werden
l12 − l02 = 2 ( ε x dx 2 + γ xy dxdy + ε y dy 2 )
oder l0 dl = ε x dx 2 + γ xy dxdy + ε y dy 2 .
Aus der Skizze ist
sichtbar, dass
dx = l0 cos θ ,
dy = l0 sin θ .
Diese setzen wir in
die oben stehende
Gleichung ein und bekommen
l0 dl = l02 ( ε x cos 2 θ + γ xy cos θ sin θ + ε y sin 2 θ )
Für die Dehnung ε (θ ) = dl / l0 in Richtung θ
ergibt sich
(1)
ε (θ ) = ε x cos 2 θ + γ xy cos θ sin θ + ε y sin 2 θ
III. Messung von Deformationen mit Dehnungsmeßstreifenrosetten
Zur Messung von Deformationen werden oft
Dehnungsmeßstreifen benutzt, deren elektrischer Widerstand von der Dehnung des Streifens in Richtung seiner Achse abhängt. Zur
Messung von allen drei Komponenten des
Verzerrungstensors muß man drei nahe an
einander liegende Streifen benutzen: die Dehnungsstreifenrosetten.
1
Betrachten wir zunächst eine Rosette mit
beliebigen Winkeln
Die durch einzelne
Streifen
gemessenen
Dehnungen sind:
ε a = ε x cos 2 θ a + γ xy cos θ a sin θ a + ε y sin 2 θ a
ε b = ε x cos 2 θb + γ xy cos θ b sin θb + ε y sin 2 θ b
γ ξη
εx −εy
ε c = ε x cos 2 θ c + γ xy cos θ c sin θ c + ε y sin 2 θ c
tan 2θ * =
Auflösung dieses Gleichungssystems bezüglich ε x , ε y , γ xy liefert alle drei Komponenten
des Verzerrungstensors.
60°-Rosette ( θ a = 0 , θb = 60° , θ c = 120° ):
εx = εa
(ε b − ε a )
IV. Koordinatentransformation
Die Gleichung (1)
kann man auch allgemeiner Interpretieren: ε (θ ) ist offenbar
die ε ξ -Dehnung im
Koordinatensystem.
Die
2
⎛ ε x − ε y ⎞ ⎛ γ xy ⎞
± ⎜
⎟ +⎜
⎟ .
⎝ 2 ⎠ ⎝ 2 ⎠
2
2
Lösung. Die Achsen
(x,y) sind Hauptachsen
des Spannungstensors.
Die Spannungskomponenten σ x = σ ,
σ y = −σ sind die Hauptspannungen.
ε y = 13 ( 2ε b + 2ε c − ε a )
gedrehten
εx +εy
Beispiel 2. Zu untersuchen ist der Spannungsund
Deformationszustand eines wie nebenstehend beanspruchten
Elementes einer Struktur.
γ xy = 2ε b − ε a − ε c
2
3
γ xy
εx −εy
Die Hauptdehnungen sind
ε1,2 =
45°-Rosette ( θ a = 0 , θb = 45° , θ c = 90° ):
εx = εa
ε y = εc
γ xy =
sin 2θ +
γ xy
cos 2θ (4)
2
2
2
(Die letzte Gleichung haben wir hier ohne
Beweis hinzugefügt).
Es gibt immer zwei senkrecht zu einander
stehende Achsen, in denen die Dehnungen
maximale Werte erreichen und Winkelverzerrungen verschwinden - Hauptachsensystem.
Seine Orientierung ist gegeben durch
=−
εη -
Dehnung in der senkrechten zur ξ -Achse
Richtung bekommen wir aus (1) durch Substitution θ → θ + π / 2 , cos (θ + π / 2 ) = − sin θ ,
sin (θ + π / 2 ) = cos θ :
ε (θ + π / 2) = ε x sin 2 θ − γ xy cos θ sin θ + ε y cos2 θ
Zusammenfassend:
ε ξ = ε x cos 2 θ + γ xy cos θ sin θ + ε y sin 2 θ ,
εη = ε x sin 2 θ − γ xy cos θ sin θ + ε y cos 2 θ .
Oder umgeformt:
ε +ε ε −ε
γ
ε ξ = x y + x y cos 2θ + xy sin 2θ (2)
2
2
2
ε +ε ε −ε
γ
εη = x y − x y cos 2θ − xy sin 2θ (3)
2
2
2
Die Hauptspannung in x-Richtung verursacht
die folgenden Dehnungen:
εx =
σ
, ε y = −νε x = −ν
σ
.
E
E
Die Hauptspannung in y-Richtung verursacht
die folgenden Dehnungen:
εy = −
σ
, ε x = −νε y = ν
σ
.
E
E
Bei gleichzeitiger Wirkung, nach Superpositionsprinzip: ε x =
σ
σ
(1 +ν ) .
E
E
Auch für den Verzerrungstensor ist es das
Hauptachsensystem! Im Koordinatensystem
(ξ ,η ) gedreht um 45° zu den Hauptachsen
gibt es nur Schubkomponenten des Spannungs- und des Verzerrungstensors:
τ ξη = σ ,
γ ξη
σ
(1 + ν ) , ε y = −
(1 + ν ) =
τ
(1 +ν ) .
2
E
E
Der Koeffizient zwischen Schubspannung und
Schubwinkel ist der Schubmodul:
E
G=
.
2(1 + ν )
=
2
Mechanik I / Prof. Popov / Vorlesung 31
Reibung
Literatur: Hauger, Schnell und Groß. Technische Mechanik 1 (Statik), 9. /
I. Haftreibung und Gleitreibung
In dieser Vorlesung untersuchen wir nur die
trockene oder Coulomb'sche Reibung zwischen festen Körpern. Durch sehr ausführliche
experimentelle Untersuchungen hat Coulomb
(1736-1806) festgestellt, dass die Reibungskraft R zwischen zwei Körpern, die mit der
Normalkraft
N an einander
gedrückt sind,
in erster, grober Näherung
folgende einfache Eigenschaften hat:
A. Die Haftreibung (auch statische Reibungskraft) Rs , die zu überwinden ist, um den Körper in Bewegung zu setzen, ist proportional
zur Anpreßkraft N:
Rs = µ s N .
Der Koeffizient µ s heißt statischer Reibungskoeffizient. Er hängt von der Materialpaarung
ab, weist aber dagegen fast keine Abhängigkeit von der Kontaktfläche und Rauhigkeit der
Oberflächen. Bereits Coulomb hat festgestellt,
dass µ s mit der Standzeit wächst. Dies wird
aber in den meisten einfacheren Anwendungen vernachlässigt.
B. Die Gleitreibung (auch kinetische Reibungskraft) Rk ist die Widerstandskraft, die
nach dem Überwinden der Haftung wirkt.
Coulomb hat experimentell folgende Eigenschaften der Gleitreibungskraft festgestellt:
- Gleitreibung ist proportional zur Anpreßkraft
N
Rk = µk N
- Sie weist keine wesentliche Abhängigkeit
von der Kontaktfläche und Rauhigkeit der
Oberflächen
- Der kinetische Reibungskoeffizient ist näherungsweise gleich dem statischen Reibungskoeffizienten:
µk ≈ µ s
- Die Gleitreibung hängt nicht (bzw. nur sehr
schwach) von der Gleitgeschwindigkeit ab.
Oft wird angenommen, dass µk mit der Geschwindigkeit schwach abnimmt. Das gilt aber
nicht immer, (z.B. nicht bei Gummireifen bei
kleinen Gleitgeschwindigkeiten).
R.C. Hibbeler. Technische Mechanik 1, 8.1.-8.7.
Anders als oft behauptet, haben die statischen
und kinetischen Reibungskräfte die gleiche
physikalische Herkunft und können in vielen
mechanischen Aufgaben nicht getrennt betrachtet werden. Auch der Unterschied zwischen dem statischen und kinetischen Reibungskoeffizienten erweist sich als relativ, da
oft entweder der Übergang vom statischen
zum Gleitkontakt kontinuierlich passiert (das
ist der Fall im angetriebenen Rad1) oder die
"Haftreibung" sich in Wirklichkeit als Gleitreibung bei sehr kleinen Geschwindigkeiten
entpuppt (das ist der Fall bei Gummireibung,
z.B. Gummireifen auf der Straße1).
II. Reibungswinkel
Beispiel 1. Auf einer geneigten Ebene liegt ein
Klotz (Haftreibungskoeffizient
zwischen beiden sei µ s ). Wie
groß darf der Neigungswinkel
werden, damit der Klotz nicht
rutscht?
Lösung. Bei maximalem Neigungswinkel wird
die Reibungskraft ihren
maximalen
möglichen
Wert R = µ s N erreichen.
Kräftegleichgewicht
in
diesem kritischen Zustand
(im gezeigten Koordinatensystem) lautet
x: mg sin ϕ − µ s N = 0
y: N − mg cos ϕ = 0
daraus folgt
tan ϕ = µ s Tangens des "Rutschwinkels" ist gleich dem
statischen Reibungskoeffizienten. Dieser
Winkel heißt "Reibungswinkel".
Beispiel 2. Unter welchem kleinsten Winkel
muß die Kraft F gerichtet
sein, damit der Klotz nicht
rutscht?
Lösung. Es ist leicht zu verstehen, dass diese Aufgabe
äquivalent zu der vorigen ist, nur muß man ϕ
durch π / 2 − ϕ ersetzen. Die Antwort ist also:
1
Diese komplizierten physikalischen Zusammenhänge
können aber erst durch eine aufwendige Betrachtung
der Kontaktmechanik eines angetriebenen Rades aufgedeckt werden. Hierfür ist das Modul "Kontaktmechanik
und Reibungsphysik" empfohlen (jedes WS) .
1
cot ϕ = µ s .
Selbstverständlich kann man
dieses Ergebnis aus dem Kräftegleichgewicht noch einmal
herleiten:
y: N − F sin ϕ = 0
x: F cos ϕ − µ s N = 0 .
Daraus folg die obige Gleichung.
Beispiel 3. Kippende Kiste
Drückt man auf eine Kiste
seitlich, so tritt bei tief gelegenen Berührungspunkt
Gleiten ein, bei hoch gelegenem dagegen Kippen.
Aus der Grenzhöhe zwischen Gleiten und Kippen
läßt sich der Reibungswinkel ebenfalls bestimmen.
Im Grenzfall setzen Gleiten
und Kippen gleichzeitig,
d.h. die Bodenreaktion
wirkt an der rechten Bodenkante und die Reibungskraft erreicht dabei
ihren
Maximalwert
R = µ s N . Aus dem Kräfteund Momentengleichgewicht folgt dann:
N = G , F = µ s N = µ s G , − Fh + Gb / 2 = 0 ;
b/2
Gb
b
= µs .
h=
=
⇒
h
2 F 2µ s
tragsmäßig gleich sind (so sind sie im Bild
eingezeichnet). An der Grenze zwischen Gleiten und Selbstsperrung erreicht die Reibungskraft R seinen maximalen Wert R = µ s N .
Aus dem Kräftegleichgewicht in vertikalen
Richtung 2µ s N − G = 0 und Momentengleichgewicht bezüglich des Zentrums der
Buchse Gl − 2 N h2 + 2µ s N d2 = 0 folgt für die
h
d
−
kritische Länge lc : ls =
2µs 2
IV. Keil rein, Keil raus
Aus dem
Gleichgewicht
in vertikaler
Richtung für
den anzuhebenden Körper gilt G = N cos θ / 2 − µ s N sin θ / 2 .
Daraus folgt
G
N=
cos θ / 2 − µ s sin θ / 2
Aus dem Gleichgewicht
für den Keil in horizontaler Richtung folgt dann
F1 = 2 N sin θ / 2 + 2 µ s N cos θ / 2
oder
sin θ / 2 + µ s cos θ / 2
cos θ / 2 − µ s sin θ / 2
Beim Rausholen des
Keils erhalten wir
G = N cos θ / 2 + µ s N sin θ / 2
G
N=
cos θ / 2 + µ s sin θ / 2
F1 = 2G
III. Selbstsperrung
An einer auf einer senkrechten Stange verschiebbaren Führungsbuchse ist
ein Arm befestigt, an dem
ein Gewicht verschiebbar
angeordnet ist. Solange
sich das Gewicht weit
genug außen befindet,
wird es durch die Reibungskräfte, die in den
Eckpunkten der Führungsbuchse auftreten,
gehalten (Selbstsperrung).
Aus dem Kräftegleichgewicht
in
horizontaler
Richtung folgt, dass beide
Reaktionskräfte N
in Eckpunkten be-
F2 = −2 N sin θ / 2 + 2 µ s N cos θ / 2
oder
− sin θ / 2 + µ s cos θ / 2
cos θ / 2 + µ s sin θ / 2
Die Kräfte F2 und F1 stehen im Verhältnis
F2 − sin θ / 2 + µ s cos θ / 2 cos θ / 2 − µ s sin θ / 2
=
⋅
F1
cos θ / 2 + µ s sin θ / 2 sin θ / 2 + µ s cos θ / 2
F2 = 2G
Für kleine θ :
⎛
F2
1
= 1 − ⎜ µs +
F1
µs
⎝
⎞
⎟θ
⎠
V. Thermisches Kriechen
VI. Seitliche Kraft
VII. Seilreibung
2