Euroforum - meyer.rechtsanwälte

15. EUROFORUM-Jahrestagung
NAHRUNGS
ERGÄNZUNGS
MITTEL 2015
3. und 4. Februar 2015, Frankfurt/Main
Ergebnisbericht − Die Highlights der Jahrestagung 2015
www.euroforum.de/nem
To the overview
Inhaltsverzeichnis
Recht & Wissenschaft
Health Claim-VO 1924/2006 – Nichts geht mehr?
Novel Foods: Aktueller Stand der Diskussion
Was tut sich bei diätetischen Lebensmitteln in
arzneimitteltypischen Darreichungsformen?
3-4
5
6-7
Import von Nahrungsergänzungsmitteln aus
dem EU-Ausland
8
Die bedeutendsten rechtlichen Entwicklungen in
der Nahrungsergänzungsmittelbranche
9
Marketing & Vertrieb
Ernährungsphysiologische Stoffe – nicht essentiell,
nicht nützlich?
Grenzsituation Arzneimittel – Lebensmittel
Nahrungsergänzungsmittel und nicht zugelassene
Arzneimittel als Dopingquellen für den Freizeitund Spitzensport
Die Rolle von NEM im Berufsalltag von Ärzten
und Heilpraktikern
10-11
12
13-14
15
Cross Border
Vereinigtes Königreich
16
Bulgarien
16-17
Polen
17
Frankreich
17-18
Ein neues Lebensmittelgesetz in der Schweiz:
Was ändert sich?
18
Überwachung
Expertenkommission – erste Stellungnahmen
19-20
Die Revision des Diätrechts aus Sicht der Überwachung
21
Stofflisten des Bundes und der Bundesländer –
Entwicklungen auf nationaler und europäischer Ebene
22
Risikobewertung von Pflanzen und pflanzlichen
Zubereitungen
23
Stoffliste - Abgrenzung pflanzlicher Arzneimittel
zu Lebensmitteln aus Sicht der Arzneimittelzulassungsbehörde
24
SAVE
THE DATE!
16. EUROFORUM-Jahrestagung
NAHRUNGSERGÄNZUNGSMITTEL
28. und 29. Januar 2016, Hilton Frankfurt
www.euroforum.de/nem
2
To th
To
the
h overview
Nahrungsergänzungsmittel 2015
3. und 4. Februar 2015, Frankfurt/Main
Erster Tag, 3. Februar 2015
RECHT & WISSENSCHAFT
Das Familientreffen der Nahrungsergänzungsmittelbranche 2015
begann mit einem Vortrags-Vormittag über aktuelle Themen aus
dem Lebensmittelrecht.
Health Claim-VO 1924/2006 – Nichts geht mehr?
Nichts geht mehr? Mit dieser Frage bezüglich der Health Claim-VO
1924/2006 beschäftigte sich der Vortrag des Referenten Prof. Dr. Alfred
Hagen Meyer (meyer.rechtsanwälte, Honorarprofessor an der TU München). Die Rechtsprechung in Hinsicht auf gesundheitsbezogene
eferent
Angaben stiftet mehr Verwirrung, als sie Klarheit bringt. Der Referent
versuchte Ordnung in das Chaos zu bringen.
Doch wann ist eine Angabe überhaupt eine gesundheitsbezogene i. S. d. Health Claim-VO? Auch das bloße Implizieren
eines Gesundheitsbezuges kann hierfür ausreichen. Aufgrund
einer Assoziationskette sah der BGH (Bundesgerichtshof) z. B.
im Falle der Bewerbung eines Fruchtquarks mit dem Slogan
„so wichtig wie das tägliche Glas Milch“ einen Gesundheitsbe-ezug vorliegen, wohingegen die Aufschrift „ein wohltuender Gerinuss“ auf einer Packung Grüner Tee sowie die Bezeichnung „Original Bach-Blüten“ in Bezug auf die Gesundheit neutral seien.
Spezifische gesundheitsbezogene Angaben (Health Claims) i. S. d.
lasArt. 13 und 14 Health Claim-VO 1924/2006 bedürfen einer Zulassung. Die Umformulierung eines zugelassenen Health Claimss ist
o sollgrundsätzlich möglich, jedoch nur innerhalb enger Grenzen. So
zogen
te beispielsweise darauf verzichtet werden, Claims erfolgsbezogen
umzuformulieren.
assene
Zudem beschäftigte sich der Vortrag mit der Frage, ob zugelassene
s RefeHealth Claims ergänzt werden dürfen. Darin besteht laut des
aim-VO
renten der „Witz der Verordnung“. Art. 10 Abs. 3 der Health Claim-VO
3
To the overview
ermöglicht die Ergänzung einer „speziellen gesundheitsbezozopegenen Angabe“ (spezifischer Claim) um „allgemeine, nichtspezifische Vorteile des Nährstoffs bzw. des Lebensmittels für die
ne
Gesundheit im Allgemeinen oder das gesundheitsbezogene
en,
Wohlbefinden“ (unspezifischer Claim). Dies bietet Chancen,
ng
die das Marketing nutzen kann. Bei einer Unterscheidung
nzwischen spezifisch und unspezifisch können jedoch Nuanncen entscheidend sein. Und wie steht es um die Frage, ob unn
spezifische Health Claims um zugelassene ergänzt werden
müssen – insbesondere in Hinblick auf Übergangsfristen??
u
Die Gerichtsurteile des BGH und des OLG Hamm hierzu
sind widersprüchlich, ein gewisses Risiko bleibt demnach
bestehen.
4
To the overview
Novel Foods: Aktueller Stand der Diskussion
Rechtsanwalt Peter Loosen, Geschäftsführer und Leiter des Büross Brüsde e.V.),
sel des BLL (Bund für Lebensmittelrecht und Lebensmittelkunde
brachte die Tagungsteilnehmer rund um die bevorstehende
Revision der Novel Food-VO 258/97 auf den neusten Stand.
Bereits 2008 legte die Kommission einen ersten Vorschlag zur
Änderung der Novel Food-VO 258/97 (KOM (2007) 872 endg.)
d
vor, der jedoch am Thema Nanotechnologie und Klonen und
e
dem Veto des Europäischen Parlaments hierzu scheiterte. Ende
s2013 veröffentlichte die Kommission eine modifizierte Neufasünsung des Revisionsvorschlages (KOM (2013) 894 endg.). Als Gründe und Ziele des neuen Vorschlags nennt die Kommission u.. a.
nes
Innovationsförderung bei gleichzeitiger Aufrechterhaltung eines
ngshohen Verbraucherschutzniveaus, die Straffung des Zulassungsverfahrens sowie ein vereinfachtes Zulassungsverfahren fürr Leung in
bensmittel aus Drittländern. Eine Verabschiedung der Verordnung
erster Lesung ist Mitte 2015 geplant. Ob es hierzu kommt ist jedoch
noch offen, da es noch etliche Stolpersteine gibt, die es zu überwinden
gilt.
Im Verordnungsvorschlag zur „neuen“ Novel Food-VO ist ein Verzicht
auf die bisherigen Fallgruppen vorgesehen. Für die Neuartigkeit wäre
demnach alleine die Vermarktung vor dem 15. Mai 1997 maßgeblich,
was eine erhebliche Erweiterung des Anwendungsbereiches der Novel Food-VO zur Folge (gehabt) hätte. Die Kritik der Lebensmittelwirtschaft am Wegfall der vier Fallgruppen führte jedoch, gestützt
von einem ergänzenden Impact Assessment EP, zum Umdenken.
Nach aktuellem Stand ist eine Rückkehr zum kategoriebasierten Ansatz geplant. Nach Meinung der Lebensmittelwirtschaft gibt es auch
Nachbesserungsbedarf bezüglich der Modalitäten des Zulassungsverfahrens und der Datenschutzregelungen. Es wird befürchtet, dass
das geplante neue Zulassungsverfahren nicht zur gewünschten Verkürzung führt. Hierbei besteht zudem noch Unklarheit über die Wahl
des Verfahrens (Durchführungsrechtsakte vs. delegierte Rechtsakte).
Zum „Schutz von Innovationen“ sei des Weiteren eine Verlängerung
des Zeitraumes der „geschützten“ Zulassung von 5 auf 7 Jahre wünschenswert. Mögliche Stolpersteine der neuen Verordnung sind insbesondere auch die Definition von Nano-Lebensmitteln und ob in ihren Anwendungsbereich (übergangsweise) aus geklonten Tieren oder
deren Nachkommen gewonnene Lebensmittel fallen sollen. Was die
Verordnung für die genannten Punkte bedeuten wird, ist derzeit noch
unklar – es bleibt also spannend.
5
To the overview
Was tut sich bei diätetischen Lebensmitteln in
arzneimitteltypischen Darreichungsformen?
EbD, Sportlernahrung und § 4a-Produkte im
Fokus der Revision des EU-Diätrechts
Das europäische Recht über diätetische Lebensmittel steht vor tiefgreifenden Veränderungen. Mit Geltungsbeginn der Verordnung
609/2013 (FSG) 20.07.2016 werden die Rahmenrichtlinie für diäteätetische Lebensmittel (RL 2009/39) sowie alle weiteren mit diätegen
tischen Lebensmitteln befassten Richtlinien und Verordnungen
ups)
aufgehoben. Unter das Dach der FSG (Food for Specified Groups)
ods
fallen nun mehr Babynahrung, bilanzierte Diäten (auch: Foods
for Special Medical Purposes, FSMP) sowie Lebensmittel für
lle
eine kalorienarme Ernährung und ggf. Sportlernahrung. Alle
en
anderen bisher als „diätetische Lebensmittel“ vermarkteten
nProdukte sollen dann unter die Regelungen anderer gemeinschaftlicher Bestimmungen fallen. Als Grund für die Verab-schiedung vom Konzept des europäischen Diätrechts wird u..
a. die unterschiedliche Auslegung der bisher gültigen Rechts-akte in den Mitgliedsstaaten genannt. Zudem wird die immer
stärkere Zuwanderung in die Kategorie der „ergänzenden bilanzierten Diäten“ (ebD) als kritisch beäugt, zahlreiche hinterfragenswerte ebD würden vermarktet. Die VO 609/2013
besitzt den Charakter einer Ermächtigungsverordnung, d. h.
die Kommission ist berechtigt, Konkretisierungen in Form
delegierter Rechtsakte nachgelagert selbst auf den Weg zu
bringen.
eisch an
Gibt es unter dem Dach der FSG genug regulatorisches Fleisch
den Knochen, um weiterhin ebD auf den Markt zu bringen? Oder sind
ebD kein Modell für die Zukunft? Norbert Pahne, Geschäftsführer des
Diätverband e. V, brachte hinsichtlich dieser Frage Licht ins Dunkel.
Des Weiteren widmete sich sein Vortrag dem Status bei „Sportlernahrung“ und sog. § 4a-Produkten. Die Zukunft der ebD hängt maßgeblich von einem in nächster Zeit erwarteten delegierten Rechtsakt für
FSMP sowie von einem angekündigten Guidance Dokument der EUKommission ab. Bei Letzterem wird es konkret darum gehen, dass
die Kommission Beispiele geben will, welche Produkte von der Kategorie FSMP erfasst sein können. Für diesen Interpretationsleitfaden
der Kommission ist die EFSA (European Food Safety Authority) bereits
eingebunden. Die große Frage ist hierbei, welcher Grad an wissenschaftlicher Evidenz von der EFSA gefordert werden wird (bestmög-
6
To the overview
lichste Evidenz vs. bestverfügbare Evidenz). Die Zukunft der „Sportlernahrung“ ist offen. Was die Produkte nach § 4a DiätV bzw. Art. 11
RL 2009/39 betrifft, ist ein Switch in andere Produktkategorien erforderlich. So ist bei Frühgeborenen-Nahrung ein Switch zu FSMP und
bei Muttermilch-Supplementen sowie Produkten für Schwangere und
Stillende ein Switch zu Nahrungsergänzungsmitteln denkbar.
7
To the overview
Import von Nahrungsergänzungsmitteln aus
dem EU-Ausland
Frau Dr. Ina Gerstberger, Rechtsanwältin bei Wragge Lawrence Graham
aham &
Co LLP, nahm sich im Rahmen ihres Vortrags dem Thema „Import
gen aus
von NEM aus dem EU-Ausland“ an, welches nach Erfahrungen
ihrem Praxisalltag von hoher wirtschaftlicher Bedeutung ist.
Es greifen hierbei verschiedene Rechtsbereiche ineinander,
wie insbesondere Zollrecht, Lebensmittelrecht, Arzneimittelrecht und Artenschutzrecht. Die Referentin zeigte den möglichen Ablauf eines Einfuhrverfahrens auf und verwies auf kriti-e
sche Punkte. So ist hinsichtlich der Fragen, welche Dokumente
m
benötigt werden und ob eine Anmeldung zur Kontrolle nach dem
ng
Lebensmittelrecht erforderlich ist, v. a. die Zusammensetzung
nd/
des importierten Produktes entscheidend (z. B. pflanzlicher und/
oder tierischer Ursprung, mögliche Novel Food-Eigenschaft).
Anhand der Geschichte des fiktiven Unternehmers Hr. Clever,, der
e aus
mit der Einfuhr dreier verschiedener Lebensmittelprodukte
rentin
Drittländern in die EU reich werden möchte, zeigte die Referentin
auch typische Problemfälle bezüglich der Verkehrsfähigkeit auf
auf. Hr
Hr.
Clever setzte hierbei u. a. auf ein NEM mit ayurvedischen Kräuterauszügen aus Indien, welches jedoch aufgrund nicht zugelassener pflanzlicher Bestandteile mit einer Novel Food-Eigenschaft an der Einfuhr
scheiterte. Gelatine-Kapseln mit Fischöl, die Hr. Clever aus den USA
importieren wollten, wären zwar prinzipiell verkehrsfähig gewesen,
wurden jedoch beanstandet und vernichtet, da entsprechende Veterinärbescheinigungen fehlten. Magnesium- und Calciumcarbonat in
Granulatform zur Weiterverarbeitung bzw. zum Weiterverkauf bereiteten dem Unternehmer ebenfalls Probleme bei der Einfuhr aus China. Bei Bulkware ist in vielen Fällen eine Importerlaubnis nach AMG
(Arzneimittelgesetz) erforderlich, wobei Hr. Clever in seinem Fall eine
Ausnahmegenehmigung erlangen konnte.
Das Beispiel des Unternehmers Hr. Clever veranschaulicht, dass was
schief gehen kann, oft auch schief geht. Die Referentin empfiehlt daher, Unterlagen sowohl inhaltlich als auch auf Vollständigkeit kritisch
zu prüfen bzw. prüfen zu lassen und Anmeldefristen stets im Blick zu
haben. Sinnvoll sei auch eine vertragliche Absicherung und Verantwortungsabgrenzung mit beteiligten Logistikunternehmen – Vertrauen ist gut, Verträge sind besser.
8
To the overview
Podiumsdiskussion und Ausblick
Die bedeutendsten rechtlichen Entwicklungen in der
Nahrungsergänzungsmittelbranche
Moderation: Dr. Manja Epping, Partnerin, Leiterin der Industry Group
Life Sciences & Healthcare, Taylor Wessing
Teilnehmer:
• Dr. Ina Gerstberger
• Prof. Dr. Alfred Hagen Meyer
• Peter Loosen
• Norbert Pahne
Den Abschluss des Vormittags bild
bildete
t eine
i
P
Podiumsdisdi
di
kussion mit den Referenten des Themenblocks „Recht“.
Auf die Frage der Moderatorin nach einem roten Faden in
den aktuellen lebensmittelrechtlichen Entwicklungen waren
alle einer Meinung: ein Gesamtkonzept sei nicht erkennbar,
vielmehr finde man ein Patchwork an Gesetzen vor. Konzepte würden nicht zu Ende gedacht, der Gesetzgeber würde die
Lücken nicht erkennen und die Realität des Marktes nicht
berücksichtigen. Zwar würden „Impact Assessments“ in die
G
Gesetzgebung
mit einfließen, in diesem Zusammenhang würd jedoch das „Lehren daraus ziehen“ und der nötige Pragden
m
matismus
fehlen. Sehr wohl erkennbar sei ein zunehmend restriktiver Ansatz, was das Lebensmittelrecht als Vermarktungsplattform zunehmend unattraktiv
machen würde. Dringender Handlungsbedarf bestehe an vielen „Baustellen“, wie beispielsweise
hinsichtlich der Festlegung von Höchstmengen für Vitamine und Mineralstoffe in NEM oder hinsichtlich des Art. 8 i. V. m. Anhang III Anreicherungs-VO 1925/2006.
9
To the overview
MARKETING & VERTRIEB
Ein interessanter und abwechslungsreicher Nachmittag wurde mit
dem Themenblock „Marketing & Vertrieb“ eingeläutet. Hierbei wurde
M referiert und diskuu. a. auch über die Chancen und Risiken von NEM
tiert. Zudem bereicherte ein Impulsvortrag zur Grenzsituation Arzneimittel – Lebensmittel die Veranstaltung.
Ernährungsphysiologische Stoffe –
nicht essentiell, nicht nützlich?
Dr. Bernd Haber, Director Regulatory Affairs & Quality Compliance bei Human Nutrition, BASF SE, re-sferierte über die Frage des Nutzens von nicht-eser
sentiellen Stoffen mit ernährungsbezogener oder
physiologischer Wirkung. Zunächst nahm sich der
Referent dem „moderne Nährstoffbegriff“ an, welung“
cher von der Arbeitsgruppe „Fragen der Ernährung“
haft)
der LChG (Lebensmittelchemische Gesellschaft)
entwickelt wurde. Dieser definiert Ernährung über
nd als
den „klassischen Nährstoffbegriff“ hinausgehend
„Gesamtheit der Zufuhr von Stoffen aus Lebensmitteln mit dem Ziel,
die normalen Körperfunktionen aufrecht zu erhalten und diese auf
optimalen Niveau langfristig sicherzustellen“. Für ein „optimales Niveau“ können neben den klassischen Nährstoffen auch andere Stoffe
mit ernährungsbezogener oder physiologischer Wirkung, wie z. B. sekundäre Pflanzenstoffe, eine Rolle spielen.
Im Folgenden kam der Referent auf das Thema der Risiko-NutzenAbwägung zu sprechen. Nichts ist gänzlich ohne Risiko – auch der
Verzehr von Lebensmitteln mit gesundheitlich positiven Effekten kann
Risiken mit sich bringen. So können Fischprodukte als Lieferanten
von wertvollen Omega-3-Fettsäuren mit Schwermetallen oder Keimen belastet sein. Bei Mikronährstoffen liegen Nutzen und Risiken
manchmal nahe beieinander, auf die Menge kommt es an. Eine RisikoNutzen-Analyse ist wissenschaftlich möglich, jedoch kommunikativ
eine große Herausforderung. Medien neigen zur Vereinfachung solch
komplexer Sachverhalte, zudem verkaufen sich schlechte Nachrichten besser als gute. Dies führe zur Verunsicherung der Verbraucher
und sähe Zweifel daran, dass unsere Lebensmittel sicher sind („Was
kann ich überhaupt noch essen?“). So wurde in den Medien auch an
der Effektivität und/oder Sicherheit von Phytosterinen und Fischprodukten gezweifelt.
10
To the overview
Jedoch haben sowohl Phytosterine als auch Omega-3-Fettsäuren
(DHA/EPA) nachgewiesenermaßen einen gesundheitlichen Nutzen.
Phytosterine senken nachweislich den LDL-Cholesterinspiegel, die
Omega-3-Fettsäuren DHA und EPA tragen u. a. zu einer gesunden
Herzfunktion bei. Basierend auf den aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnissen überwiegt der gesundheitliche Nutzen den möglichen,
diskutierten Risiken. Die gute wissenschaftliche Datenlage bezüglich
Phytosterinen führte sogar zur Zulassung von drei Health Claims, darunter zwei „risk reduction claims“. Ebenso wurden einige Claims für
DHA und/oder EPA zugelassen.
Der Referent betonte, dass NEM eine gute Möglichkeit zur Zufuhr solcher Stoffe mit ernährungsbezogener oder physiologischer Wirkung
darstellen können. Einen maximierten Nutzen würden beispielsweise
NEM mit hochkonzentrierten Fischölen bieten, da hierbei nicht nur
ein hoher Gehalt an Omega-3-Fettsäuren sondern auch die Entfernung unerwünschter Stoffe technologisch möglich sei. Des Weiteren
verwies der Referent auf eine Studie der US-amerikanischen Unternehmensberatung Frost & Sullivan, welche in NEM mit Phytosterinen
und Fischölen ein enormes Potential für Einsparungen im Gesundheitswesen sieht.
11
To the overview
Impulsvortrag und Diskussion
Grenzsituation Arzneimittel – Lebensmittel
Mit einem kurzen Vortrag zur Grenzsituation Arzneimittel – Lebensmittel setzte Dr. Stefan Sandner, Gründer und Gesellschafter der Diapharm GmbH
& Co. KG, Impulse für eine Diskussion bezüglich dieser Problematik. Dr.
Sandner beschrieb die Abwanderung von Gesundheitsprodukten vom Arznei- in den Lebensmittelsektor, welche sich vor einigen Jahren vollzog.
Derzeit werde angesichts zunehmend restriktiver Ansätze im europäischen Lebensmittelrecht auch wieder über eine „Rückkehr“ in den Arzneimittelbereich nachgedacht. Die Vermarktung von arzneimittelähnlichen
Gesundheitsprodukten als Lebensmittel einerseits oder als (traditionelles) Arzneimittel andererseits bringt beides sowohl Vor- als auch Nachteile mit sich. Der Übergang vom Lebensmittel zum (traditionellen) Arzneimittel ist hierbei fließend – bei „risk reduction claims“ fängt die Indikation
bereits an. In dieser Grauzone sind Probleme bezüglich der Einstufung
vorprogrammiert. Bei der Produktentwicklung ist es jedoch von enormer
Bedeutung, ob ein Produkt am Ende des Tages ein Lebensmittel oder ein
(traditionelles) Arzneimittel sein soll.
Stellt sich die Frage, in welcher Produktkategorie Behörden und Industrie
landen wollen? Und wie steht es um den Verbraucherschutz? Zahlreiche
Kommentare hierzu kamen aus dem Publikum. Behördenvertreter finden
es bedenklich, wenn die Vorbeugung von Erkrankungen in den Lebensmittelbereich fällt. Von Seiten des Verbraucherschutzes wurde darauf hingewiesen, dass die Auswahl eines Lebensmittels zumeist innerhalb weniger Sekunden stattfindet und viele zusätzliche Hinweise den Verbraucher
überfordern würden. Unterschieden werden müsse hierbei aber zwischen
angereicherten Lebensmitteln und NEM, da der Verbraucher bei letzteren tendenziell ein anderes Bewusstsein an den Tag lege und sich mehr
Zeit für die Auswahl nehme. Der Verbraucher kann demnach sehr wohl
zwischen den unterschiedlichen Produktkategorien differenzieren. Letztendlich wird es ihm aber gleichgültig sein, ob beispielsweise ein Vitamin
C-Produkt als Arzneimittel oder NEM vermarktet wird. Ein Tagungsteilnehmer stellte die Frage, wo die physiologische Wirkung aufhöre und die
pharmakologische anfange und wies darauf hin, dass es hierfür keine wissenschaftlich fundierte Erklärung gibt.
12
To the overview
Nahrungsergänzungsmittel und nicht zugelassene
Arzneimittel als Dopingquellen für den Freizeitund Spitzensport
Dr. Hans Geyer, von Beruf „Dopingforscher“ am Zentrum für präventive
Dopingforschung der Deutschen Sporthochschule Köln, referierte
über die „Dopingfalle Nahrungsergänzungsmittel“. Als Ursache für
positive Dopingbefunde kommt nicht nur vorsätzliche Täuschung sondern auch der Verzehr von „gefälschten“ oder verunreinigten NEM
durch betroffene Sportler in Frage. Der Referent zeigte zahlreiche
erschreckende Beispiele solcher
Produkte auf. Betroffen sind insbesondere Schlankheitsmittel und
Trainingsbooster, welche vorwiegend via Internet zum Verkauf angeboten werden. Gängige Praxis
ist es hierbei, solchen Produkten
Stimulanzien wie beispielsweise
Sibutramin, Methylhexanamin und
Oxilofrin oder anabole Steroide wie
beispielsweise Methandienon zuzusetzen, diese aber nicht als Zutat anzugeben und z. B. hinter Synonymen bzw. Fantasienamen zu
„verstecken“. Bei derartigen Substanzen handelt es sich überwiegend um Arzneistoffe, die aufgrund
von starken Nebenwirkungen teilweise sogar vom Markt genommen
wurden. In den Laboren des Zentrums für präventive Dopingforschung
in Köln wurden solche Stoffe in NEM in Mengen von bis zum 25fachen
der therapeutischen Dosis nachgewiesen. In ungläubige Gesichter
blickte der Referent, als er auf NEM mit Tamoxifen, einem Arzneistoff
zur Therapie von Brustkrebs, zu sprechen kam. Tamoxifen wird aufgrund seiner Eigenschaft als selektiver Estrogenrezeptormodulator
auch missbräuchlich eingesetzt zur Unterdrückung von vergrößerten
Brustdrüsen beim Mann (sog. „Bitchtits“), einer Nebenwirkung vieler Anabolika. Die World Anti-Doping Agency (WADA) veröffentlicht
jährlich eine Liste mit verbotenen Dopingsubstanzen und –methoden.
Doch die Hersteller von Dopingprodukten sind findig – vermehrt kommen auch sog. „Designerstimulanzien“ zum Einsatz, welchen bekannten Dopingsubstanzen in ihrer chemischen Struktur ähnlich sind, wodurch Verbote umgangen werden können.
13
To the overview
Vor einiger Zeit wurde das Problem der Cross-Kontaminationen von
NEM mit Dopingsubstanzen bekannt. So wurden in vermeintlich
harmlosen Vitamin C-, Multivitamin- und Magnesium-Brausetabletten Spuren von anabolen Steroiden nachgewiesen. Doch wie kommt es
zu solchen verunreinigten Produkten? Ein beispielhaftes Szenario ist,
dass ein Hersteller von Brausetabletten für verschiedene Auftraggeber produziert. Auftraggeber A lässt Brausetabletten aus Anabolikahaltigem Ausgangsmaterial pressen. Aus Unwissenheit werden auf
derselben Produktionslinie für Auftraggeber B herkömmliche Vitamin
C-Brausetabletten hergestellt – das Ergebnis: Vitamin C-Tabletten
mit je 0,2 µg Methandienon. Gesundheitlich unbedenkliche Mengen,
die gleichwohl zu einem positiven Drogentest führen und demnach
Sportlerkarrieren zerstören können.
Deshalb empfiehlt der Referent, NEM nur bei medizinischer und ernährungswissenschaftlicher Notwendigkeit einzunehmen und sich
über Bezugsquellen von NEM mit geringem Dopingrisiko zu informieren (z. B. Kölner Liste, Rote Liste).
14
To the overview
Livebefragung Ärzte und Heilpraktiker
Die Rolle von NEM im Berufsalltag von Ärzten
und Heilpraktikern
Am Ende des ersten Veranstaltungstages richtete sich der Blick
auf diejenigen, die NEM empfehlen und verordnen. Allgemeinärzte, Onkologen und Heilpraktiker wurden von Dipl.-Psych. Elisabeth
Niepagenkemper, Geschäftsführerin der objective consumer research
& consulting GmbH, zur Rolle von Nahrungsergänzungmitteln in
ihrem Praxisalltag befragt. Während NEM bei der Behandlung von
schwerstkranken Patienten (Stichwort Onkologie) freilich kaum
eine bis keine Rolle spielen, empfehlen Allgemeinärzte und Heilpraktiker ihren Patien
Patienten durchaus auch den Verzehr
Grü
ünde
d für
fü di
die E
mpffehl
hlung
von Nahrungsergänzungen. Als Gründe
Empfehlung
oder die Verordnung solcher Produkte nannten die Therapeuten in erster Linie Prävention und vorhandene Nährstoffdefizite. In diesem Zusammenhang wurde ferner darauf
hingewiesen, dass psychische Gründe nicht zu verachten
seien – viele Patienten würden NEM verzehren, um die Diskrepanz zwischen Realität und dem Wunsch nach optimaler
Fitness und Leistungsfähigkeit auszugleichen. Häufige Anlässe zur Empfehlung von NEMsind nach Aussage der Ärzte und
Heilpraktiker Stresssituationen, Gelenkbeschwerden sowie
e schwaches Immunsystem, wie insbesondere in der kalten
ein
J
Jahreszeit.
D Therapeuten plädierten dafür, Patienten nicht in AlibihandDie
lu
lungen
mit NEM zu bestärken – es ist zu beobachten, dass solch Produkte in manchen Fällen als Ersatz für eine gesunde
che
Lebensweise mit einer ausge- wogenen Ernährung und ausreichend Bewegung missbraucht
werden. Kritische Töne ließen die Ärzte in Hinsicht auf unseriöse Lebensmittelprodukte mit unhaltbaren, krankheitsbezogenen Werbeversprechen verlauten (z. B. Wirksamkeit gegen Krebs) –
hierbei wird oftmals der Eindruck impliziert, die beworbenen Produkte könnten die Schulmedizin
ersetzen.
Zu guter Letzt wurden die Ärzte und Heilpraktiker nach ihren Wünschen von der Nahrungsergänzungsmittelbranche befragt. Zum einen wurden Qualität und ein gutes Preis-Leistungs-Verhältnis
gefordert. Zum anderen wurde der Vorschlag geäußert, Hersteller von NEM könnten den Ärzten
Muster zur Verfügung stellen, so wie es im Arzneimittelbereich üblich ist.
15
To the overview
Nahrungsergänzungsmittel 2015
3. und 4. Februar 2015, Frankfurt/Main
Zweiter Tag, 4. Februar 2015
CROSS BORDER
Der zweite Tag begann mit einem Blick über den Tellerrand. Rechtsanwälte aus den EU-Mitgliedsstaaten UK, Bulgarien, Polen und
Frankreich sowie aus dem „Drittland“ Schweiz gaben einen Einblick
in regulatorische Situation von Nahrungsergänzungsmitteln in ihren
Heimatländern.
Vereinigtes Königreich
Dominic Watkins (DWF LLP, London) zeigte dem Publikum die regulatorische Situation von NEM im Vereinigten Königreich (UK) auf. In England, Schottland und Wales existieren jeweils lokale Gesetze. Der
Referent verwies u. a. auch auf die britischen „Packaging Regulations“. Einige Inverkehrbringer von NEM wurden auf deren Grundlage
bereits rechtlich dafür belangt, überdimensionierte Verpackungen zu
verwenden. In Zusammenhang mit der Bewerbung von NEM wurden
die ASA (Advertising Standards Authority) und das CAP (Committee
of Advertising Practice) vorgestellt. Diese anerkannten Einrichtungen
zur freiwilligen Selbstkontrolle spielen im Vereinigten Königreich eine
wichtige Rolle hinsichtlich gesundheitsbezogener Werbung.
Bulgarien
Interessant war auch ein Blick nach Bulgarien mit dem Vortrag von
Elena Todorova (schoenherr, Sofia). Bulgarien wandelt sich nicht nur von
einer Agrargesellschaft hin zu einer Industriegesellschaft, sondern
muss sich seit dem EU-Beitritt auch den wachsenden Anforderungen an die Lebensmittelsicherheit stellen. So wurde 2011 eine nationale
Behörde für Lebensmittelsicherheit gegründet. Der bulgarische
Markt für NEM erweist sich mit einem jährlichen Wachstum von 10 %
als dynamisch.
Die Referentin zeigte die gesetzlichen Rahmenbedingungen für das
16
To the overview
Inverkehrbringen von NEM in Bulgarien auf. Hierbei sind die Verordnungen Nr. 47 und Nr. 23 von Bedeutung. Neben allgemeinen Anforderungen an Nem sind hierin Höchstmengen für Vitamine und Mineralstoffe sowie eine Negativliste mit 120 Pflanzenteilen festgelegt.
Zudem ist ein Meldeverfahren vor dem Inverkehrbringen eines NEM
vorgeschrieben.
Die Referentin wies ferner auf Artikel 12 des bulgarischen Lebensmittelgesetzes hin, welcher eine kontroverse Bestimmung in Bezug
auf den Fernabsatz enthält. Demnach ist es beispielsweise verboten,
dass ein bulgarisches Bewohner Lebensmittel aus dem Ausland bei
amazon.de bestellt. In der Praxis könne dieses Problem z. B. dadurch
gelöst werden, eine Lagerhalle in Bulgarien anzumieten.
Polen
Sylwia Paszek (Wardyński and Partners, Warsaw) referierte über die gesetzlichen Rahmenbedingungen für NEM in Polen. Auch der polnische
Markt für NEM weist hohe Wachstumsraten von derzeit jährlich 7 – 9
% auf. Die Referentin ging detailliert auf die Besonderheiten des Notifizierungsverfahrens für NEM in Polen ein. Polen sei kein einfaches
Land, um ein NEM in Verkehr zu bringen. So sind im europäischen
Vergleich umfangreiche Informationen bei der Anmeldung eines Nahrungsergänzungsmittels beim „General Sanitary Inspector“ (GSI)
erforderlich. Die polnischen Behörden haben zudem den Ruf, sehr
streng vorzugehen. Bei der Notifizierung von NEM seien sowohl der
unsicheren Status des Produktes als auch die Gefahr eines „deadlocks“ während des Verfahrens als problematisch anzusehen. Der
freie Warenverkehr sei durch die polnischen Regelungen und ihrer
Anwendungspraxis nicht gewährleistet. Von der Europäischen Kommission wurde deswegen ein Verfahren gegen Polen eingeleitet, was
zu einigen Veränderungen führte.
Frankreich
Einen Überblick über die regulatorische Situation von NEM in Frankreich gab Isabelle Haye (ProductLawFirm, Paris) in ihrem Vortrag. Mehrere französische Rechtsakte sind für das Inverkehrbringen von NEMvon Bedeutung. Als Umsetzung der europäischen NemRL 2002/46
dient der „Décret n°2006-352 du mars 2006 relatif aux compléments
alimentaires“. In den Anhängen I bis IV der französischen Nahrungs-
17
To the overview
ergänzungsmittel-Verordnung sind Bestimmungen für Vitamine und Mineralstoffe in qualitativer und quantitativer
Hinsicht festgelegt. Für Pflanzen und pflanzliche Zubereitungen ist der „Arrêté du 24 juin 2014“ von Bedeutung,
welcher im Juli 2015 in Kraft tritt. Dieser enthält eine Liste mit Pflanzenteilen, deren Verwendung in Lebensmitteln, ggf. unter Einhaltung von Verwendungsbeschränkungen, erlaubt ist. In diesem Zusammenhang verwies
die Referentin auf die Zusammenarbeit mit Belgien und Italien im Rahmen des Belfrit-Projekts. Anhand eines
Vitaminpräparates wurde beispielhaft die Kennzeichnung von NEM aufgezeigt. Ferner erklärte die Referentin die
Einzelheiten des Notifzierungsverfahrens für NEM in Frankreich.
Ein neues Lebensmittelgesetz in der Schweiz:
Was ändert sich?
Am 20. Juni 2014 wurde in der Schweiz nach turbulenten Verhandlungen
ein neues Lebensmittegesetz im Parlament verabschiedet. Adrian Kunz, tätig
in der Rechtsabteilung des Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und
Veterinärwesen (BLV), zeigte den Tagungsteilnehmern hierzu die wichtigen Eckpunkte auf. Das neue schweizerische Lebensmittelrecht orientiert sich am bestehenden, doch es soll mehr dem EU-Recht angenähert
chen 1:1 übernomwerden. Dieses solle aber nicht in allen Bereichen
ehr sei ein „autonomer
a tonomer Nach
oll g“
men werden, vielmehr
Nachvollzug“
das Ziel. In Zusammenhang mit dem neuen Lebensmittelgesetz sind für Nahrungsergänzungsmittel insbesondere
der neue Lebensmittelmittelbegriff (nach Art. 2 Basis-VO
1
178/2002),
die Aufgabe des Positivprinzips sowie die Übern
nahme
des Novel Food-Konzeptes der EU von Relevanz.
D Referent nahm im Folgenden die neue schweizerische
Der
V
Verordnung
über Nahrungsergänzungsmittel ins Visier. Wese
sentliche
Änderung sind hierbei die Einführung einer Meldepflicht sowie die Tatsache, dass Nahrungsergänzungsmittel
ni
nicht
mehr als „Speziallebensmittel“, sondern als konventio
tionelle
Lebensmittel gelten. An den spezifischen schweizeris
rischen
Höchstmengen für Vitamine und Mineralstoffe soll
ma
mangels
harmonisierter EU-Höchstmengen festgehalten werden zudem ist die Etablierung einer Negativliste für Pflanzen
den,
und Pflanzenteile in Zusammenhang mit der neuen Verordnung
übe Nahrungsergänzungsmittel geplant.
über
Insg
Insgesamt
ist im schweizerischen Lebensmittelrecht eine Tendenz zur Liberalisierung erkennbar (z. B. offener Lebensmittelbegr Aufgabe des Positivprinzips). Das neue Recht könnte im
begriff,
Qu
2. Quartal
2016 in Kraft treten, jedoch bestehen noch gewisse
Unsic
Unsicherheitsfaktoren,
wie u. a. auch die Entwicklung des Verhältni
hältnisses
zur EU (Einwanderung, Franken-Bindung zum Euro).
18
To the overview
ÜBERWACHUNG
Am zweiten und letzten Nachmittag der Veranstaltung kamen Vertreter der deutschen Behörden zu Wort. Zunächst wurden die ersten
Ergebnisse der Gemeinsamen Expertenkommission des BVL/BfArM
vorgestellt, gefolgt von einem Vortrag über die Revision des europäischen Diät-Rechts aus Sicht der Überwachung. Anschließend wurde
die Stoffliste des Bundes und der Bundesländer „Kategorie Pflanzen
us verund Pflanzenteile“ von projektverantwortlichen Vertretern aus
schiedenen Blickwinkeln beleuchtet.
Expertenkommission – erste Stellungnahmen
Frau Dr. Breitweg-Lehmann ist Leiterin des Referats 101 am BVL
(Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit). Sie stellte den Teilnehmern der Veranstaltung erste Er-d
gebnisse der Gemeinsamen Expertenkommission des BVL und
rdes BfArM vor, bei welcher sie auch selbst mitwirkt. Diese wuron,
de 2012 mit dem Ziel gegründet, als unabhängige Kommission,
nter
bestehend aus behördeninternen und -externen Vertretern, unter
ssen
Berücksichtigung von sowohl wissenschaftlichen Erkenntnissen
cheials auch rechtlichen Bestimmungen, Kriterienkataloge, Entscheier zu
dungsbäume und Stellungnahmen mit Empfehlungscharakter
n steerarbeiten. Im Fokus der Arbeiten der Expertenkommission
zungen
hen sog. Borderline-Produkte. Im Rahmen regelmäßiger Sitzungen
alpilze,
wurden sich bisher vier Themen angenommen, namentlich Vitalpilze,
Monacolin K, bilanzierte Diäten und hochdosiertes Vitamin D.
men ExErst kürzlich wurde die erste Stellungnahme der Gemeinsamen
pertenkommission zur „Einstufung bestimmter Vitalpilzprodukte““
veröffentlicht, welcher sich auch der Vortrag von Frau Dr. BreitwegLehmann widmete. In diesem Zusammenhang nahm das Gremium
Produkte mit den Pilzarten chinesischer Raupenpilz (Cordyceps sinensis), Schmetterlingstramete (Coriolus versicolor) und Lackporling
(Ganoderma lucidum) unter die Lupe. Derartige Pilzprodukte werden
in Kapsel- und Tablettenform vorwiegend via Internet als Nahrungsergänzungsmittel in „neutralen“ Verpackungen vermarktet, zugleich
findet sich jedoch auf den zahlreichen Websites krankheitsbezogene
Werbung in unmittelbarer Nähe zu besagten Produkten. Beispielsweise wird der chinesische Raupenpilz als „natürliches“ Antitumormittel beworben, für die Polysaccharide der Schmetterlingstramete
wird ein antioxidatives Potential postuliert und dem Lackporling wer-
19
To the overview
den aufgrund der enthaltenen Ginseng-ähnlichen Triterpene diesem
vergleichbare Wirkungen zugesprochen. Derzeit ist jedoch kein Claim
für Vitalpilze zugelassen, zudem verbietet Art. 7 Abs. 3 VO 1169/2011
(LMIV) krankheitsbezogene Werbung. Aus der Omnipräsenz von
Vitalpilzen im Netz als „Heilbringer“ mit Nähe zur TCM (Traditionelle
Chinesische Medizin) leitet sich nach Ansicht der Expertenkommission eine allgemeine arzneiliche Verkehrsauffassung für den Verbraucher ab. Aufgrund fehlender klinischer Studien am Menschen ist
p
g
der wissenschaftlich fundierte Nachweis einer „pharmakologischen
eln
Wirkung“ i. S. v. Funktionsarzneimitteln
mt
nicht möglich. Das Gremium kommt
redeshalb zum Ergebnis, dass entspreall
chende Vitalpilzprodukte im Einzelfall
tbei Vorliegen der sonstigen Voraussetel
zungen als Präsentationsarzneimittel
gemäß § 2 Abs. 1. Nr. 1 AMG (Arznei-mittelgesetz) einzustufen sind. Diess
soll nach Meinung der Expertenkom-mission auch neutral aufgemachte
Produkte ohne konkreten Verwendungszweck betreffen, da dem Inverkehrbringer die arzneiliche „Verbraucherauffassung“ von Vitalpilzen
nicht entgangen sein kann.
20
To the overview
Die Revision des Diätrechts aus Sicht
der Überwachung
Vera Grochowski, Fachgebietsleiterin an der Landesuntersuchungsanstalt
chsen, referierte über
für das Gesundheits- und Veterinärwesen in Sachsen,
ätrechts aus Sicht der
die Aufgabe des Konzepts des europäischen Diätrechts
esonderen
Überwachung. Der Vortrag widmete sich im Besonderen
den Auswirkungen der VO 609/2013 auf einzelne Produktkategorien, wie glutenfreie Lebensmittel, Lebensmittel für Säuglinge und
Kleinkinder, bilanzierte Diäten, Lebensmittel
für eine gewichtskontrollierende Ernährung,
Sportlernahrung und sonstige diätetische Le-bensmittel.
In Bezug auf „ergänzende bilanzierte Diäten“ beättont die Referentin, dass der Nachweis der Diätelen
eignung kaum leistbar und eine Einstufung in vielen
scht
Fällen problematisch sei. Die Überwachung wünscht
n einsich deshalb rechtsverbindliche Kriterien für ein
hrung
heitliches Vorgehen bei der Prüfung, die Einführung
wie ggf
ie Festleeiner Prüfpflicht vor dem Inverkehrbringen sowie
ggf. d
die
gung eines „Krankheitenkataloges“. Was „Sportlernahrung“ betrifft,
erachtet die Überwachung spezifische Regelungen als sinnvoll und
zwingend notwendig.
Der Vortrag beschäftigte sich zudem mit der möglichen Umwidmung
der Produkte im Zuge des Abschieds vom Konzept der diätetischen
Lebensmittel. Alternativen sind z. B. die Produktkategorien „Nahrungsergänzungsmittel“, „normale“ Lebensmittel oder auch andere
diätetische Produktkategorien, sofern es diese noch gibt. So wäre
eine Umwidmung von Babytees in „normale“ Lebensmittel möglich,
während NEM für Säuglinge zukünftig als „normale“ NEM vermarktet
werden könnten. Eine Anzeige- bzw. Prüfpflicht wäre dann in manchen Fällen nicht mehr nötig. Hier zeigt sich laut der Referentin eine
Diskrepanz zum Ziel der Kommission, mit der VO 609/2013 strengere
Bestimmungen für eine begrenzte Zahl für Lebensmittel für besonders schutzbedürftige Bevölkerungsgruppen festzulegen.
21
To the overview
Stofflisten des Bundes und der Bundesländer –
Entwicklungen auf nationaler und europäischer Ebene
Florian Riedel, tätig am Referat 101 des BVL (Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit), stellte den Teilnehmern der
Veranstaltung die Stoffliste des Bundes und der Bundesländer „Kategorie Pflanzen und Pflanzenteile“ vor. Die Stoffliste soll die Einstufung
und Beurteilung von Pflanzen(teilen) hinsichtlich einer Verwendung
in oder als Lebensmittel erleichtern. Sie enthält derzeit Einträge zu
ca. 590 Pflanzen(teilen), ist nicht rechtsverbindlich und für Fortschreibung offen.
Eine Einstufung der Pflanzenteile als Lebensmittel, Novel Food bzw.
(traditionelles) Arzneimittel erfolgte systematisch mit Hilfe eines Entscheidungsbaumes. Des Weiteren wurden Empfehlungen für die Verwendung in Lebensmitteln in Form von drei Teillisten getätigt: Liste
A (eine Verwendung als Lebensmittel(-zutat) wird nicht empfohlen),
Liste B (bei der Verwendung als Lebensmittel(-zutat) wird eine Beschränkung empfohlen) und Liste C (aufgrund fehlender Daten kann
keine abschließende Beurteilung erfolgen). Grundsätzlich werde sich
hierbei an Art. 8 i. V. m. Anhang III Anreicherungs-VO 1925/2006 angelehnt, jedoch würden in der Stoffliste auch Fragen berücksichtigt, die
über die Anreicherungs-VO hinausgehen. Zudem gilt es zu beachten,
dass es sich bei der deutschen Pflanzenliste im Gegensatz zur Anreichungs-VO um eine Empfehlung handelt.
In der Stoffliste sind gegebenenfalls auch Informationen bezüglich
(potentieller) Risiken und kritischer Inhaltsstoffe entsprechender
Pflanzen(teile) aufgeführt. Der Referent kam zudem auf das EFSAKompendium, auf die Arzneipflanzen-Monographien des HMPC (Committee on Herbal Medicinal Products) sowie auf die Listen anderer
EU-Mitgliedstaaten zu sprechen. Bei der Erstellung der Stoffliste wurden u. a. auch diese Dokumente berücksichtigt.
22
To the overview
Risikobewertung von Pflanzen und pflanzlichen Zubereitungen
Frau Dr. Regina Schumann ist wissenschaftliche Mitarbeiterin
am Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR). Sie war an
der Erstellung des BfR-Wissenschaftsheftes „Risikobewertung von Pflanzen und pflanzlichen Zubereitungen““
8
beteiligt. Hierfür wurden aus der Stoffliste insgesamt 18
aPflanzen ausgewählt, die aufgrund ihrer starken pharmader
kologischen Wirkung, einer psychotropen Wirkung oder
nsaufgrund möglicher Risiken bei der Verwendung in Lebensmitteln in Liste A oder B eingeordnet wurden. So wurden beialbei,
spielsweise Fingerhut-Arten, Eisenhut-Arten, Aztekensalbei,
ndlaKudzuwurzel, Rosenwurz und Wermut bewertet. Als Grundlae dem
ge für die Risikobewertung der pflanzlichen Stoffe diente
ls and
BfR der EFSA-Leitfaden „Safety assessement of botanicals
botanicals preparations for use as ingredients in food supplesheft im
ments“. Wie eine Risikobewertung im BfR-Wissenschaftsheft
hand von
Detail aufgebaut ist, zeigte die Referentin beispielhaft anhand
Aristolochia-Arten und Gojibeeren auf.
Ende 2010 übersendete das BMELV (Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft) der EU-Kommission eine 10 „A“-Pflanzen
umfassende „Hitliste“ mit dem Vorschlag, diese in den Anhang III, Teil
A zu Art. 8 Anreicherungs-VO 1925/2006 aufzunehmen. Die Kommission stellte fest, dass 8 der 10 vorgeschlagenen Pflanzen in Lebensmitteln überhaupt nicht verwendet werden und diese deshalb nicht in der
VO 1925/2006 geregelt werden können. Lediglich für zwei Pflanzen,
namentlich Ephedra spp. (Meerträubel-Arten) und Pausinystalia yohimbe (K. SCHUM.) PIERRE ex BEILLE (Yohimbe), sah die Kommission eine Aufnahme in Anhang III angezeigt, weshalb sie diesbezüglich
die EFSA mit einer wissenschaftlichen Bewertung beauftragte (EFSA
Journal 2013;11(11):3467 und EFSA Journal 2013;11(7):3302). Auf
Grundlage dieser wissenschaftlichen Stellungnahmen veröffentlichte
die Kommission im März 2014 einen Änderungsentwurf für die Anreicherungs-VO 1925/2006. In diesem wird die Aufnahme von Ephedra
und dessen Zubereitungen in Teil A des Anhang III (Verbotene Stoffe)
und von Yohimbe und deren Zubereitungen in den Teil C des Anhang
III (Stoffe, die von der Gemeinschaft geprüft werden) vorgesehen. Laut
der Referentin sollten der Kommission auch die 8 „B“-Pflanzen des
BfR-Wissenschaftsheftes „Risikobewertung von Pflanzen und pflanzlichen Zubereitungen“ zur Überprüfung zugeleitet werden.
23
To the overview
Stoffliste - Abgrenzung pflanzlicher Arzneimittel
zu Lebensmitteln aus Sicht der Arzneimittelzulassungsbehörde
Die Referentin Dr. Kerstin Stephan ist wissenschaftliche
che Mitarbeiterin am
rodukte (BfArM). Ihr
Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte
ufung von
Vortrag behandelte die Kriterien bei einer Einstufung
pflanzlichen Stoffen in der Stoffliste als Arzneimittel und/oder traditionelles Arzneimittel.
Maßgebliches Kriterium für eine Einstufung in
der deutschen Pflanzenliste als Arzneistoff sind
die pharmakologischen Eigenschaften eines
pflanzlichen Stoffes. Hinsichtlich einer Einstu-er
fung als traditionelles Arzneimittel wurden in der
rStoffliste gegebenenfalls auch die allgemeine Verche
kehrsauffassung bzw. bestehende Handelsbräuche
aikberücksichtigt. Andere Kriterien i. S. d. Mosaiknden
Prinzips, wie insbesondere die Präsentation, fanden
chtibei der Erstellung der Stoffliste keine Berücksichtigung. Dies muss im Einzelfall eines konkreten Produktes beurteilt werden.
Für das entscheidende Einstufungskriterium der „pharmakolo-gischen Wirkung“ sind Vorgaben der Gerichte von Bedeutung.
So darf eine Arzneimittel-Einstufung nicht auf Verdacht vorgenommen werden ohne das eine pharmakologische Wirkung
durch belastbare wissenschaftliche Erkenntnisse belegt ist.
(Vgl. BVwG, Urteile vom 25. Juli 2007). Interessant in diesem
Zusammenhang ist u. a. auch ein Urteil des EuGH vom 10. Juli
2014, wonach sich die „pharmakologische Wirkung“ auf gesundheitsfördernde Wirkungen beschränken muss.
i
Konkret wird ein Pflanzenteil in der Stoffliste als Arzneimittel eingestuft, wenn dies durch bestehende Arzneimittelzulassungen, Bescheide des BfArM und/oder Arzneipflanzen-Monographien der Organisationen Kommission E, ESCOP, HMPC und WHO belegt werden kann.
Eine Besonderheit der HMPC-Monographien ist hierbei, dass bei der
Bewertung jeweils zwischen einem „well established use“ und einem
„traditional use“ unterschieden wird. Wird ein pflanzlicher Stoff in der
deutschen Pflanzenliste als Arzneistoff eingestuft, so wird zugleich
ein Kreuz bei „Liste B“ gesetzt. Als Abgrenzungskriterium zum Lebensmittel wird hierbei die pharmakologisch wirksame Dosierung
empfohlen. Die alleinige Einstufung als traditionelles Arzneimittel
führt in der Stoffliste nicht zu einer Aufnahme in Liste B.
24
To the overview
Sie haben einen Themenvorschlag für die nächste
Jahrestagung Nahrungsergänzungsmittel?
Dann melden Sie sich gerne bei:
Elke Schneider
Senior-Konferenz-Managerin
+49 (0) 2 11/96 86-35 19
[email protected]
Wir danken Anna Oberloher für die
Zusammenfassung der Inhalte.
Folgen Sie uns!
www.twitter.com/legal_live
www.facebook.com/euroforum.de
www.euroforum.de/news
SAVE
THE DATE!
16. EUROFORUM-Jahrestagung
NAHRUNGSERGÄNZUNGSMITTEL 2016
28. und 29. Januar 2016, Hilton Frankfurt
www.euroforum.de/nem
25
To the overview