Mit Blumen und Girlanden

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DONNERSTAG, 26. MÄRZ 2015 | SEITE 16
Mit Blumen und Girlanden
Dahlenberg war in den 50er-Jahren durch seine Maiumzüge überaus bekannt
DAHLENBERG. Im kleinen Heideort Dahlenberg wurden in den fünfziger Jahren
große Maiumzüge durchgeführt. Der ganze Ort beteiligte sich daran. Die Vorbereitungen waren enorm. Es wurden Wagen
mit Blumen und Girlanden geschmückt.
Alle trugen ihre Sonntagskleidung. Jeder
hatte einen Blumenkorb oder einen geschmückten Handwagen. Besonders die
Kinder freuten sich auf den Umzug, denn
für sie war es ein Höhepunkt im Jahr.
Nach 1945 gingen noch 128 Kinder in die
kleine Dorfschule Dahlenberg, so erinnert
sich noch ein älterer Einwohner.
Da es im Dorf einige Großbauern gab,
wurden die geschmückten Wagen durch
ein Pferdegespann gezogen. Aber auch
Kühe wurden von den kleinen Wirtschaften als Zugtiere genutzt. Stolz waren die
Jungen, wenn sie mit ihrem eigenen
Pferd, was natürlich besonders schön herausgeputzt war, den Umzug begleiten
durften, der sich durch den ganzen Ort
schlängelte. Zum Abschluss wurde ausgiebig im Saal der Gaststätte Tette gefeiert. Der Saal befand sich damals noch unten links hinter dem Eingang, wo später
dann Wohnräume entstanden. Im Saal
gab es keine Tische, nur Bänke, die am
Rand rund um den Saal standen. Es wurde ausgiebig getanzt und die älteren Einwohner beobachteten von den Bänken
aus das lustige Treiben der jungen Leute.
Renate Klausnitzer
Die Fotos stammen von einer Privatperson aus Dahlenberg und zeigen den
Umzug durch das Dorf.
Fotos: privat
Fast täglich wurden Leichen angeschwemmt
Paul Reucher, als Jugendlicher aus Köln/Poll evakuiert, schreibt über seine Erlebnisse zu Kriegsende in Mehderitzsch (Teil 5/Ende)
MEHDERITZSCH. Die Züge fuhren wieder
nach Torgau. Eines Abends, Mutter und ich
waren auf unserem Zimmer bei Krausch,
wurden wir in der Gaststätte von der russischen Geheimpolizei zusammengerufen.
Diese Befragung unter Bewachung dauerte Stunden. Man wollte wissen, welche Nazigrößen hier und auf dem Nachbargrundstück bei Petersmark gewesen sind und etwas vergraben hätten. Keiner wusste etwas
davon, doch sie wurden fündig. Sie entdeckten Aktentaschen und einige Flaschen
Spiritus. Als man das gefunden hatte, zog
man wieder ab, doch vorher musste ausgerechnet ich den Spiritus auf Trinkbarkeit
prüfen. Zum Glück konnte ich meinen
Rausch noch ausschlafen.
Deichbruch geschlossen
Es gab dann einen Bürgermeister, den
Kommunisten Kleinert, die Ortsverwaltung funktionierte wieder. Die Schulen
waren noch nicht in Betrieb. Da ich 14
Jahre alt war, lag ich außerhalb der Schulpflicht. Um Aufenthaltsgenehmigung und
Lebensmittelkarten zu bekommen, sollte
ich arbeiten gehen. Erste Verpflichtung:
das Wasserwerk an der Landstraße. Ich
musste helfen, den Kies der Reinigungsbecken auszutauschen. Dann wurde ich
an den Deichverband überwiesen. Beim
Übergang über die Elbe hatten die Russen den Elbdamm bei Weßnig durchbrochen, der schnell wieder geschlossen werden musste. Morgens um 7 Uhr versammelten sich am Damm 20 Männer, meist
Evakuierte. Dort habe ich den ganzen Juni
bis zum 15. Juli gearbeitet, bis der Durchbruch geschlossen war. Auf dem Weg zu
dieser Arbeitsstelle bin ich jedes Mal über
die Felder und am Elbufer vorbeigegangen. An einigen Holzresten von der Pontonbrücke über die Elbe, die noch aus dem
Wasser ragten, wurden fast täglich Leichen angeschwemmt. Meist tote deutsche
Soldaten, in Tschechien ermordet und in
den Fluss geworfen. Wir Jungen mussten
sie bergen und nach Unterlagen, Wertmarke und so weiter untersuchen, die
dem evangelischen Pastor übergeben
wurden. Auf einem nahen Friedhof an der
Kirche wurden sie begraben. Die Zahl der
Arbeiter wurde täglich kleiner, weil sich
viele Evakuierte in die Heimat aufmachten. In der Freizeit hielt ich mich meist in
der Schmiede auf, wobei der stille Wunsch
bestand, ein Fahrgestell mit Rädern für einen Handwagen zu besorgen. Vielleicht
bestände die Möglichkeit, mit Gepäck
und Zug nach Köln zu kommen.
Tante Kathr. wagte mit Gerta
am 28. August die Fahrt nach
Westen, sie gelang über Heiligenstadt. Zurück nach Mehderitzsch kam sie am 8. September. Sie hatte viel zu erzählen und brachte auch die Achse mit Rädern für einen Wagen mit. Wir
ließen in Mehderitzsch bei einem Schreiner eine Kiste fertigen, die ich zu einem
Wagen herrichtete.
Für alle Bekannten stand nun fest, so bald
wie möglich in die Heimat zu fahren, sodass wir packten und mit dem Zug losfuhren. Es war der 15. September, als wir
uns aufmachten. Die Kölnerin, die mit uns
fuhr, hatte in Erfurt Bekannte, weshalb
ich mit ihr dort Station machte. Dieser
Umstand half mir gegenüber der Geheimpolizei, die mich in Halle kontrollierte.
Die Fahrkarte bis Erfurt war der Beweis,
nicht zu flüchten. Wir fanden unsere Leute in Heiligenstadt am Bahnhof, in der
ganzen Stadt wimmelte es nur von Menschen, die alle in den Westen wollten. Die
Grenze war noch weit, unmöglich mit
dem Gepäck und den Wagen rüberzukommen. Da hörten wir, dass bei Mühlhausen für einen Tag die Grenze offen
wäre. Darum in den Zug Richtung Mühlhausen. An einem der Grenze nahe liegenden Bahnhof stiegen wir aus, doch die
Alten konnten nicht mehr weiter. Beschwerliche Versuche, irgendwie in den
Westen zu kommen, scheiterten in den
folgenden Tagen. Schließlich liefen wir
einem Grenzposten in die Arme. Es half
alles nichts: Unsere Gruppe musste zurück. So erreichten wir einige Zeit später
reumütig erst Torgau und dann Mehderitzsch. Die Bewohner waren natürlich
über unsere Rückkehr erstaunt. Wann der Herr des
Hauses, Johannes Bongartz, aus der Gefangenschaft zurückgekommen
war, kann ich nicht sagen.
Trotzdem wurden wir von
allen wieder freundlich
aufgenommen. Mutter
half Frau Bongartz weiterhin im Haushalt, wir hatten auch oftmals einen gemeinsamen Mittagstisch. Dabei passten
wir oft auf die beiden Kinder, Irmgard und
Paul-Heinz, auf. Frau Krausch gab uns sofort das große Zimmer an der Straße, in
dem wir mit der Tante zu dritt wohnten.
Johannes Bongartz besorgte mir auch einige Male Arbeiten an der Spar- und Darlehenskasse. Es waren immer leichte Aufgaben, die ich gut erfüllen konnte. Um
Fleischersatz zu holen, bin ich mehrmals
mit Mutter in den Wald Pilze suchen gegangen. Es gab immer leckere, reichliche
Pilzmahlzeiten. Der von den Siegermächten erlaubte Rücktransport der Evakuierten wurde uns mitgeteilt und damit stieg
die Hoffnung. Information und Registrierung erfolgten bei einer Zusammenkunft
in Belgern. Nach diesen Hinweisen durch
Herrn Finke, wie unser Rücktransport
verlaufen sollte, mussten wir bald Transportmittel haben. So half ich dem
Schmied, und nahm Verbindung mit einem Stellmacher in Mehderitzsch auf. Mit
diesem Mann kam ich sehr gut aus.
Abschiedsgottesdienst
Es war ein ständiges Warten, jedes Mal
verschob sich die ersehnte Heimfahrt. Als
das Gefährt fertig war, konnten wir schon
mal ein Beladen des neuen Handwagens
üben. Doch die Ladefläche war zu klein,
um alles aufzunehmen. Vater hatte noch
per Eisenbahn viele Sachen nach Mehderitzsch gesandt, wie Mutters Nähmaschine, Fahrrad von Katharinchen usw., dazu
wollten wir noch die angefertigten Kisten
vollgefüllt mitnehmen. Ein Glück, dass
ein Evakuierter seinen Wagen beim Stellmacher nicht abholte, den ich kaufen
konnte. Die Transportmittel reichten nun
aus und wir übten erneut Packen sowie
Aufladen. Dabei halfen die Bänder und
Schultergurte, die die Sattlerei Klengel
uns anfertigte.
Am 27. Oktober feierten wir in der Weßniger Kirche den Abschiedsgottesdienst.
Hier, in der evangelischen Kirche, hatten
wir oft die katholische Messe zelebriert,
es kamen dann viele Rheinländer zum
Gottesdienst. Dabei war ich immer der
Messdiener. Endlich, am 17. November
1945, traf unser Transportzug ein, der uns
zur Grenze bringen sollte. Diesmal gelang
die Fahrt in den Westen, die erneut zum
Abenteuer wurde und mehrere Tage dauerte.
(Familie Reucher baute sich in der alten
Heimat eine neue Existenz auf. Tiefe Trauer herrschte jedoch, dass Bruder Josef vermisst blieb.)
Quelle: Paul-Heinz Bongartz
Von „Osterfüllartikeln“ und
„Fußgängerschutzleuchten“
In der DDR wurden viele Begriffe umschrieben
TORGAU. Bald werden bestimmt wieder
die alten Osterbräuche praktiziert. In diesem Zusammenhang fällt mir aus der
DDR-Zeit der Begriff „Osterfüllartikel“
ein. Gemeint war nichts anderes als ein
Papposterei. Mein Nachbar hat Ostern
viel Besuch. Gemeinsam wollen sie in einer Torgauer Gaststätte Mittagessen gehen. Zu DDR-Zeiten gab es in den Gaststätten sogenannte Erlebnisbereiche, wie
man zu sagen pflegte. In manchen Lokalen konnte man sein blaues Wunder erleben, wenn zum Beispiel Folgendes an der
Tür stand: „Sie werden platziert!“ Oder:
„Heute geschlossene Gesellschaft!“. Kam
man etwas später nach Hause, stellte man
unterwegs seine Fußgängerschutzleuchte an – die Taschenlampe. In der DDR
wurden viele Begriffe umschrieben, wie
zum Beispiel: „Es handelt sich bei dieser
Damenoberbekleidung um hochwertige
Ware.“ Das bedeutete vor allem, dass diese Stücke besonders teuer waren. Und
wenn Sie Ihre Post aus der Hauspostschließfachanlage holten, hatte man es
mit nichts anderem als mit einem Briefkasten zu tun. Der Mähdrescherfahrer
war der Erntekapitän und die Ernte war
immer eine große Ernteschlacht. Wichtige Aufgaben wurden doppelt gemoppelt,
wie zum Beispiel „Hauptschwerpunkte“.
In Torgau soll es tatsächlich 1950 zu Ostern folgende Losung gegeben haben: „Es
braust ein Ruf wie Donnerhall – Die SED
macht Osterball!“ Na dann, frohe Ostern.
Günther Fiege
Die bunten Papp-Ostereier kannte in der DDR wohl jeder.
Fotos: privat
Am Waldrand tauchte der erste russische Panzer auf – er wurde abgeschossen
Kindheitserinnerungen aus der bewegten Zeit im Frühjahr 1945 / Mit Gummiwagen und voller Angst traten viele Einwohner die Flucht an
BEILRODE. Es war der 23. April 1945.
Beilrode lebte in einer beängstigenden
Ruhe im Sonnenschein. Mein Vater, Jahrgang 1892, gedienter 12-Ender bei Kaiser
Wilhelm und der Reichsarmee, ein strammer Militärmusiker, wurde zum Volkssturmführer ernannt. Er führte seine Kinder- und Rentnerabteilung in Richtung
Torgau zur Verteidigung der Festung.
Gegen 18 Uhr erschien der Lokführer Rieback, ein Cousin meines Vaters, aufgeregt
in unserem Haus, Gartenstraße 16. „Ich
bin mit einer Lok auf dem Bahnhof und
habe noch zwei leere Güterwagen aufgetrieben. Packt das Notwendigste ein, bis
zur Elbe kommen die Russen, ich bringe
Euch zu den Amerikanern, denn die Brücke wird heute Nacht gesprengt.“ Meine
Mutter, ich und unsere einquartierten
Rheinländer, damalige Umsiedler, luden
unseren Handgummiwagen und ab ging
es zum Bahnhof. Die Lok dampfte, die Loren wurden beladen, kein Militär weit und
breit. Der Zug setzte sich in Bewegung.
Auf der B 87, am Waldende, tauchte der
erste russische Panzer, sicher ein T 34, auf.
Vom Zwethauer Wäldchen aus, in dem
noch eine kleine deutsche Einheit lag,
wurde er abgeschossen.
Später befanden sich unter der Spukeiche
Holzkreuze mit deutschen Stahlhelmen.
Das war das Ende der Durchhalter. Unsere Zugfahrt endete hinter Klitzschen, amerikanische Tiefflieger griffen an. Die Wagen wurden entladen und wir schlossen
uns dem Treck auf der Parallelstraße zur B
87 in Richtung Audenhain an. Auf dem
Kirchturm von Röcknitz wehte die weiße
Fahne. Wir fanden Unterkunft in der Gaststätte; und wer war schon da? Mein Vater mit dem Beilroder Volkssturm, der Waffen entledigt, mit
weißer Binde um den Arm und
leicht betrunken. Dank dem
Wirt, der da mitgespielt hat,
denn nur so konnten germanische Fanatiker kampfunfähig gemacht werden, sie blieben alle am
Leben.
siert, die Bauern im Ort waren großzügig.
Der hintere Teil des Heubodens wurde als
Frauenversteck hergerichtet.
Er bewährte sich gegen
gleiche Antwort an der Elbe war erfolgreich. An der Pontonbrücke zwischen Brückenkopf und der heutigen Dampferanlegestelle, ein russischer Militärübergang.
Gartenstraßen-Bande
Chaos im Niemandsland
Die Amerikaner blieben an der Mulde stehen. Die Gegend zwischen Mulde und
Elbe wurde mit amerikanischen Patrouillen abgesichert. Die Elbbrücken waren
gesprengt. Polnische Fremdarbeiter zogen durch die Gegend – Chaos im Niemandsland.
Wir gingen nach Klitzschen, wo mein Onkel Verwandte hatte, jedoch der Hof war
überfüllt, wir wurden nach Melpitz vermittelt. Eine Integration der Kinder erfolgte umgehend. Es wurden Straßenbanden
gebildet und man musste sich gegenseitig bekämpfen. Ganz ohne Krieg ging es
für die Kinder nicht.
Ab 18 Uhr galten Ausgangssperre und
Kriegsrecht. Ein amerikanischer Jeep erschien gegen 18 Uhr, schoss eine MG-Garbe durch die Hauptstraße und es herrschte Ordnung. Wir schliefen alle auf dem
Heuboden einer netten Familie, die Versorgung wurde gemeinschaftlich organi-
unser Heim beschützt. Ein deutscher Flaktreffer, aus Werdau abgeschossen, hatte
unser Wohnzimmer zerstört. Es diente jetzt
als Frauenversteck. Übrigens berichtete
uns unsere Rheinland-Oma, die ersten
Plünderer, die sie abwehren musste, waren die Nachbarn aus unserer Straße.
Russischer Panzer T 34 in der Zwethauer Straße. Das Bild stammt allerdings aus den
70er-Jahren, als das Denkmal der Befreiung errichtet wurde. Foto: Archiv F. Martin (†)
streunende Polen und später gegen Russen auf Durchzug. Als die Kolonnen der
Panjewagen auch in Melpitz sichtbar wurden, war unsere Flüchtlingsepisode beendet. Wir sattelten unseren Gummiwagen
und gemeinsam ging es Richtung Torgau.
Ich hatte ein Damenfahrrad ergattert. Ein
Pole sprach mich an: „Pole oder Deutscher?“, „Deutscher“ war meine Antwort,
und schon war ich das Fahrrad los. Eine
Ein junger Sowjetsergeant fragte: „Polski,
Nemetski?“, ich antwortete: „Nemetski.“
Er schnappte sich den Gummiwagen
nebst Mutter und Rheinländern und schon
waren wir in Ostelbien, der sowjetischen
Urzone. Bis Beilrode war es ein Katzensprung. In der Gartenstraße angekommen,
empfing uns die Rheinländer-Oma, sie
war zurückgeblieben. Da sie aus Schlesien stammte, konnte sie polnisch, sie hat
Wir waren wieder Beilroder, sagten „Guten Tag“ und nicht mehr „Heil Hitler“.
Obwohl ein Spezi aus der Gartenstraße
unter Adolf mit „Guten Tag“ und jetzt mit
„Heil Hitler“ grüßte. Der Freifahrtschein
der Nazi-Ideologen würde weiterhin anerkannt. Wir bildeten schnell eine Gartenstraßenbande, unser Anführer war 15
Jahre, wie waren treue Untertanen.
An der Graditzer Straße, auf der Wiese von
Bauer Helm, hatten die Sowjets ein Tanklager errichtet. Hier wurden alle Fahrzeuge versorgt, die den Raum bis zum Harz
kampflos erobern mussten. Viel Treibstoff
musste umgepumpt werden, drei russische
Opas und ein junger Offizier waren die Besatzung, so waren wir gern gesehene Hilfskräfte. Die russischen Opas behandelten
uns Kinder sehr freundlich.
Mittags aßen wir gemeinsam aus einer
Schüssel Gulasch, jeder hatte einen Holzlöffel und einen Kanten Brot. Graditz war
ein Zentrum für Pferdeversorgung der Sowjetarmee. Bäcker Graichen aus Beilrode
hatte den Brotbackauftrag. Jeden Nachmittag fuhr ein Panjewagen voller Brot
nach Graditz. Unser Russen-Opa legte ei-
nen Holzbalken über die Straße und die
Brotversorgung war gesichert. Täglich
brachte ich ein Brot nach Hause.
Trakehner aus Ostpreußen
Die Pferde des Gestütes Graditz waren sowjetisches Militärgut. Trakehner aus Ostpreußen waren nach Graditz gekommen.
Auch die Domänen in Döhlen, Bläsern und
Repitz waren ausgelastet. Dieses Militärgut wurde in Beilrode verladen. Es standen Güterwagen bereit mit einer noblen,
artgerechten Inneneinrichtung für Pferde.
Also mussten die edlen Tiere nach
Beilrode. Die kleine Einheit der Tankstelle hatte die Pferde aus Döhlen zu überführen. Unsere Russen-Opas nahmen uns natürlich mit. Aufs Pferd gehoben, ging es
ab, ohne Sattel und Zaumzeug. Halt gab
die Mähne. Rosenfeld, Zwethau, immer
auf dem Sommerweg. Der Sommerweg
war der unbefestigte Teil der Pflasterstraße, weich, extra für die Pferdehufe gedacht.
In Höhe der Spukeiche schoss der Offizier
auf einen der Stahlhelme der deutschen
Soldatengräber. Die Pferde brachen aus.
Ich lag im Sand, alle folgenden Pferde liefen weiter, ich blieb unverletzt. In der Erinnerung schweben oft noch Pferdehufe
und -bäuche über meinen Körper. Als die
Herde vorüber war, stand mein Russen-Opa neben mir, hob mich auf sein
Pferd, fluchend auf den Offizier ging es
nach Hause. (Fortsetzung folgt)
Walter Kuhne